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DFB-Nationalspielerin Alara ŞehitlerKein Trikot für Neonazis

Die deutsche Fußballerin Alara Şehitler, 18, wehrt sich gegen den Missbrauch ihres Nachnamens. Schon länger, aber erst jetzt fällt es auf.

Verzicht auf ihren Nachnamen: Alara Şehitler beim Spiel gegen Schottland Foto: Andrew Milligan/PA Wire/dpa

N ur ein paar Minuten hatte Alara Şehitler am Freitagabend, um beim Spiel in Schottland auf sich aufmerksam zu machen. Die erst 18-Jährige gilt derzeit als eines der größten Talente im deutschen Fußball. Ihre Ballbehandlung sowie ihre Übersicht sind außergewöhnlich. Aber bei ihrem zweiten Länderspieleinsatz konnte die eigentlich offensive Mittelfeldspielerin in den letzten 15 Minuten auf der ungewohnten linken Außenbahn keine Impulse mehr setzen.

Der 4:0-Erfolg der DFB-Elf täuschte ohnehin über so manche Schwächen im Team hinweg. Şehitler zählte nicht zu den positiven Ausnahmen. Dennoch tauchte ihr Name in der Nachberichterstattung mit am häufigsten auf.

Denn erstmals, so wurde allerorten vermeldet, trat sie nur mit ihrem Vornamen auf dem DFB-Dress an. Die Neonaziszene hatte sich vor allem auf Social Media an ihrem Nachnamen Şehitler ergötzt. „Ein Nationaltrikot dieser Nationalspielerin mit der Buchstabenkombination innerhalb ihres Nachnamens wäre eine Vorlage für die rechte Szene, um dies für ihre Zwecke öffentlich zu nutzen beziehungsweise zu missbrauchen“, sagte Frank Schweizerhof von der Anlaufstelle für Gewalt- und Diskriminierungsvorfälle beim Bayerischen Fußballverband.

Besonders grotesk

Ihr Trikot hätte möglicherweise reißenden Absatz im rechtsextremen Milieu gefunden. Angesichts deren jahrelanger Hetze gegen deutsche Nationalspielerinnen und Nationalspieler, die migrantische Wurzeln haben, ist das besonders grotesk. Der Vater von Alara stammt aus der Türkei und der Familienname bedeutet so viel wie „die Märtyrer“. Auf Instagram postet die Jungnationalspielerin unter dem Namen „alara.seh“.

Bemerkenswert an dem Wirbel am Wochenende um diese Namensgeschichte ist, dass dieses Thema erst im Zusammenhang mit dem Nationalteam eine gewisse Reichweite bekommt. Klar, das Nationaltrikot hat einen besonderen Symbolwert. Aber beim FC Bayern München läuft sie bereits seit Beginn dieses Jahres nur noch mit ihrem Vornamen auf dem Trikot auf, um sich zu schützen.

Als der FC Bayern vor wenigen Wochen stolz ihre Vertragsverlängerung verkündete und sie mit einem roten Trikot präsentierte auf dessen Rückseite „2027 Alara“ zu lesen war, wurde dies kaum wahrgenommen. Und so wurde auch nicht über Neonazis gesprochen.

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taz-Sportredakteur
Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.
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5 Kommentare

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  • Nazis kaufen sich Trikots einer Frauenfussballerin türkischer Herkunft. Fast eine tolle Nachricht, die sind ja sogar zu blöd mehr als den Namen des GröFaZ lesen zu können, vielleicht Leseschwäche.

    Vielleicht offensiv vermarkten, wäre mal was Neues. Weglassen wirkt eher wie wegducken.

    • @TV:

      Tja, Einstein und die menschliche Dummheit, einmal mehr bewiesen. :)



      Die Nazitrottel werden noch zu Frauenfußballfans, gerne mit Migrationshintergrund. Tja, vielleicht sollte man das pinke Trikot zur Einheitskluft machen, sieht bestimmt toll aus bei den nächsten Anti-CSD-Demos im Osten.

  • Da kann man glatt zum Fussballfan werden , Danke dir Alara.

  • Alles historisch verworren.



    Statt Hiedler Hitler (Hörfehler eines Notars?) und das auch irgendwie schon historisch auf genealogisch etwas wackeligen Beinen. Schicklgruber wäre, spekulativ formuliert, vielleicht (oder sogar eher wahrscheinlich namenshalber?) ohne diese finstere Bösewicht-Karriere als Despot und allergrößter deutscher Massenmörder geblieben.



    Bei profil.at



    "Bekessi, der sich später Hans Habe nennen wird, ermittelte auch ein Detail, das bald für Furore sorgen sollte. Der Journalist stellte fest, dass der Geburtsname von Hitlers Vater Schicklgruber und nicht Hitler war. „Heil Schicklgruber“, persiflierten NS-Gegner den Hitlergruß. Winston Churchill titulierte den Despoten in seinen Reden als „Gefreiten Schicklgruber“.



    Geschichte ist ein Geflecht aus Zufällen, Anekdoten, Momentaufnahmen, jähen Wendungen, Fehlern, Moden, ein Muster, das sich aus kleinsten Einzelheiten zusammensetzt. Geschichte ist ein Herumirren in den Nebeln der Gegenwart, ein großes Puzzle, das sich, wenn überhaupt, erst in der Rückschau als klares Bild zeigt."



    Es gab einen Film zu d. letzten Verbliebenen als Träger d. Diktator-Namens. Einige sahen kein persönliches Stigma für sich, d. Nachfahren schon.

  • Das sie mit ihrem Vornamen auf dem Trikot aufläuft, hindert Nazis doch nicht daran, sich ihre Trikots beflocken zu lassen, wie es ihnen gefällt.