„Cicero“-Foyergespräch mit der Kanzlerin: Routine, die begeistert

Angela Merkel gibt sich beim Foyergespräch des Politmagazins „Cicero“ in Berlin souverän. Inhaltlich liefert sie wenig, erntet aber Sympathien.

„Es gibt aber auch viele mächtige Männer, ne?“, fragt die Kanzlerin. Bild: ap

BERLIN taz | Angela Merkel stellte gleich zu Beginn größtmöglichen Spielraum her. „Ich rede mit Ihnen, worüber Sie wollen“, erklärte sie den Moderatoren des Abends im Berliner Ensemble. „Worüber Sie wollen“ – von solch einem Angebot können andere JournalistInnen nur träumen. Interviews mit SpitzenpolitikerInnen sind zuvor inhaltlich streng eingegrenzt, die Zeit sowieso. Nun also diese großartige Vorlage. Cicero, das „Magazin für politische Kultur“, hatte am Mittwochabend ins Berliner Theater am Schiffbauerdamm eingeladen, um mit der Bundeskanzlerin „auf dem Höhepunkt ihrer Macht“, über eben jene zu sprechen.

Das klang nach Schlagabtausch und Widerworten. Allein, es wurde nichts Rechtes daraus. Und das lag nicht an Merkel. Aber auch nur mittelbar an ihren Gesprächspartnern. Denn worüber soll man schon sprechen in Zeiten wie diesen? Die Lage ist ernst. Menschen töten einander. Und gerade schickt sich Merkels Bundesregierung an, Waffen in den Nordirak zu schicken – ein außenpolitischer Zeitenwechsel. Worüber also soll man reden? Sicher nicht über Merkels Kartoffelsuppen-Rezept. Der Plauderton ist nicht der Sound dieser Tage.

Und so kam es, dass der Abend im ausverkauften Theater zu einer Art Regierungspressekonferenz geriet. Eine Pressekonferenz, bei der die Chefin routiniert Antworten absonderte, die wiederum vom geradezu groupiesken Publikum dankbar aufgenommen wurden. Wann immer Merkel sich locker machte, wann immer sie vom staatstragenden Ton abwich, setzte es Applaus, den herzlich zu nennen noch untertrieben ist. Merkel, man spürte es an diesem Abend mal wieder, ist außerordentlich beliebt. Ihr – an diesem Abend unterrepräsentierter – trockener Humor und das umgehend erfolgende Relativieren von jeder Art von Lob erfreute die Leute.

Derart Zugeneigten lässt sich auch gut verklickern, warum die deutsche Regierung sich nun anschickt, Waffen in ein Krisengebiet zu liefern. Deutschland, erklärte Merkel, könne sich nicht nur schützen lassen, „wir müssen einen Beitrag leisten, auch andere zu schützen“. Andere leisteten auch sehr viel, sagte sie und verwies auf Frankreich, das in Mali, in der Zentralafrikanischen Republik und der Elfenbeinküste „robust zugegriffen“ habe. Bei dieser Wortwahl wurde es den Zuhörern Angst und Bange. Robust zugreifen? Ach nein, dann lieber Waffen verschenken.

„Ganz normale Telefonverbindung“ zu Putin

Cicero-Chefredakteur Christoph Schwennicke und Haus-Kolumnist Frank A. Meyer schritten mit Merkel Frage für Frage die Welt von heute ab. Sie schauten mit ihr in die Ukraine und fragten sie nach ihrem „besonderen Draht“ zu Wladimir Putin. „Ich hab erst mal 'ne ganz normale Telefonverbindung zu ihm“, antwortete Merkel trocken. Sie fragten sie nach ihrem Verhältnis zur Zeit, wenn es um eilige Entscheidungen geht. „Wir haben schon binnen einer Woche die unvorstellbarsten Dinge beschlossen“, antwortete sie, und dass sie nun mal nicht entscheiden könne, „wenn ich nicht fertig gedacht habe“.

Die schmeichelhaft vorgetragene Frage nach ihrem Status als „mächtigste Frau der Welt“ parierte Merkel: „Es gibt aber auch viele mächtige Männer, ne?“. Am Ende durften die ZuschauerInnen noch drei Fragen stellen. Der im Osten zu drei Landtagswahlen antretenden AfD prophezeite sie keine große politische Zukunft. Die Jugendarbeitslosigkeit in der Europäischen Union setzte sie in einen Zusammenhang mit der Besitzstandswahrung der vorhergehenden Generationen. Und auf die besorgte Frage einer Frau im Publikum, was sie für ihre Entspannung tue – „Machen Sie Yoga, meditieren Sie?“ – erklärte sie ihr Wochenendprinzip.

Wenn sie sich am Samstagnachmittag gegen 16 Uhr anschicke, ihr Büro zu verlassen, werde sie mitunter gefragt, ob sie losmüsse zum nächsten Termin. Und dann sage sie nachdrücklich: „Ich muss nicht zum nächsten Termin. Ich muss jetzt nach Hause. Man muss auch mal nach Hause, weil man sonst nicht fröhlich sein kann.“

Hach, da flogen ihr die Herzen zu. Angela Merkel ging nach rechts von der Bühne ab. Wohl wissend, dass sie das kommende Wochenende komplett vergessen kann. Am Sonntag wird ihr Kabinett endgültig beschließen, dass die Bundeswehr Waffen in den Irak liefert.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.