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Coronasituation in DeutschlandVor der Zweiten Welle?

Am Montagabend lädt Bundeskanzlerin Merkel zum Corona-Bildungsgipfel. Elternvertreter:innen sind besorgt, Spahn und Söder fordern neue Maßnahmen.

Einschulungsfeier mit Mund-Nasenschutz an einer Schule in Wernigerode Foto: Matthias Bein/dpa

Berlin dpa/epd | Berlins Elternvertreter sehen dem Herbst wegen einer möglichen zweiten Coronawelle mit großen Sorgen entgegen. „Die Schulen sind nicht besser vorbereitet als im März“, sagte der Vorsitzende des Landeselternausschusses, Norman Heise, am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Beim digitalen Lernen und dem Arbeiten mit Lernplattformen habe es zu wenig Fortschritte gegeben. „Schulen, die das während des Lockdowns sehr gut gemacht haben, werden das auch weiter sehr gut machen“, sagte Heise. „Aber das sind Schulen, die sich da schon in den letzten Jahren gut aufgestellt haben und entsprechende Technik und schnelle Internetanschlüsse haben“, so der Elternausschuss-Vorsitzende.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird sich am Montagabend mit Spitzenpolitiker:innen und Minister:innen über die Lage an den Schulen und das weitere Vorgehen in der Coronapandemie beraten. Mit dabei sind Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU), SPD-Chefin Saskia Esken und die Kultusminister:innen der Länder. Neben einem Austausch über die Hygiene- und Infektionsschutzmaßnahmen soll es um weitere Schritte bei der Schuldigitalisierung gehen und um die Weiterbildung von Lehrer:innen im Umgang mit digitalen Medien.

Der Viruloge Christian Drosten rechnet damit, dass die Zahlen weiter steigen. Er geht aber nicht davon aus, dass es zu einem erneuten Lockdown kommen wird. „Es ist natürlich so, dass man nicht immer gleich einen deutschlandweiten oder regionalen Lockdown braucht, weil man jetzt schon ein paar Sachen besser weiß“, sagte der Charité-Professor der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Er glaube, dass in Zukunft eher bestimmte Sparten des Alltags- und Berufslebens von Einschränkungen betroffen sein könnten. Damit verbunden sei aber auch die Frage nach Kompensation, wenn es wirtschaftliche Auswirkungen gebe. Drosten bekräftigte, dass er von einer weiteren Zunahme der Fälle ausgeht.

Spahn will „Fieberambulanzen“

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wirbt derweil für sogenannte Fieberambulanzen, an die sich Patienten mit Atemwegssymptomen von Corona und Grippe wenden können. „Ich setze darauf, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen solche zentralen Anlaufstellen vor Ort anbieten werden“, sagte er der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Montag). „Konzeptionell gibt es die schon – sie sollten im Herbst idealerweise flächendeckend zugänglich sein.“

„Stand heute kann das Gesundheitswesen mit dem erhöhten Infektionsgeschehen der vergangenen vier Wochen gut umgehen“, betonte der Bundesgesundheitsminister. Die Gesundheitsämter könnten zurzeit die Kontakte Infizierter nachverfolgen. Mit Blick auf Risikogruppen plädiert Spahn für präventive Reihentest in sensiblen Bereichen wie etwa Pflegeheimen als festen Bestandteil der Teststrategie für Herbst und Winter. „Dort müssen wir den Eintrag des Virus verhindern“, sagte er der Zeitung. Fester Bestandteil der Teststrategie sollten zudem Antigen-Schnelltests werden. „Das wäre ein qualitativer Schritt nach vorne.“

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) plädiert für eine Maskenpflicht auf öffentlichen Plätzen in München. „Ich bin sehr dafür, dass wir auch auf öffentlichen Plätzen, wo kein Abstand halten möglich oder gewollt ist, eine Maskenpflicht einführen“, sagte Söder am Montag im Bayerischen Rundfunk. Dann könnten auch die Ordnungskräfte entsprechend eingreifen.

Söders Forderungen bezog sich zunächst auf die bayerische Landeshauptstadt. Vor dem Hintergrund der Wiesnpartys am Wochenende in München werde die Staatsregierung mit der Stadt über entsprechende Maßnahmen beraten, kündigte er an.

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6 Kommentare

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  • Unterricht per Videokonferenz *ist* Präsenzunterricht. Sie können nämlich keine Konferenz abhalten, ohne daß die Teilnehmer dabei präsent sind. Es ist lediglich eine Telefonleitung bzw. das Internet dazwischen. Aber man kann sich bei Microsoft Teams mittlerweile sogar *melden*. Dem Leitenden wird dann angezeigt, daß jemand seine "Hand gehoben" hat. Daraufhin erteilt er dem sich Meldenden das Wort. Jener klickt dann auf den Mikrofonbutton und spricht. Nicht grundsätzlich anders als im Vor-Ort-Unterricht.

