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Comeback von Nigel FarageEin alter Bekannter

Großbritanniens bekanntester Rechtspopulist Nigel Farage nutzt die Wahlen 2024 für ein politisches Comeback – mit großen Ambitionen.

Hat zurzeit gut lachen: Nigel Farrage im Studio der BBC während eines Interviews im Juni 2024 Foto: Jeff Overs/BBC/reuters

Labours Wiederaufstieg ist nur ein Teil der Erklärung für das absehbare Wahldesaster der regierenden Konservativen in Großbritannien. Genauso wichtig ist der Wiederaufstieg der rechtspopulistischen Opposition – verlässlich seit über zehn Jahren verkörpert von Nigel Farage.

Farages Partei „Reform UK“ liegt im Durchschnitt der Umfragen bei rund 15 Prozent. Keine andere Partei hat seit Beginn des Wahlkampfes stärker zugelegt. Aufgrund des britischen Mehrheitswahlrechts dürfte das nicht für mehr als eine Handvoll der 650 Sitze im Unterhaus reichen. Aber der Farage-Höhenflug könnte viele Tory-Abgeordnete um Stimmen und damit um ihre Direktmandate bringen.

Je mehr Federn die Konservativen auf diese Weise lassen, desto einfacher wird es hinterher für Farage, sich als Galionsfigur einer neuen Rechten auf den Ruinen der Tories zu präsentieren. Er sieht sich nach diesen Wahlen als Oppositionsführer, wenn nicht im Parlament, dann in der Bevölkerung. Er wolle „in den nächsten fünf Jahren eine große nationale Kampagnenbewegung im ganzen Land für echten Wandel“ aufbauen, sagte Farage vergangene Woche. Und dann? Premierminister 2029? „Absolut“, antwortete er selbstsicher.

Farage macht keinen Hehl aus seinem Ziel, die Konservativen zu zerstören. Für ihn sind Tories, Labour und Liberaldemokraten alle Teil desselben korrupten, verlogenen Establishments. Seinen Wahlkampf bezeichnet er als „Revolte“ und ruft die Volksmassen auf, sich anzuschließen.

Grinsen gegen die Grimmigen

Seine Partei erinnert beständig daran, dass über 17,5 Millionen Briten 2016 für den Brexit stimmten – jetzt könnten sie endlich auch das Land verändern. „Reform UK“ plädiert für mehr Verstaatlichungen als Labour und mehr Abschiebungen als die Konservativen, es gibt populäre Ideen wie null Einkommensteuer für Mitarbeiter des Gesundheitswesens und Kuriositäten wie ein Smartphone-Verbot für unter 16-Jährige.

Die wechselnden politischen Inkarnationen Nigel Farages sind Stationen auf seinem Weg. Unter dem konservativen Premier David Cameron 2010 agitierte seine „United Kingdom Independence Party“ (Ukip) so erfolgreich für eine Volksabstimmung über die britische EU-Mitgliedschaft, dass Cameron sich gezwungen sah, dies für den Fall seiner Wiederwahl 2015 zuzusagen. Nach seinem Sieg im Brexit-Referendum 2016 ließ Farage Ukip fallen, aber als sich das Land hoffnungslos im Brexit verhedderte, gründete er die „Brexit Party“ als neues Druckmittel – sie gewann die britischen Europawahlen 2019 mit über 30 Prozent, die Konservativen kamen auf 9 Prozent.

Aus der Brexit Party wurde nach Vollzug des Brexit dann „Reform UK“. Das funktionierte zunächst nicht, Farage schien verbraucht. Aber als Premierminister Rishi Sunak Ende Mai Neuwahlen für den 4. Juli ankündigte, erklärte Farage wenige Tage später seine Übernahme der Parteiführung und seine Kandidatur fürs Parlament im südostenglischen Clacton. Er gilt dort als sicherer Sieger.

