Christian Rath über den Grünen-Vorstoß zum Medienschutz: Pressefreiheit ≠ Landesverrat
Die Demokratie lebt von der Öffentlichkeit und stirbt an der Heimlichkeit.“ Dieses Zitat des linken Juristen Richard Schmid gilt auch heute noch. Wie demokratisch eine Gesellschaft ist, das sieht man auch daran, was geheim gehalten wird und was offen diskutiert (und kritisiert) werden darf.
Insofern war es vor einem Jahr ein Schock, dass in der scheinbar so liberalen Bundesrepublik plötzlich gegen zwei Blogger wegen Landesverrats ermittelt wurde. Dabei hatten sie nur ein eher unspektakuläres Dokument über die „Massendatenauswertung“ des Verfassungsschutzes veröffentlicht. Es ist gut, dass die Grünen nun versuchen, den Schutz von Journalisten gegen solche Strafverfahren zu verbessern.
Zwar wurde das Verfahren gegen die Netzpolitik-Blogger alsbald eingestellt – aber nur, weil die Informationen schon weitgehend vorher bekannt waren. Ein eindeutiges Signal war das nicht. Auch die von Justizminister Heiko Maas (SPD) für Ende 2015 versprochenen Vorschläge zur Entschärfung des Landesverrats-Paragrafen blieben aus. Stattdessen wurde gegen ihn selbst wegen Strafvereitelung ermittelt – weil er sich beim Generalbundesanwalt für die Pressefreiheit eingesetzt hatte. Das Eis, auf dem wir uns bewegen, ist dünn.
Doch der Vorstoß der Grünen fordert nicht nur mehr Offenheit vom Staat und von den Sicherheitsbehörden. Soziale Bewegungen und ihre Medien sind heute nicht mehr automatisch links und fortschrittlich. Wer mehr Rechte und mehr Schutz für Blogger und ihre „Berufshelfer“ fordert, stärkt damit auch Freunde von Verschwörungstheorien und rechte Hetzer.
Letztlich sollte das aber kein Argument gegen verbesserten Medienschutz sein. Demokratie ist ebenso unteilbar wie die Pressefreiheit und andere Grundrechte. Wer akzeptiert, dass Medien- und andere Rechte nach politischer Gesinnung vergeben werden, hat schon verloren.
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