Corona-Verschwörungstheorien: Futter für Rechtsextreme
Seit der Pandemie haben Verschwörungstheorien Hochkonjunktur. Viele davon haben eine rechtsextreme und antisemitische Ausrichtung.
Stolz zeigt er, was alles abgeknipst ist. In die Kamera schauend sagt er mit leicht blutender Stirnwunde, „da habe ich mich sogar selbst verletzt“, aber „scheißegal, was man nicht alles für die Menschheit tut“. Und weiter: „Von dieser Scheiße lasse ich mich nicht mehr kaputtmachen. Ich erwarte, dass ihr auch rausgeht und diese Scheiße vernichtet.“
Das Video, das Phillip J. am 22. April als Livestream bei Facebook angekündigt hatte, ist bis heute online. Seine digitalen Aktivitäten legen einen verschwörungsideologischen Hintergrund nahe. J. scheint, wie viele andere Menschen, anzunehmen, was seit Wochen im Netz verbreitet wird: Dass das Coronavirus durch Funkmasten übertragen werde – vor allem durch den neuen Standard 5G.
Die Maskenpflicht sei ein Zeichen, dass wir versklavt werden, schreibt er in einem Beitrag. Er likte zudem QAnon-Seiten und auf seiner Youtube-Playliste sind QAnon-Videos. In den Kommentaren bekommt er Zuspruch: „Der ist ja cool, macht einfach und redet nicht“, schreibt ein User, und ein anderer: „Dem Mann sollte man sich anschließen.“
Andreas Speitarbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland.
Pädophiler Kinderhandelsring
Seit der Pandemie haben Verschwörungstheorien Hochkonjunktur. QAnon ist populärer denn je. Das Q spielt auf eine Sicherheitseinstufung des US-Energieministeriums an, die Zugang zu streng geheimen Informationen wie über Atomwaffen erlaubt. Anon steht für „anonym“.
QAnon-Autoren im Netz behaupten, exklusive Informationen über einen internen Krieg von US-Präsident Trump gegen eine Geheimdienstverschwörung eines „tiefen Staates“ zu haben. Andere Anhänger dieser und ähnlicher Theorien gehen davon aus, dass ein Kinderhandelsring von Prominenten betrieben wird und dass die jüdische Familie Rothschild einen satanischen Kult mit pädophilen Hollywoodstars anführe.
In den vergangenen Tagen sind bundesweit Anschläge auf Sendemasten verübt worden. Für die rechte Szene ist das keine neue Aktionsform. Vor der Ausstrahlung des mehrteiligen Films „Holocaust – Die Geschichte der Familie Weiss“ im Jahr 1979 erfolgten zwei Bombenanschläge auf ARD-Sendemasten.
Was bei der ganzen Selbstinszenierung im Netz keine Überraschung ist: Die Polizei hat J. schon festgenommen. Ein Hinweis auf das Video führte zum Ermittlungserfolg. Von einem politischen Motiv geht die Polizei allerdings bisher nicht aus. Der „gesundheitsbeeinträchtigte Mann“ sei in einer sozialpsychiatrischen Einrichtung, heißt es in einer Mitteilung. Psychische Probleme müssen aber politische Motivationen nicht ausschließen.
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