Plötzlich ist Farage also wieder da. Darauf waren die Tories überhaupt nicht eingestellt. „Look who’s back“, singt er fröhlich in einem viral gegangenen Video. Er ist der Einzige, der in diesem Wahlkampf gute Laune verbreitet. Als in einer TV-Debatte neulich eine glücklose Konservative die Bilanz der Regierung Sunak verteidigte, brauchte Farage nur zu grinsen und schon hatte er die Lacher im Publikum auf seiner Seite. Labour-Politiker hingegen grinsen in diesem grimmigen Wahlkampf nie.

Ob noch andere Reform-Abgeordnete ins Unterhaus einziehen, ist keineswegs sicher. Aber da die Partei alle möglichen Spinner anzieht, ist es für Nigel Farage möglicherweise besser, im Parlament als Alleinunterhalter zu glänzen. Er ist in seinen besten Momenten ein begnadeter Redner, leutselig und wortgewandt, witzig und direkt.

Das schützt ihn nicht vor sich selbst. Seine jüngsten Äußerungen, wonach der Westen an Putins Überfall auf die Ukraine schuld sei, haben ihn als Putin-Versteher entlarvt. Der Höhenflug von „Reform UK“ in den Umfragen scheint jetzt auch erst mal gestoppt. Der Höhenflug von Nigel Farages Ambitionen aber scheint ungebrochen.

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4 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Sie haben das perfekt auf den Punkt gebracht. Die Menschen die das Gefühl haben etwas zu verlieren, oder das Gefühl etwas verloren zu haben, haben kein Skrupel mit den Feuer zu spielen, selbst wenn es bedeuten würde unsere Demokratie dabei aufs Spiel zu setzen oder gar zu verlieren, weil diese Menschen wirklich glauben sie haben nichts zu befürchten, sie könnten nur gewinnen, leider ist das ein Trugschluss.

    Wie sie geschrieben haben " Nicht nur in Großbritannien werden diejenigen mit Vertrauen belohnt, die verantwortlich für einen großen Teil der gegenwärtigen und kommenden Probleme sind. In vielen Fällen angemessene Wut auf "die da oben" macht völlig blind und taub für tatsächliche Zusammenhänge."

    GB ist das beste Beispiel was passiert wenn man die ganzen "Aufhetzer, Schwurbler, alternative Fakten und Rattenfänger aller Arten", auf den Leim geht.

    Obwohl dabei alles so Offensichtlich ist und man das wirklich hautnah in GB verfolgen kann, wie dort der wirtschaftliche und gesellschaftliche Verfall extrem zugenommen und voranschreitet, werden wir es hier wohl nicht erleben das Menschen bei uns daraus lernen und ihre lehren ziehen.

  • Den Höhenflug von Nigeal Farage wird seine eigene Leber stoppen.

  • Ich habe Farage genau so erlebt wie im Artikel beschrieben. Rebellisch, witzig, leicht charismatisch haben er und seine smelly Ukippers das Land in die Isolation und wirtschaftlichen Niedergang getrieben.



    Keir Starmer hat als Oppositionsführer fast alle sozialistischen Programmpunkte über Bord geworfen und sich der reaktionäre britischen Presse angedient, gibt ab und zu auch Murdoch's " Sun" Interviews. Jeremy Corbyn, der sechsmal seinen Londoner Wahlkreis gewonnen hat, hat er aus der Partei herausgeekelt. Abgeordnete, die mit dem großartigen Filmdirektor Ken Loach gemeinsam auftraten, ebenfalls.



    Hoffnung auf mehr als kosmetischen "change" hegt keiner meiner britischen Freunde. Das Parteisystem lässt Alternativen gar nicht erst entstehen. So rechnen die Grünen im Land der schönsten Gärten und Parks mit gerade mal drei Sitzen.

  • Schwierige Zeiten, die wohl noch schwieriger werden. Nicht nur in Großbritannien werden diejenigen mit Vertrauen belohnt, die verantwortlich für einen großen Teil der gegenwärtigen und kommenden Probleme sind. In vielen Fällen angemessene Wut auf "die da oben" macht völlig blind und taub für tatsächliche Zusammenhänge.



    Überbringer schlechter Nachrichten werden abgestraft, die Verursacher freuen sich über erneute Vorschusslorbeeren.



    Gute Zeiten für Aufhetzer, Schwurbler, alternative Fakten und Rattenfänger aller Arten.