Corona setzt auch Blumenzüchtern zu: Tulpen im Schredder
Überproduktion statt Hochkonjunktur: Wegen der Corona-Krise bleiben niederländische Tulpen-Züchter in diesem Frühjahr auf ihren Pflanzen sitzen.
Entscheidender Faktor ist der Wegfall des Exports, der 2019 mit dem Rekordumsatz von 6,2 Milliarden Euro für den überwiegenden Teil des 7-Milliarden-Euro-Umsatzes der Branche verantwortlich ist. „Die Marktsituation ist dramatisch“, zitiert der Radiosender Omroep West Steven van Schilfgaarde, den Direktor von Royal FloraHolland. Im März seien die Preise 50 Prozent unter dem normalen Niveau geblieben. Zum Teil habe man 20 Prozent der Produktion vernichtet.
Die Branchenzeitung Hortipoint beschrieb die Situation in den großen Auktionszentren schon kurz nach Ausbruch der Corona-krise als „Schlachtung“. Der Gewerkschaftsverband FNV konferierte Ende März mit Royla FloraHolland. “Der Sektor wurde schwer getroffen, von Züchtern bis zum Handel“, heißt es in einer Erklärung.
Positiv vermerkt der Verband die Notfallmaßnahmen der Regierung, wonach Arbeitgeber bis zu 90 Prozent der Lohnkosten erstatten bekommen können. Steven van Schilfgaarde fordert derweil einen speziellen Notfallfonds für den Blumenzucht-Sektor, der andernfalls vollständig umzufallen drohe. Die bisher angekündigten Hilfsmaßnahmen der Regierung seien nicht ausreichend.
Tulpen werden verschenkt
Dramatisch ist die Situation auch für Erntehelfer, die normalerweise in dieser Jahreszeit auf niederländischen Feldern im Einsatz sind und nun entlassen werden. Vielfach kommen sie aus Polen, wo sie sich nach einer Rückkehr zunächst in Quarantäne begeben müssten.
Um die überflüssigen Blumen nicht allesamt zu schreddern, kamen Vertreter des Sektors mehrfach zu Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen, um dem Personal Sträuße zu überreichen. Allein in der Provinz Flevoland wurden bei einer dieser Aktionen eine halbe Million Tulpen verschenkt. Bereits kurz nach dem Corona-Ausbruch, als durch die geschlossenen Grenzen die Ware liegen blieb, öffnete ein Betrieb in Nordholland sein Gewächshaus und bot Selbstpflückern Tulpen zum Niedrigpreis an.
Inzwischen wäre das durch die Regeln zur Coronabekämpfung nicht mehr möglich. In einem benachbarten Dorf gibt es dafür inzwischen einen Tulpen-Drive-in. Dass sich in den Kühlhäusern die Ware stapelt, wird dadurch freilich nicht verhindert.
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