piwik no script img

Corona-Impfung in DänemarkAlles verimpfen, was geht

Dänemark ist EU-Spitzenreiter im Impfen – fast 3 Prozent der Bevölkerung haben eine erste Dosis erhalten. Dabei hilft die gute digitale Infrastruktur.

Wartebereich in einem Impfzentrum in Kopenhagen – fast 3 Prozent der Dänen sind bereits geimpft Foto: Mads Claus Rasmussen/imago

Stockholm taz | Seit dem zweiten Weihnachtsfeiertag macht Dänemark Tempo beim Impfen gegen das Coronavirus – und liegt nun gemessen an der Bevölkerung an der Spitze der Europäischen Union. Laut dem staatlichen Serum-Institut (SSI) haben Stand Dienstag mittlerweile 174.317 Menschen ihre erste Spritze erhalten – immerhin fast 3 Prozent der Bevölkerung. Schon am zweiten Tag der Impfkampagne wurden 6.558 Personen geimpft – in Relation zur Einwohnerzahl viermal so viel wie in Deutschland.

„Wir haben einen wirklich schnellen und effektiven Start hingelegt“, sagte Søren Brostrøm, Chef der Gesundheitsbehörde Sundhetsstyrelsen. Seine Behörde hatte seit Monaten Impfzentren eingerichtet, die Verteilung organisiert und einen Impfkalender erstellt, der bis in den Sommer reicht, ständig aktualisiert wird und in dem die Bevölkerung in zwölf Kategorien nach Dringlichkeit eingeteilt wird.

Die vorrangigste Kategorie, die rund 40.000 PatientInnen in Altenpflegeheimen, hatte man – Stand Montag – schon zu 89 Prozent erstmals geimpft und 2.844 Personen haben bereits ihre zweite Dosis erhalten. Gut in Gang gekommen ist man laut Brostrøm auch mit „großen Teilen des Personals, das an der kritischen Front in der Intensivpflege in Krankenhäusern und Gesundheitszentren eingesetzt ist“.

Wie das gelingen konnte? In Dänemark landet der gelieferte Impfstoff möglichst sofort in den Spritzen. Die von Sundhetsstyrelsen beschlossene Strategie lautet: So vielen Menschen wie möglich die erste Dosis verabreichen.

Während beispielsweise in vielen schwedischen Regionen Dosen für die zweite Impfung reserviert werden, geschieht das in Dänemark nicht. Hier wurden bislang sogar 107 Prozent der gelieferten Dosen verimpft, denn aus manchen Gläschen konnte man statt der vorgesehenen fünf Dosen sogar sechs Dosen gewinnen.

Mit der App zum Impftermin

Einen Nachteil gibt es bei dieser Strategie: Man ist von den täglichen Vakzinlieferungen abhängig. So konnten vor zwei Wochen pro Tag über 15.000 Menschen geimpft werden, während es Anfang vergangener Woche wegen ausbleibendem Nachschub von Biontech/Pfizer täglich nur wenige hundert waren.

Allerdings hat Dänemark eine Trumpfkarte für den reibungslosen Ablauf der Impfungen parat: Die nicht nur im Gesundheitswesen eingespielte digitale Infrastruktur des Landes. In allen skandinavischen Staaten gibt es das System persönlicher Personenkennziffern für jeden Kontakt mit Behörden und Gesundheitseinrichtungen.

In Dänemark wurde die „Personnummer“ schon 1968 eingeführt. Wer die hat, hat auch das seit 2014 obligatorische elek­tronische Postfach, um Post von staatlichen Stellen zu erhalten – dort landet nun auch die Mitteilung, dass man mit der Impfung an der Reihe ist. Bekommt man beispielsweise per Smartphone-App das Angebot und will es in Anspruch nehmen, kann man online gleich den Termin und den Impfort bestätigen.

Die Gesundheitsbehörde hofft, bis Ende März allen Personen aus einer der Risikogruppen sowie dem Personal im Gesundheitswesen und anderen gesellschaftlich zentralen Berufszweigen ein Impfangebot machen zu können. Vor Ende des Sommers soll die Mehrheit der DänInnen geimpft sein. Auf Dänemark mit seinen 5,8 Millionen EinwohnerInnen entfallen 20 Millionen Dosen der von der EU bestellten Impfstoffe. Umfragen zeigen, dass sich 79 Prozent der Bevölkerung impfen lassen wollen – deutlich mehr als in den Nachbarländern.

Kürzlich beschloss die Regierung auch eine amtliche Impfbescheinigung, die zu Hause ausgedruckt werden kann und als Zertifikat für Auslandsreisen dient. Aus einigen Wirtschaftszweigen wie dem Profisport oder dem Beherbergungsgewerbe wurde der Wunsch laut, mit solchen Bescheinigungen auch Teile des öffentlichen Lebens in Dänemark selbst wieder öffnen zu können. Ähnlich wie in Deutschland gibt es eine Debatte, ob Privilegien für Geimpfte zu befürworten sind.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • > Spitzenreiter im Impfen gegen das Coronavirus – fast 3 Prozent



    Da ist es ja bloß gut, daß der erste Januar vorbei ist. Großbritannien hat bereits eine Impfquote von 5.8 % (das Doppelte von Dänemark und Vierfache von Deutschland), der Landesteil Nordirland sogar 7.5 % und Schottland, das sich in die EU zurückwünscht, auch 4.1 %. Von Israel, einem Land dessen Regierung tatsächlich auf die absurde und zu ächtende Idee kam, im Namen und zum Vorteil der eigenen Bürger zu handeln und das bei 23 % liegt, reden wir dabei lieber gar nicht erst.

  • > In Dänemark wurde die „Personnummer“ schon 1968 eingeführt. Wer die hat, hat auch das seit 2014 obligatorische elek­tronische Postfach, um Post von staatlichen Stellen zu erhalten – dort landet nun auch die Mitteilung, dass man mit der Impfung an der Reihe ist. Bekommt man beispielsweise per Smartphone-App das Angebot und will es in Anspruch nehmen, kann man online gleich den Termin und den Impfort bestätigen.

    Der kollektive Vorteil der Akzeptanz solcher Maßnahmen in Skandinavien ist eigentlich ein gutes Argument dafür, warum der Staat darauf verzichten sollte, die Computer seiner Bürger zwecks "besserer" Überwachung zu hacken.