Coronamaßnahmen in Deutschland: Komplizierte Suche nach Auswegen

Die Debatte um einen noch härteren Lockdown verschärft sich. Das Spitzentreffen mit Merkel findet schon kommenden Dienstag statt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Schutzmaske im Bundestag

Angela Merkel denkt nun über schärfere Maßnahmen nach Foto: Bildgehege/imago

BERLIN taz | Die Corona-Infektionszahlen bleiben hoch und die Vertreter von Bund und Ländern treffen sich daher bereits am kommenden Dienstag wieder, um über mögliche Verschärfungen des Coronalockdowns zu beraten. Ursprünglich war das Spitzengespräch erst für den 25.Januar angesetzt gewesen. Das Robert-Koch-Institut hatte am Freitag früh 22.368 Sars-CoV-2-Neuinfektionen gemeldet. 1.113 Menschen sind binnen eines Tages an und mit Covid-19 gestorben.

Die Zahl der Neuinfektionen sei weiter „viel zu hoch“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag, dazu käme das „Risiko neuer Mutationen“ des Virus, die ansteckender sein sollen als die bisher bekannten Varianten. Man brauche weitere Kontaktreduzierung, wo immer möglich, erklärte Seibert.

Ein Schwerpunkt der Debatte ist die Forderung nach mehr Homeoffice. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sowie Gewerkschaften und Arbeitgeber riefen am Freitag gemeinsam dazu auf, dass mehr Menschen ihrer Arbeit von zu Hause aus nachgehen. Arbeitgeber, Beschäftigte und Betriebsräte stünden „gemeinsam in der Pflicht“, die Möglichkeit des Homeoffice „verantwortungsvoll“ zu nutzen, heißt es in der Erklärung. Darin wird aber auch eingeräumt, dass Produktion, Fertigung, Pflege und die Versorgung mit wichtigen Gütern „Präsenz“ erforderten. Home­office sei „nicht für jede Tätigkeit geeignet“.

Nach einer Umfrage des Digitalverbandes Bitkom arbeiten 45 Prozent der Berufstätigen ganz oder teilweise im Homeoffice. Beim ersten Lockdown im Frühjahr sei der Anteil der MobilarbeiterInnen höher gewesen als derzeit, ein höherer Anteil sei „also möglich“, sagte Seibert.

Kommt die nächtliche Ausgangssperre?

Angesichts der Debatte um schärfere Maßnahmen wandten sich Wirtschaftsverbände dagegen, die Arbeit in den Betrieben auszusetzen. Auch der Präsident des SPD-Wirtschaftsforums, Michael Frenzel, erklärte, ein „Total-Shutdown der Wirtschaft“ wäre eine „katastrophale Panikmaßnahme mit unabsehbaren Folgen“. Selbst die härtesten Lockdown-Maßnahmen mit Fabrikschließungen wie in Frankreich, Italien und Spanien hätten die Pandemie nur für kurze Zeit eindämmen können.

Frenzel sagte, es sei „verwunderlich“, dass im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs über die Hygieneauflagen und deren Einhaltung „zu wenig diskutiert und gehandelt“ werde. Zwischenzeitlich hatte die Nachricht für Aufregung gesorgt, Bundeskanzlerin Angela Merkel erwäge angeblich, den öffentlichen Personennahverkehr stillzulegen. Dies wurde von Seibert dementiert.

Denkbar in der Debatte ist eine Ausweitung der nächtlichen Ausgangssperren, die bisher schon in Gebieten mit hohen Infektionszahlen gelten. Auch eine Ausweitung der Maskenpflicht auf die wirksameren FFP2-Masken, wie sie in Bayern schon gilt, ist eine Option.

Die bundesweit durchgehende Schließung von Kitas und Schulen wäre eine weitere Möglichkeit, denn bisher verfahren die Bundesländer dabei nicht einheitlich. Bildungsforscher Ludger Wößmann vom Münchner Ifo-Institut warnte allerdings vor weiteren Bildungseinschränkungen. Schulöffnungen könnten nach dem Alter gestaffelt werden. Schulunterricht müsse „Vorrang“ und die Coronabekämpfung andere Schwerpunkte haben.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hatte sich in der Sendung „Maybrit Illner“ auch angesichts der schwer kalkulierbaren neuen Virusmutationen für einen „kompletten Lockdown“ ausgesprochen.

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