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Coronaepidemie in DeutschlandInfektionen steigen, Wachstum sinkt

Die jüngsten Zahlen zu den Corona-Infektionen bestätigen, dass das Wachstum langsamer wird. Ein Grund zur Entwarnung ist das aber keineswegs.

Wirkt's? Abgesperrte Sitzbank in Stuttgart Foto: Foto: Marijan Murat/dpa

Berlin taz | Die jüngsten Angaben des Robert-Koch-Instituts zur Zahl der bestätigten Infektionen mit dem neuartigen Corona-Virus SARS-CoV2 in Deutschland bestätigen den Trend, dass sich das prozentuale Wachstum verlangsamt hat. Am Freitag bezifferte das Institut die Gesamtzahl der Infizierten auf 42.288. Das waren 5.780 mehr als am Tag zuvor.

Absolut war die Zahl der Neuinfizierten damit so stark wie nie zuvor an einem Tag. Der relative Anstieg lag mit 16 Prozent hingegen auf einem ähnlichen Niveau wie in den letzten Tagen. Im Schnitt der letzten 7 Tage betrug er 17 Prozent. Im Vergleich zu den Vorwochen hat sich das prozentuale Wachstum damit deutlich verlangsamt: Eine Woche zuvor lag der durchschnittliche tägliche Anstieg noch bei 24 Prozent, vor 2 Wochen waren es 27 Prozent.

Die Wachstumskurve verläuft damit nicht mehr exponentiell, sondern hat ihren Anstieg etwas abgeflacht. Das könnte ein Hinweis sein, dass die ersten Maßnahmen, die Deutschland vor 2 Wochen beschlossen hat – die Absage von Großveranstaltungen und das Schließen der Schulen – die Ausbreitung bereits etwas verlangsamt haben.

Die weitergehenden Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen, die seit dem letzen Wochenende gelten, können dagegen noch keinen Einfluss auf die Zahlen haben, weil von einer Infektion bis zur Meldung einer bestätigten Meldung etwa 10 Tage vergehen.

Ein Grund zur Entwarnung ist diese Verlangsamung des Wachstums aber keineswegs. Denn wenn es bei der aktuellen Wachstumsrate von 17 Prozent pro Tag bliebe, läge die Gesamtzahl der bestätigten Infizierten in 4 Wochen schon bei 3,4 Millionen. Die Zahl der etwa 30.000 Betten auf Intensivstationen würde damit keinesfalls ausreichen, um alle schweren Fälle dort zu behandeln.

Weitere Verlangsamung notwendig

Um das zu verhindern, muss sich das Wachstum deutlich stärker verlangsamen. Selbst wenn der tägliche Anstieg in Deutschland sich sofort auf 10 Prozent halbieren würde – diesen Wert hat Italien in der letzten Woche erreicht – läge die Gesamtzahl der bestätigten Infizierten in Deutschland in 4 Wochen bei über 600.000. Die für die Versorgung entscheidende Zahl der gleichzeitig Infizierten wäre allerdings geringer, weil bei einem langsameren Wachstum die Zahl der bereits Genesenen einen deutlich größeren Anteil ausmacht.

Deutlich stärker als die Zahl der Infizierten steigt in Deutschland derzeit die Zahl der am Corona-Virus Verstorbenen. Nach Angaben des Robert-Koch-Insituts vom Freitag lag sie bei 253; der tägliche Anstieg lag im Schnitt der letzten Woche bei 36 Prozent. Weil von der Infektion bis zum Tod im Schnitt 3 Wochen vergehen, kann ein Effekt der ersten Gegenmaßnahmen hier noch nicht erwartet werden.

Der Anteil der Todesfälle an der Zahl der Infizierten lag in Deutschland zuletzt bei 0,6 Prozent. Das ist weitaus weniger als in den meisten anderen Ländern, aber fast dreimal so viel wie vor einer Woche.

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1 Kommentar

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  • Leider liegt hier eine Missverständnis der Interpretation der Daten des RKI vor. Zwar sind heute 5780 neue Infektionen vom RKi gemeldet worden. Allerdings sind diese nicht 1:1 Gestern zuzuordnen, sondern diese verteilen sich auf ca. die letzten 7 Tage. Dies geschieht aufgrund verschiedener Verzögerungen von der Erfassung, Prüfung bis zur Übermittelung an RKI.



    Auf corona.rki.de kann man (am Computer) sehen, wie sich die heute gemeldeten Zahlen auf die letzten Tage verteilen. Man kann auch sehen, wie an jedem Sonntag deutlich weniger Zahlen erfasst werden. Und man kann auch durchaus ablesen, dass das Wachstum des Anstieges schon deutlich langsamer ist, als 17%. Nimmt man z.B. den letzten Dienstag (24.3) und vergleicht in mit dem Dienstag am 17.3, kommt man eher auf eine tägliche Wachstumsrate von ca. 5%. Wird wahrscheinlich noch etwas schlechter aber weitaus besser als 17%.