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Cum-Ex-SteuerraubBanker beichtet Cum-Ex

Wende im Bonner Cum-Ex-Prozess: Ex-Mitarbeiter der Hamburger Warburg-Bank bedauert, „immensen Steuerschaden“ verursacht zu haben.

Wird noch eine Weile mit dem Cum-Ex-Skandal zu tun haben: der Bonner Richter Roland Zickler Foto: Oliver Berg/dpa

Hamburg taz | Spektakuläre Wende im Bonner Prozess um die Cum-Ex-Geschäfte der Hamburger Privatbank MM Warburg: Wie der WDR per Twitter berichtet, hat ein ehemaliger Warburg-Banker zugegeben, mit Aktiendeals im großen Stil den Staat bestohlen zu haben. „Das war falsch. Allerdings fällt es mir nach wie vor schwer, die richtigen Worte zu finden“, zitiert der WDR den Geschäftsführer einer Warburg-Tochtergesellschaft.

Bei den Cum-Ex-Geschäften geht es um Steuern, die Investoren erstattet wurden, obwohl sie nie gezahlt worden waren – insgesamt ein Steuerraub gewaltigen Ausmaßes. Ein Rechercheverbund unter Führung des Investigativ-Portals „correctiv“ schätzt den Schaden in Europa und den USA auf 150 Milliarden Euro. Davon entfielen in den vergangenen 20 Jahren fast 36 Milliarden auf Deutschland. Ende Juli 2021 entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass Cum-Ex-Geschäfte strafbar sind.

In Hamburg geht es dabei nicht nur um einen 176-Millionen-Euro-Schaden, den die Warburg-Bank inzwischen beglichen hat. Im Raum steht auch die Frage, ob die damalige Senatsspitze in den Jahren 2016 und 2017 Einfluss auf das Finanzamt genommen hat. In beiden Jahren wollten die Hamburger aus heutiger Sicht zu Unrecht erstattete Steuern nicht zurückfordern.

Bürgermeister war der jetzige Bundeskanzler Olaf Scholz, Finanzsenator der heutige Bürgermeister Peter Tschen­tscher (beide SPD). Ihre mögliche Einflussnahme ist Gegenstand eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses in Hamburg.

Höchstrichterliches Cum-Ex-Urteil

Das Landgericht Bonn hatte bereits im März 2020 zwei ehemalige Londoner Börsenhändler verurteilt, weil sie für Warburg Cum-Ex-Geschäfte organisiert hatten. Dieses Urteil hat der BGH bestätigt. Anfang Juni hatte das Bonner Landgericht in einem weiteren Verfahren einen ehemaligen Generalbevollmächtigten der Bank zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Dieser beteuerte seine Unschuld.

Im laufenden Prozess hatte sich der Angeklagte noch am Montag gesperrt, worauf dem Vorsitzenden Richter der Kragen geplatzt sei, berichtet der WDR: „Erzählen Sie uns nichts! Erzählen Sie uns nichts, was nicht stimmt! Erzählen Sie uns, wie es war! Was sollen wir denn denken? Das ist nicht plausibel.“

Am Mittwoch habe der Angeklagte dann eingeräumt, falsche Bestätigungen unterschrieben zu haben. Dabei habe er die Augen geschlossen und dadurch die Cum-Ex-Geschäfte erst ermöglicht. „Aufgrund meiner Erfahrungen mit der Führungsstruktur der Warburg-Gruppe hatte ich die Befürchtung, dass eine Weigerung meinerseits das Ende meiner Karriere bewirkt hätte“, protokollierte der WDR.

Er bedaure zutiefst, „dadurch eine steuerliche Voraussetzung für die Durchführung der hier behandelten Transaktionen und den dadurch verursachten, immensen Steuerschaden geschaffen zu haben.“

Erzählen Sie uns nichts, was nicht stimmt!

Roland Zickler, Richter am Bonner Landgericht

Mitte Dezember hatte der Warburg-Miteigentümer Christian Olearius in einer schriftlichen Erklärung an den Untersuchungsausschuss beteuert, seine Bank habe die Steuern abgeführt und im guten Glauben gehandelt: Seit Anfang 2009 habe sich die Bank von ihren Beratern bestätigen lassen, dass diese keine Kenntnis von Cum-Ex-Geschäften hätten. „Darauf hat die Bank vertraut“, ließ Olearius seinen Anwalt ­Peter Gauweiler verlesen.

Der Bankier schob die Schuld auf die Politik und die Behörden. Inzwischen wisse jeder, wie sich die staatlichen Vertreter im Umgang mit dem Jahressteuergesetz 2007 verhalten hätten. Das Gesetz sollte Lücken schließen, was aber nicht geschah. Denn faktisch wurde es von der Banken-Lobby verfasst. Die Bundesaufsicht für Finanzdienstleistungen (Bafin) ermittle weiter unverhältnismäßig, um die eigene fehlerhafte Verwaltungspraxis vergessen zu lassen, kritisierte Olearius.

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10 Kommentare

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  • Seit über zwanzig Jahren werden weltweit Milliarden an Steuergeldern entwendet und die dummen Deutschen wählen sich einen Komplizen - nicht nur beim Steuerraub, zum Kanzler.



    Während der einzelne Banker sich äußerte, schweigen die zuständigen Exekutiv-Vorsitzenden Tschentscher und Scholz eisern wie die Cosa Nostra.

    Olaf Scholz ist korrupt.

  • 4G
    47202 (Profil gelöscht)

    "Ex-Mitarbeiter der Hamburger Warburg-Bank bedauert, „immensen Steuerschaden“ verursacht zu haben."

    Klingt so, als ob das seine ganz persönliche Entscheidung gewesen sei.



