Cohn-Bendit-Film über Jüdischsein: Reise nach Israel
Die ARD zeigt die Doku „Wir sind alle deutsche Juden“. Der Laizist Daniel Cohn-Bendit berichtet darin über den jüdischen Anteil seiner Biografie.
Dany Cohn-Bendits Eltern waren deutsche Juden. Sie flohen vor den Nazis 1933 nach Frankreich. Nach der Besetzung durch die Deutschen tauchten die Cohn-Bendits 1940 in Frankreich unter. Danys älterer Bruder Gaby wurde mit falschen Papieren in einer Pflegefamilie versteckt. Dany kam im Moment der Befreiung am 4. April 1945 im südwestfranzösischen Montauban zur Welt.
„Wir sind alle deutsche Juden“. Ein Dokumentarfilm von Daniel Cohn-Bendit und Niko Apel. Ausstrahlung am Montag 11.10.21 in der ARD um 23:35 Uhr. Bis dahin auch in der ARD-Mediathek verfügbar.
Im Mai 1968 sollte er dann, inzwischen Vollwaise, als charmanter und charismatischer Sprecher der französischen Jugend berühmt werden. Um nur wenig später unter antisemitischem und nationalistischem Getöse aus Frankreich in die Bundesrepublik abgeschoben zu werden. Dort schloss sich Cohn-Bendit dem Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) an, war Sponti und wurde später ein prominenter Grüner.
„Wir sind alle deutsche Juden“, skandierten seine Mitstreiter auf den Straßen von Paris, als der „rote Dany“ 1968 ausgewiesen wurde. Diese Parole steht nun auch titelgebend für einen Dokumentarfilm, den Cohn-Bendit zusammen mit Niko Apel gedreht hat. „Wir sind alle deutsche Juden“ strahlt die ARD am 11. 10. aus und ist bis dahin auch in der Mediathek abrufbar.
Die Doku gibt bewegende Hinweise zu Cohn-Bendits Biografie. Etwa wenn der heute 76-Jährige sich im Zwiegespräch mit dem Bildnis seiner 1963 verstorbenen „Maman“ Herta David befindet. Sie, eine Juristin aus Posen, pflegte im Gegensatz zum streng laizistischen Vater Erich einen eher selbstverständlichen Umgang mit dem Judentum.
Misstrauen gegenüber Dogmen
Der Film dokumentiert Cohn-Bendits Suche nach (und Wissen um) Zugehörigkeit bei gleichzeitigem Wunsch nach individueller Freiheit und sein radikales Misstrauen gegenüber allen großen nationalen oder religiösen Dogmen.
Doch wie viel Judentum steckt nun in einem Laizisten wie Cohn-Bendit? Sein Bruder Gaby, der frühere Trotzkist, besteht darauf, sich unabhängig von der Herkunft komplett selbst zu definieren. Dany hält ihm den Satz des 1959 verstorbenen Vaters entgegen: Ich ging als Linker nach Frankreich und kehrte als Jude zurück.
Die Geschichte verpflichtet und auch, was die anderen in dir sehen. Cohn-Bendit reist nach Israel, trifft Naomi Bubis, jüdische Auswanderer aus Frankreich oder Äthiopien, Kinder, Orthodoxe, Unorthodoxe, Militärs, Peacekeeper. Freunde. Seine Mutter schickte ihn einst als Teenager in ein Kibbuz nach Israel. Seine Suche ist nicht zu Ende. Und noch etwas wird deutlich: Auch die israelische Realität bietet wenig Erklärung für den wiederkehrenden Antisemitismus.
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