DER NATO-EINSATZ IN MAKEDONIEN MUSS LÄNGER DAUERN ALS GEPLANT: Druck von außen wirkt schon jetzt
Die Bundesregierung will sich an einem Nato-Einsatz in Makedonien beteiligen. Allerdings ist dieser Einsatz an Bedingungen geknüpft: So müssten sich die Konfliktparteien an den Waffenstillstand halten. Und in der Tat, trotz der massiven Kämpfe der letzten Tage scheint eine Waffenruhe nicht unrealistisch. Denn gleichzeitig haben nun endlich Beratungen über eine Verfassungsreform begonnen, die den Albanern mehr Rechte einräumt. Entscheidend für diesen Fortschritt war, dass die UÇK in die Gespräche einbezogen wurde. Es war ja auch unsinnig, ihre Entwaffnung zu fordern, ohne mit ihr darüber zu reden. Andererseits wurde erfolgreich Druck auf die Regierung in Skopje ausgeübt: Indem Unterstützungsgelder der EU nach den massiven Waffenkäufen der letzten Monate entzogen wurden, ist die jetzt nämlich pleite.
War die internationale Gemeinschaft noch im März überzeugt, die UÇK sei eine Terrororganisation, die die makedonische Regierung mit Waffengewalt niederringen müsse, so wird jetzt endlich anders gedacht. Denn die gemeinsame Armee des multikulturellen Landes und seine Polizeikräfte haben einen Feldzug gegen die zweitgrößte Bevölkerungsgruppe durchgeführt. Ganze Dörfer und Landstriche wurden zerbombt. Jedes zerstörte Haus führte der „Nationalen Befreiungsarmee“ UÇK zudem neue Kämpfer zu. Die ist jetzt so stark wie nie zuvor. Die internationalen Vermittler haben mit ihrer Strategie, allein auf militärische Aktionen gegen die UÇK zu setzen, die slawischen Makedonier in die falsche Richtung dirigiert.
Die internationale Gemeinschaft ist in der Verantwortung. Unter den gegebenen Umständen heißt dies: die Nato. Denn UN-Truppen stehen nicht zur Verfügung. Die europäische Eingreiftruppe ist noch nicht so weit. Und ein unbewaffnetes OSZE-Aufgebot müsste angesichts der doch recht erheblichen Militärpotenziale scheitern.
Die Nato will allerdings ihren Einsatz auf 30 Tage befristen – doch ist zu bezweifeln, ob unter dieser Vorgabe die UÇK überhaupt bereit ist, eine der zentralen Bedingungen für die Intervention zu erfüllen: ihre Waffen schon vorher abzugeben. Denn warum sollte sich die UÇK entwaffnen lassen, wenn gleich nach Abzug der Nato-Truppen wieder mit Angriffen der Regierungstruppen zu rechnen ist? Die Friedensziele der Nato lassen sich nur umsetzen, wenn sie sich verpflichtet, länger zu bleiben. Gleichzeitig müsste unter Anleitung der internationalen Vermittler weiter verhandelt werden in der Hoffnung, die Menschen zu überzeugen, dass Zusammenleben in einer Demokratie vorteilhafter ist als die ethnisch motivierte Teilung des Landes. Immerhin: Ein Weg zum Frieden kristallisiert sich heraus. ERICH RATHFELDER
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