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Comeback spanischer FußballerinnenSpäter Kulturwandel

Spaniens neue Nationaltrainerin Sonia Bermúdez holt Jennifer Hermoso und Mapi León zurück, die wegen patriarchaler Verbandsstrukturen außen vor waren.

Wieder zurück: Jennifer Hermoso steht nach einem Jahr wieder im Kader des spanischen Nationalteams Foto: imago

E s hört sich so einfach an, aber dieses Mal könnte es wirklich stimmen. „Wir fangen von vorne an“, sagte Sonia Bermúdez, die neue Nationaltrainerin der spanischen Fußballerinnen, nachdem sie die Rückkehr von Jennifer Hermoso und Mapi León verkündet hatte. Beim Nations-League-Halbfinale am 24. und 28. Oktober gegen Schweden stehen sie im Kader. Hermoso war seit Oktober 2024 nicht mehr dabei, Leóns letzter Einsatz liegt sogar noch länger zurück. Seit Juli 2022 hat sie sich das Nationaltrikot nicht mehr übergezogen. Die Abwesenheit der beiden erinnerte stets an die unbewältigten Probleme im spanischen Frauenfußball, an die patriarchalen Strukturen und eine Kultur, die übergriffiges Verhalten möglich machte.

Die Stürmerin Hermoso geriet unfreiwillig ins Rampenlicht, als ihr der Verbandspräsident Luis Rubiales nach dem WM-Gewinn 2023 bei der Siegerinnenehrung einen Kuss aufzwang. Infolge der Aufarbeitung des Vorfalls mussten zwar Rubiales und der ihm loyale Trainer Jorge Vilda ihre Posten räumen, aber Hermoso zählte ebenfalls zu den Verliererinnen. Denn die zur Cheftrainerin beförderte Assistenztrainerin Montse Tomé stand für das alte System und ignorierte Hermoso, die ihre Torgefährlichkeit mittlerweile in der mexikanischen Liga nachwies, auch prompt im Vorfeld der Europameisterschaft 2025. Aus Leistungsgründen, wie sie wenig glaubhaft damals versicherte.

Die 30-jährige Mapi León, die seit einer gefühlten Ewigkeit aus der Abwehr des FC Barcelona nicht mehr wegzudenken ist, hatte sich wiederum schon knapp ein Jahr vor dem Rubiales-Skandal vom Nationalteam zurückgezogen. Sie wollte ein Zeichen gegen die strukturelle Benachteiligung des Frauenteams im Verband und die fehlende Professionalisierung setzen und den Forderungen nach Veränderung Nachdruck verleihen. An diesem Bedürfnis änderte sich auch nichts, als Tomé Cheftrainerin wurde und mit der EM in der Schweiz ein verlockendes Turnier anstand.

Große Wertschätzung

Die spanische Niederlage im EM-Finale gegen England führte im Sommer dazu, dass der spanische Verband den Vertrag mit Tomé nicht verlängerte. Und im besten Fall nun dazu, dass der ausgebliebene Kulturwandel eingeleitet wird. Die neue Trainerin Bermúdez erzählte, der Verband habe schon länger daran gearbeitet, Mapi León zurückzuholen.

Den entscheidenden Unterschied hat offenkundig der Trainerinnenwechsel gemacht. Bermúdez: „Sie sagt uns, dass sie begeistert ist und das Spanientrikot tragen möchte.“ Hermoso habe man in einem Gespräch große Wertschätzung ob ihrer Leistungen zum Ausdruck gebracht. In der mexikanischen Liga hat sie am Wochenende per Kopf gerade ihr 14. Saisontor erzielt. Auch sie, teilte Bermúdez mit, kehre mit Begeisterung zurück.

Mit Jennfier Hermoso hat Bermúdez zu ihrer aktiven Zeit noch bei Barcelona, Rayo Vallecano und im Nationalteam zusammengespielt. Das könnte die Rückkehr begünstigt haben. Jetzt geht es darum, aus den erfahrenen Spielerinnen und den vielen nachdrängenden Talenten ein Team aufzubauen. Sonia Bermúdez, die zuvor das U20-Nationalteam betreut hat, könnte genau die Richtige dafür sein.

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taz-Sportredakteur
Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.
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