    Via Text-Chatfunktion kann sogar buchstabiert oder gerechnet werden. Selbst eine Funktion zum freihändigen Zeichnen mit dem Touchpad gibt es. Und die ganze Zeit über können die Schüler den Lehrer sehen und hören, oder der Lehrer die Schüler, falls nötig (Abschalten der eigenen Kamera spart Bandbreite).

    Das ist im Grunde nicht anders als Unterricht vor Ort. Und sollte ein Kind einmal ein Problem mit der Technik haben, so kann der Lehrer es notfalls einfach *anrufen*. Es gibt ja noch das Telefon.

    Das ist doch viel besser als das einfache Verteilen von Aufgabenzetteln via PDF. Jenes entspricht tatsächlich nicht dem Präsenzunterricht. Es ist einfach aus der Faulheit der Lehrer und dem Nichtvorhandensein einer offiziellen Videokonferenzlösung geboren. Und das wiederum liegt an Unentschlossenheit und Technikangst.

    Warum es diese Technikphobie gibt, ist mir nicht klar. Für mich grenzt dieses Bedürfnis, überall riesige Probleme oder Verschwörungen zu wittern ("Bill will unsere Kinder beherrschen!") an Aluhut-Trägerei. Das gehört in dieselbe Ecke wie die Coronaleugner. Haben wir dafür wirklich Zeit, oder haben wir eine Pandemiekrise und sollten uns zuerst um Leben und Gesundheit kümmern, statt immer Grundsatzdiskussionen zu führen?

    Ich hätte noch vor einem Jahr nie gedacht, daß man es in Deutschland während einer PANDEMIE schafft, sechs Monate im Grunde gar nichts zu tun. Man starrt wirklich wie das Kaninchen auf die Schlange. Man lähmt sich selbst. Es ist gespenstisch.

  • Die Eltern in meinem Umfeld fürchten nicht Sars-CoV-2. Sie fürchten Schulschließungen.

  • Richtig -- die Schulen sind so gut vorbereitet wie im März / April.Und zwar nicht nur auf den Fernunterricht, sondern auchauf den Präsenzunterricht unter Pandemiebedingungen. Und das ist das eigentliche Problem. Wenn nämlich im wesentlichen Umfang Präsenzunterricht ausfällt, dann können wir uns das Schuljahr in die Haare schmieren -- zumal der Präsenzunterricht eben nicht 1:1 (oder auch nur annähernd) durch Fernunterricht ersetzt werden kann.



    Aber diese Erkenntnis scheint sich irgendwie nicht durchzusetzen. Da gibt man dann halt lieber Geld für I-Pads aus --klingt nach Zukunft. Wonach klingt dagegen Raumluftreiniger?

  • 1G
    15833 (Profil gelöscht)

    Ehrlich, ich kann das Thema Corona nicht mehr lesen und hören.

    Vor allem. Sind die Regeln teilweise sinnvoll wie eine fehlende Toiletten Tür.

    Die Frage ist, Augen zu und durch oder so weitermachen und die Wirtschaft abschmieren lassen.



    Meine Stadt hat schon angekündigt die Grundabgaben zu erhöhen weil die Corona Ausfälle nicht mehr beglichen werden können.

    Und kommt kein Geld, wo wird als erstes gespart, Sozialausgaben...

    Besten dank

    • @15833 (Profil gelöscht):

      Und die Alternative ist? Alle die es nicht durch die Krankheit schaffen und sterben als Kollateralschäden abtun.

      Das Gesundheitssystem mit ggf. Milliardenfolgekosten (wegen Nachwirkungen durchstandener schwerer Verläufe und Kawasaki Syndrom) belasten? Also die Klassikerkarte spielen: Sollen sich doch unsere Kinder drum kümmern?

      Hat Ihre Mutter den Spruch "Vorsicht ist besser als Nachsicht" nicht beigebracht? Aus dem Blick der Wirtschaft kann ich Ihnen sagen, dass Schadensvermeidung immer deutlich besser und billiger als Schadensbeseitigung ist.

      Entschlossenes Präventionshandeln ist also sogar volkswirtschaftlich sinnvoll und kein Projekt linker Spinner.

    • @15833 (Profil gelöscht):

      Die ganze Nummer ist zur Farce geworden. Alle kennen die Regeln und halten sich im formellen Umfeld oder wenn fotografiert wird daran - außer die Bayern-Bosse.



      Außerhalb davon gibt´s kein Corona. Es passiert auch nix. Die Frage ist, wie wir da wieder rauskommen wollen, ohne das hier jemand einen Gesichtsverlust erleidet.