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Corona-Studie in BerlinDas Virus verstehen lernen

Das Robert-Koch-Institut führt im Bezirk Mitte eine Coronavirus-Studie durch. 2.000 Freiwillige werden benötigt. Rund 1.000 haben sich schon gemeldet.

Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) bei der Blutabnahme in einem Testbus Foto: Rieke Wiemann

Berlin taz | Für eine Studie des Robert-Koch-Instituts (RKI) werden ab dem 17. November 2.000 Menschen aus Berlin-Mitte auf das Coronavirus und Antikörper getestet. Das RKI möchte mit der Studie herausfinden, wie viele Menschen in dem Bezirk bereits Antikörper gegen das Virus gebildet haben, wie viele aktuell an Covid-19 erkrankt sind, wie hoch der Anteil an Infektionen ohne Symptome ist und wie oft Infizierte im Krankenhaus behandelt werden mussten. „Der Bezirk Mitte ist deswegen interessant für uns, weil das Infektionsgeschehen dort so diffus und dynamisch ist“, sagt Claudia Santos-Hövener, Leiterin der Studie „Corona-Monitoring lokal“ beim RKI.

Bei den Studienteilnehme­r*in­­nen handelt es sich um vorab zufällig ausgewählte Erwachsene, die schriftlich eingeladen wurden. „Wir haben 8.000 Einladungen rausgeschickt, 944 Menschen haben sich bereits zur Testung angemeldet“, sagt Santos-Hövener. „Falls wir nicht auf 2.000 Anmeldungen kommen sollten, schicken wir noch mal Einladungen raus. Denn je mehr Leute mitmachen, desto besser können wir das Coronavirus verstehen.“

Getestet werden die Studien­teil­neh­me­r*innen in einem temporären Studienzentrum in Moabit und in zwei Untersuchungsbussen in Wedding. Mitarbeitende des RKi entnehmen den Studienteilnehmer*innen zum einen eine Blutprobe, um sie auf Antikörper zu unter­suchen, zum anderen machen sie einen Rachenabstrich. Im Anschluss müssen die Teil­neh­mer*in­nen einen zweiseitigen F­ragebogen ausfüllen. Darin werden sie zum Beispiel gefragt, wie ihr allgemeiner ­Gesundheitszustand ist, ob sie bereits Covid-19-Symptome ­hatten und inwieweit sie sich an die Kontaktbeschränkungen halten.

Rund zwei Wochen nach der Untersuchung müssen die Teil­neh­mer*in­nen einen längeren Onlinefragebogen beantworten, in dem es auch um die Wohnsituation, die Arbeitsbedingungen, die psychische Gesundheit oder den Alkoholkonsum geht. „Anhand der Fragebögen wollen wir herausfinden, welche Faktoren zur Übertragung des Virus beitragen und welche Menschen häufiger an Covid-19 erkranken“, sagt Santos-Hövener.

1300 Neuinfektionen in Mitte

In der RKI-Studie „Corona-Monitoring lokal“ werden vier besonders betroffene Regionen betrachtet und jeweils 2.000 Menschen untersucht. Neben Berlin-Mitte sind das Kupferzell (Baden-Württemberg), Bad Feilnbach und Straubing (beides Bayern).

„Das Infektionsgeschehen in Mitte unterscheidet sich sehr stark von dem der anderen Untersuchungsorte“, sagt die Studienleiterin. In Kupferzell und Bad Feilnbach etwa war das Infektionsgeschehen bereits vorbei, im Zeitraum der Datenerhebung gab es keine gemeldeten Fälle. „Dort konnten wir die Infektionskette gut zurückverfolgen“, sagt Santos-Hövener. In Kupferzell etwa hätten sich fast alle bei einem Kirchenkonzert angesteckt, in Bad Feilnbach sei ein Ausbruch in einem Pflegeheim die Hauptursache gewesen.

„In Berlin gab es in den letzten sieben Tagen 7.720 neue gemeldete Fälle, davon über 1.300 in Mitte“, sagt Osamah Hamouda, Leiter der Abteilung für Infektionsepidemiologie am RKI. Fast 2 Prozent der Menschen in Mitte seien bereits mit dem Coronavirus infiziert gewesen. „Daher erwarten wir in Mitte einen hohen Anteil an Personen mit Antikörpern im Blut“, sagt Santos-Hövener.

Natürlich bedeuteten Antikörper nicht gleichzeitig Immunintät, und die Konzentration der Antikörper lasse mit der Zeit nach. „Trotzdem werden wir das Virus durch die Studie besser verstehen können“, sagt Santos-Hövener.

Die Proben werden im Labor des Robert-Koch-Instituts untersucht. Vier bis sechs Wochen nach der Untersuchung erhalten die Teilnehmer*innen ihre Testergebnisse. Infizierte Personen bekommen sofort Bescheid. Ende Januar, Anfang Februar will das RKI die ersten Ergebnisse verkünden.

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1 Kommentar

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  • Die sind ja echt früh dran....