DER ISRAELISCHE ANGRIFF IM GAZA-STREIFEN IST KONTRAPRODUKTIV: Gewalt ohne Rücksicht auf Politik
Der Aufruf der Hamas, den Tod der Palästinenser in Khan Younis zu rächen, kommt wenig überraschend. Die islamischen Fundamentalisten lassen keinen israelischen Angriff unbeantwortet, solange sie über die Möglichkeiten eines Vergeltungsschlags verfügen. Im Gaza-Streifen beschränken sich ihre Angriffe auf die israelische Zivilibevölkerung seit gut zwei Jahren auf den Abschuss der sogenannten Kassam-II-Raketen, kleine Geschütze, die – so geben selbst israelische Militärs zu – gerade über die Schlagkraft verfügen, eine Katze zu töten, vorausgesetzt, sie treffen sie genau auf den Kopf. Der angekündigte Vergeltungsschlag wird deshalb Aufgabe der Kampfgenossen im Westjordanland sein.
Die islamischen Fundamentalisten im Gaza-Streifen stellen keine Gefahr für die israelischen Zivilisten dar, weil sie die hermetischen Abriegelungen nicht überwinden können. Seit zwei Jahren ist keiner der inzwischen über einhundert Selbstmordattentäter aus dem Gaza-Streifen gekommen. Darum hat die israelische Regierung über ähnliche Maßnahmen in Bezug auf das Westjordanland entschieden, namentlich den Bau von Zäunen, Mauern und Trennanlagen.
Nur zwei Gruppen sind vom Terror im Gaza-Streifen ernsthaft bedroht: die Soldaten und die jüdischen Siedler. Im Namen ihrer Sicherheit wurde den palästinensischen Zivilisten ein schrecklicher Blutzoll abverlangt. Die israelische Regierung setzt ohne Rücksicht auf politische Prozesse auf Gewalt. Die Mission der Autonomiebehörde, die wiederholt und diesmal überzeugend die Einstellung der Gewalt forderte – angesichts der Tatsache, dass zumindest die Fatah-Kämpfer ihre Waffen niederlegten – wird nach diesem Angriff nicht leichter.
Zwar hatte die Hamas den Appell der eigenen Führung, auf Terror gegen israelische Zivilisten zu verzichten, offiziell abgelehnt, dennoch stellt sich die Frage, warum die Extremisten gerade dort angegriffen werden, wo sie ohnehin keine große Gefahr darstellen. Selbst wer die gezielten Hinrichtungen führender Extremisten im Westjordanland nachvollziehen kann, muss über die jüngste Militäroperation in Khan Younis verständnislos den Kopf schütteln. SUSANNE KNAUL
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