College-Basketball in Amerika: Üblicher März-Wahnsinn
Die College-Meisterschaft im Basketball hält die USA in Atem. Die Spannung lässt vergessen, wie viele Skandale der Sport zuletzt produziert hat.
U nd dann brach der alljährliche Wahnsinn doch wieder aus. Alle Jahre wieder wird der College Basketball beerdigt. Und alle Jahre wieder werden all die Skandale verdrängt, der März kommt und mit ihm das K.-o-Turnier der 68 besten College-Mannschaften um die Meisterschaft, und alle schalten wieder ein, um zu sehen, wie ein krasser Außenseiter vielleicht eine der etablierten College-Mannschaften aus dem Turnier wirft.
So wie am vergangenen Wochenende, als die Farleigh Dickinson Knights die Perdue Boilermakers besiegten. Das im Durchschnitt kleinste Team gewann 63:58 gegen eine Mannschaft um den 2,24 Meter großen Zack Edey, der als künftiger NBA-Profi gilt. Das ganze Spiel lang flitzten die Aufbauspieler der Knights um den plötzlich sehr tapsig wirkenden Riesen herum, und nach dem Sieg weinte der überwältigte Trainer Tobin Anderson vor laufender Kamera. Zwei Tage später waren die Farleigh Dickinson Knights zwar ausgeschieden, aber sie hatten College-Basketball-Geschichte geschrieben – und einen schon jetzt legendären David-gegen-Goliath-Moment geschaffen.
Angesichts solcher Augenblicke ist schon wieder vergessen, dass diese Saison bislang vor allem aufgezeigt hat, woran der College-Basketball krankt. Dass das sportliche Niveau überschaubar ist, weil längst nicht mehr alle großen Talente im College spielen, daran hat man sich gewöhnt. Auch, dass Trainer mit illegalen Methoden versuchen, gute Spieler in ihre Mannschaft zu holen, kommt immer wieder vor. Aber so viele Skandale wie zuletzt gab es noch nie.
Chris Beard, der Trainer der Texas Longhorns, wurde im Januar gefeuert, nachdem er wegen häuslicher Gewalt verhaftet worden war. Seine Verlobte erzählte der Polizei, der 50-Jährige, der noch 2019 zum Trainer des Jahres gewählt worden war, solle sie stranguliert, gebissen und geschlagen haben, zog dann aber später ihre Anzeige zurück und behauptete, Beard habe sich nur selbst verteidigt. Der hat trotz dieser abstrusen Geschichte schon wieder einen neuen Job bei der University of Mississippi.
An der New Mexico State University wurde im Februar gleich das ganze Basketball-Programm suspendiert, als bekannt wurde, dass dort eine System aus Demütigungen, Herabsetzungen und Mobbing herrscht. Der gesamte Trainerstab wurde nach Hause geschickt, alle Spiele abgesagt – wie es weitergeht, ist unklar. Schon im November war ein Spieler der New Mexico State Aggies in eine Schießerei verwickelt.
Schießerei mit NBA-Hoffnung
Eine Schießerei mit drei Toten und fünf Verletzten war es, die die Michigan State University im Februar in Schock versetzte. Der Campus musste abgeriegelt werden, bis der Attentäter von der Polizei gefunden werden konnte und sich selbst erschoss. Der Universitätsbetrieb wurde für eine Woche ausgesetzt, seitdem sind die Spiele der Spartans, deren Achtelfinalspiel gegen Kansas State für Donnerstag angesetzt ist, wichtig, um zu einer gewissen Form von Normalität zurückzukehren.
Davon ist die Alabama Crimson Tide noch weit entfernt. Die Mannschaft der University of Alabama ist einer der verbliebenen Topfavoriten, aber der beste Spieler spielt auf Abruf. Mitte Januar kam es nahe dem Campus zu einer Schießerei, bei der eine 23-Jährige ums Leben kam. Verhaftet wurde ein Spieler der Crimson Tide, aber noch größere Schlagzeilen machte es, als herauskam, wer dem Täter die Waffe gab: der bis dahin als überragendes Talent geltende Brandon Miller, der die körperlichen Voraussetzungen für eine große NBA-Karriere mitbringt.
Zwar hat die Polizei die Anschuldigungen gegen den 20-Jährigen fallen lassen, doch völlig ist Millers Rolle nicht aufgeklärt. Aber sollte er am Freitag gegen San Diego State den entscheidenden Korb erzielen, wird auch in Alabama wieder der Wahnsinn ausbrechen – und vieles vergessen sein.
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