    Enteignet diese Bank und steckt die Bankster in den Knast, wo sie hingehören.



    Wer 3 x schwarz mit der U-Bahn fährt hat wohl eine höhere Chance im Knast zu landen.

  • Für alle, die in der Angelegenheit was zu sagen haben sind solche Adressen zu empfehlen:



    polizei.nrw/artikel/korruption

    Für Hamburg gibt es etwas ähnliches:



    www.die.hamburg/hinweisabgabe-np/

    Jedoch, würde ich Korruptionsangelegenheiten was Hamburg insbesondere in der Cum-Ex Causa angeht, zunächst an entsprechende Stellen anderer Bundesländer abgeben.

  • Na bitte - Geht doch.

    ” Im laufenden Prozess hatte sich der Angeklagte noch am Montag gesperrt, worauf dem Vorsitzenden Richter der Kragen geplatzt sei, berichtet der WDR: „Erzählen Sie uns nichts! Erzählen Sie uns nichts, was nicht stimmt! Erzählen Sie uns, wie es war! Was sollen wir denn denken? Das ist nicht plausibel.“

    kurz - Roland Ziegler - Was ein würdiger Nachfolger einer Bonner Richterlegende



    Große Wirtschaftsstrafkammer (?) - der Spiegel berichtete - der regelmäßig die



    Delinquenten ne halbe 3/4 Stunde reden ließ & sie dann freundlich untebrach:



    “So! Und jetzt sag ich Ihnen - wie sie das gemacht haben!“ Und gut war’s!

    unterm—- außer daß er a 🚲 kam -



    Gab es über seinen Arbeitsstil viel zu berichten. - aus dem Skat -



    Hatte mal eine Akte von ihm auf dem Tisch: Handvoll Angeklagte - xl Zeugen:



    Das ganze Urteil mit dem Füller ✒️ => kein Wort durchgestrichen! Da kannste echt nur den Hut ziehn!

    Wünsche den Cum-ex wie den wirecard-Kriminellen alles Schlechte - bis hin in die Polit-Etagen egal welcher Couleur & welcher der drei Gewalten: “Alle in einen Sack un immer feste druff! Triffst immer den richtigen -wa!“ Volkers 👄 •

  • "denn faktisch wurde es von der Banken-Lobby verfasst"

    PS: die Ausnahmen im "Abgas-Gesetz" der EU (Stichwort VW Abgasskandal), auf die sich die meisten Hersteller berufen wurde von der Porsche Holding verfasst - quasi wortgleich zur Vorlage verabschiedet.

    Erkennt jemand ein Schema?

    • @danny schneider:

      Das Schema hat fürs hinternraus einen Namen: Matthias Wißmann - CDU -



      de.wikipedia.org/wiki/Matthias_Wissmann

      unterm—- Reminiszenz —-



      Saß mal als melatenblonder bei den KritJur neben einem Anwalt (“der hat erst den Anwälten der Geschädigten - jetzt den Anwälten der Hersteller Poschie Audi VW & Co. zugearbeitet!“)



      “Wißmann & Co. haben doch in Brüssel haarklein wissend so lange an den Richtlinien rumgebastelt - daß das bei Aufkippen nicht für ne Verurteilung wg Betruges § 263 StGB langt!“



      “Genauso ist es. “Wir“ hoffen - daß das hält!“

      So geht das © Kurt Vonnegut

      • @Lowandorder:

        Brw but not only -

        Um diesen pseudo-Eliten mal den Proppen zu ziehn - die egoLuft 💨 abzulassen auf Eigenmaß: aus dem Skat!



        “Die siehste um Schapp ne nicht abgeholte Klausur von Matthias Wißmann - fängst an zu lesen & denkst - Booey - was ist das denn für eine bemühte arg dünne Suppe. Und das sollen unsere “Eliten“ sein? Na dann gute Nacht!“ - Kommilitone - ex Assi von Fritz Baur - SachenR - Soergel/Siebert-BGB-Komm. - Tübingen!



        &



        Das ist kein Einzelfall - “Bubi“ Bohl & Co.



        Ebenso •

        • @Lowandorder:

          Was wäre die taz nur ohne ihre Beiträge!



          Danke!

          • @vmr:

            Danke för de Blömche.

            Aber - Na Na.



            Das ist ein Geschäft auf Gegenseitigkeit - eine win-win-Situation.



            Nach zwei Winzlöchern im Hirnskasten.



            Sagte der Chefarzt der Stroke: “Sie waren Leistungssportler - sind Musiker - hatten einen hochkomplexen Beruf: Ihr Hirn ist nicht das Problem. Das Problem ist - auch wenn Sie es nicht gern hören wollen - Ihre Depression!



            Suchen Sie sich also was - wo Sie geistig gefordert werden!“



            Na und das ist inne taz-kommune ja gelegentlich schon mal der Fall - 😎 -

            unterm——- entre nous only —-



            “Mein Vater ist der einzige Nichtmediziner - den ich kenne - der meine Doktorarbeit auf Anhieb verstanden & noch intelligente Fragen dazu gestellt hat. Schenken Sie dem bloß reinen Wein ein!“ - …so du noch eine Tochter hast - wa! - 🥳 - mach was.

  • Und die Cum-Cum-Geschäfte gehen munter weiter?

    "Experten wie der Mannheimer Steuerprofessor Christoph Spengel gingen noch im Januar 2019 davon aus, dass Cum-Cum-Gestaltungen weiter möglich sind. Das Bundesfinanzministerium prüfte nicht, ob die Cum-Cum-Steuerbetrügereien damit tatsächlich unterbunden werden."

    de.wikipedia.org/w...g_und_Gesetzgebung