Coronavirus in Großbritannien: Noch keine Lockerungen
Die Corona-Einschränkungen bleiben, sagt Boris Johnson. Der genesene Premierminister hat die Amtsgeschäfte wieder aufgenommen.
In seiner Abwesenheit vertrat ihn Außenminister Dominic Raab, doch, so rumort es in den britischen Medien, ist das Kabinett, genauso wie die regierenden Konservativen insgesamt, zunehmend über den Weg aus dem Lockdown gespalten. Viele, darunter auch wichtige Parteisponsoren, drängen öffentlich darauf, dass die Einschränkungen bald enden müssten. Vonseiten der Regierung hieß es dazu offiziell, dass ein Ende nur dann möglich sei, wenn es mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen übereinstimme.
Diesen Ton unterstrich nun auch Johnson, als er am Montag kurz nach 9 Uhr morgens überraschend an ein Rednerpult vor 10 Downing Street schritt und vor den Fernsehkameras eine Ansprache hielt. Fragen waren nicht zugelassen, bevor der Premier wieder hinter der berühmten schwarzen Eingangstür verschwand. Es tue ihm leid, dass er länger weggeblieben war, entschuldigte sich der etwas abgemagert erscheinende Premier. Der gemeinsame Einsatz der Nation habe das staatliche Gesundheitssystem (NHS) vor der Überlastung gerettet, sagte er.
Nun beginne der Augenblick, wo „der unsichtbare Straßenräuber“, wie er das Virus beschrieb, zu Boden gerungen werden könne, es könne aber auch „der Augenblick der größten Gefahr“ sein, falls es stattdessen zu einer „zweiten Zuspitzung“ komme. Nach Worten der Anerkennung für das Aufgeben uralter persönlicher Freiheiten durch die Bevölkerung wandte sich Johnson direkt an die Wirtschaft. „Ich verstehe Ihre Ungeduld und Angst“, erklärte er – doch wenn man jetzt zu schnell lockere, könnte dies durch die Wiedereinführung restriktiver Auflagen ein Desaster geben.
Erst wenn es genug Tests gebe, der NHS genug abgesichert sei, genug Schutzausrüstung zur Verfügung stehe und die Ausbreitungsrate niedrig gehalten werden könne, sei es möglich, an eine Lockerung zu denken. In Großbritannien sind offiziell bereits über 20.000 Menschen an Covid-19 gestorben, über 152.000 waren bis Sonntag infiziert. Da die täglichen Meldungen nur Todesfälle in Krankenhäusern wiedergeben, gilt die wahre Opferzahl als weitaus höher. Zwar sinken die täglichen Zahlen mittlerweile, aber im internationalen Vergleich bleiben sie auf sehr hohem Niveau.
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