Coronaparty bei Hamburgs Innensenator: Rücktritt braucht richtige Gründe
Muss Andy Grote wegen seines Verstoßes gegen die Coronamaßnahmen zurücktreten? Nein, denn es gibt bessere Gründe.
W er noch nie falsch geparkt hat oder zu schnell gefahren ist, werfe den ersten Stein auf Andy Grote. Auch Senator*innen sind Menschen, machen folglich Fehler und eine begangene Ordnungswidrigkeit – egal ob Verkehrsdelikt oder Verstoß gegen Coronaregeln – kann und darf kein Grund für eine Amtsenthebung sein. Weil er mit Genoss*innen seine Wiederwahl zum Innensenator unter Missachtung der Pandemie-Beschränkungen feierte, muss SPD-Mann Grote nicht zurücktreten.
Deshalb nicht. Er muss es vielmehr tun, weil er sich lange uneinsichtig zeigte und behauptete, zwar ein falsches Signal gesetzt, aber nicht gegen Auflagen verstoßen zu haben. Das hätte er als Innensenator und Jurist besser wissen können und müssen.
Wenn selbst der Innensenator nicht nur Pandemie-Auflagen verletzt, sondern sein eigenes Verhalten bagatellisiert und bockig darauf beharrt, keine Regel verletzt zu haben, wie soll seine Behörde dann noch Verstöße gegen das Abstandsgebot und die Maskenpflicht ahnden und die Regeln durchsetzen? Wer mit Polizeibeamt*innen spricht, die den Kiez und die Schanze kontrollieren und das feiernde Volk auf Abstand halten, erfährt, wie oft ihre Anweisungen prompt mit dem Verweis auf den Steh-Empfang ihres Dienstherren gekontert werden.
Grote hat durch sein Verhalten jede Autorität verspielt
Andy Grote hat durch sein Verhalten jede Autorität als Innensenator verspielt und den Beamt*innen einen Bärendienst erwiesen. Gerade weil es immer mehr Menschen immer schwerer fällt, die Beschränkungen zu akzeptieren, sollte der für die Durchsetzung dieser Regeln zuständige Politiker als Vorbild voranschreiten. Er muss aber zumindest glaubwürdig sein, zu Fehlern stehen, die er begangen hat, statt juristische Schlupflöcher und Ausflüchte zu suchen.
Hier hat Grote versagt und kann kaum noch der Hamburger Politiker sein, der in Zukunft für die Durchsetzung der Pandemie-Einschränkungen und die Ahndung von Verstößen verantwortlich ist. Dass Grote am Ende das Bußgeld akzeptierte, ändert nichts daran, dass der Bock als Gärtner nicht taugt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste