Coronakrise in Russland: Vorbei mit arbeitsfrei

Russlands Präsident Wladimir Putin kündigt ein Ende des unbezahlten Urlaubs an – während die Infektionszahlen neue Spitzenwerte erreichen.

Wladimir Putin sitzt im Kreml an seinem Schreibtsich

TV-Ansprache an das Volk: Putin verkündet das Ende des unbezahlten Urlaubs Foto: Alexei Nikolsky/ap

MOSKAU taz | „Ab morgen, dem 12. Mai, endet der bezahlte Urlaub, der im ganzen Land und in allen Wirtschaftsbereichen gilt“, sagte Russlands Präsident Wladimir Putin am Montag in einer Fernsehansprache nach einer Konferenz mit Vertretern aus Regierung und Regionen. Gleichzeitig aber warnte er davor, die Pandemie nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, da sie noch nicht zu Ende sei.

Erst am Sonntag hatte die Zahl der offiziellen Neuinfektionen mit mehr als 11.656 Fällen einen neuen Höchstwert erreicht. Insgesamt haben sich in Russland 221.344 Menschen mit dem Virus angesteckt. Die Zahl der Todesfälle stieg auf über 2.000. Grundsätzlich zweifeln viele Stimmen in Russland an der auffällig geringen Sterberate. Zumindest in Moskau nahmen im Laufe des vergangenen Monats die Beerdigungen um 20 Prozent zu. Ähnlich dürfte es auch in Sankt Petersburg aussehen. Der deutliche Anstieg der Infektionen wird auf Zunahme der Tests zurückgeführt, denen 5,6 Millionen Menschen zuletzt unterzogen wurden.

Noch unklar ist, ob der erneute Arbeitsbeginn und die Aufhebung der Ausgangssperre grundsätzlich für alle Bürger und Arbeitsbereiche in der Hauptstadt gelten. Erst in der vergangenen Woche hatte Moskaus Bürgermeister Sergei Sobjanin die Zeit der „Selbstisolation“ bis zum 31. Mai verlängert.

Wladimir Putin hatte bei einer der vorangegangenen TV-Ansprachen den Chefs der Regionen die Vollmacht erteilt, über Abbau oder Verlängerung der Beschränkungen selbst zu entscheiden. Baustellen und Industrieunternehmen sind von der Ausgangssperre auch in Moskau ausgenommen.

Geduld am Ende

Für viele Moskauer kommt die Aufhebung der Beschränkungen recht unerwartet, dennoch dürften sie erleichtert sein. Nach anderthalb Monaten in sogenannter Selbstisolation ließen viele Bürger durchblicken, dass ihre Geduld langsam am Ende sei. Vor allem sind Selbständige betroffen, die kaum finanzielle Unterstützung für die arbeitsfreie Zeit erhielten. Vielen droht der Bankrott.

Solche Überlegungen werden Putins Entscheidung zur Einleitung des Ausstiegs bewegt haben. Auch die Befürchtung, aufgebrachte Bürger könnten sich mit der Zeit gegen Vertreter der politischen Führung wenden.

Denn von einem Ende der Pandemie oder einem Sinken der Infektionen könne keine Rede sein, meinte Michail Fischman vom privaten TV-Sender Doschd.

Ab dem 12. Mai sind alle Bürger verpflichtet, in Geschäften und Verkehrsmitteln Handschuhe und Masken zu tragen. Verstöße werden mit 5.000 Rubel (umgerechnet 62,50 Euro) Strafe geahndet. 160 Ärzte und medizinisches Personal sind bislang an Covid-19 gestorben.

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