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Chinesische Soldaten im Ukrainekrieg?Kein großer Unterschied

Fabian Kretschmer
Kommentar von Fabian Kretschmer

Die Nachricht von chinesischen Soldaten an der Seite Russlands klingt beunruhigend. Doch der wahre Einfluss Chinas zeigt sich auf anderen Gebieten.

Der russische Präsident Wladimir Putin (r) und der chinesische Präsident Xi Jinping während des BRICS-Gipfels 2024 in Russland Foto: Maxim Shemetov/pool reuters/ap/dpa

D ass nun ein paar chinesische Soldaten auf der Seite Russlands kämpfen, wie die Ukraine erklärt, mag auf den ersten Blick wie eine bahnbrechende Nachricht wirken. Tatsächlich ändert sie wenig an den realen Gegebenheiten. Nicht falsch verstehen: Die Volksrepublik China ist in diesem Krieg keine neutrale Macht, sondern steht zweifelsfrei an der Seite Russlands.

Die chinesische Wirtschaft liefert Wladimir Putin einen großen Teil an Gütern, ohne die seine Kriegsmaschinerie keineswegs so glatt laufen würde. Und auch rhetorisch arbeiten die zwei Staaten gemeinsam und beständig daran, die westliche Weltordnung umzustürzen.

Doch dies stand bereits seit Langem fest. Die chinesischen Soldaten machen insofern kaum einen Unterschied, zumal es bislang keine Hinweise darauf gibt, dass sie von der Volksbefreiungsarmee entsandt wurden, also reguläre chinesische Soldaten sind. Tatsächlich ist dies nach jetzigem Kenntnisstand unwahrscheinlich, wenn auch nicht ganz auszuschließen. Europa täte in jedem Fall gut daran, die Entwicklungen weiter mit kritischem Blick zu verfolgen.

Aller Voraussicht nach handelt es sich bei den Chinesen um „Freiwillige“, die sich auf eigene Faust der russischen Armee angeschlossen haben. Das ist natürlich unerfreulich, doch es kommt nun mal vor. Einen Unterschied für den Kriegsverlauf werden sie nicht machen.

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Und auch wenn die Nachricht also wenig an den realen Gegebenheiten ändert, dürfte sie für die mediale Realität schlussendlich doch entscheidend sein: Denn plötzlich wird der Fokus stärker auf Chinas Rolle im Ukrai­ne­krieg gelegt, wird Pekings Propaganda-Rhetorik, wonach sie selbstlose Friedensvermittler seien, kritischer hinterfragt. Und das ist nicht nur gut so, sondern auch längst überfällig.

Denn Fakt ist: Xi Jinping möchte nicht, dass Wladimir Putin als Verlierer aus diesem Krieg hervorgeht. Dementsprechend tut die Volksrepublik China fast alles, um eine Niederlage Russlands zu verhindern. Aber, und das bleibt festzuhalten, direkte Waffen- oder Truppenlieferungen gehören nicht dazu – zumindest bislang.

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Fabian Kretschmer
Korrespondent in Südkorea
Seit 2024 Korrespondent für die koreanische Halbinsel und China mit Sitz in Seoul. Berichtete zuvor fünf Jahre lang von Peking aus. Seit 2014 als freier Journalist in Ostasien tätig. 2015 folgte die erste Buchveröffentlichung "So etwas wie Glück" (erschienen im Rowohlt Verlag), das die Fluchtgeschichte der Nordkoreanerin Choi Yeong Ok nacherzählt. Betreibt nebenbei den Podcast "Beijing Briefing". Geboren in Berlin, Studium in Wien, Shanghai und Seoul.
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5 Kommentare

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  • ""Die chinesischen Soldaten machen (...) einen Unterschied, ...........""



    ==



    Mindestens 155 Chinesen kämpfen für Russland in der Ukraine







    Selenskyj erklärte gestern, das der ukrainische Geheimdienst Informationen über 155 chinesische Staatsbürger gesammelt hat, die für das russische Militär gegen die Ukraine kämpfen. Selenskyj geht davon aus, dass es letztlich noch viel mehr sind.

    Russland rekrutiert chinesische Staatsbürger über Internet-Plattformen. Vertreter Chinas wissen davon. Der ukrainische Sicherheitsdienst hat Listen mit Namen, Geburtsdaten und den russischen Militäreinheiten erstellt, denen sie zugeteilt sind.

    Der brutale Überfall gegen die Ukraine begann 2014 mit dem russischen Märchen über die seltsamen grünen Männchen und den russischen sogenannten Urlaubern um propagandistisch vom russischen Überfall auf die Ukraine abzulenken.

    Entweder Brandstifter oder Feuerwehrmann - beides zusammen funktioniert nicht -- China nutzt die gleichen Methoden wie Putin 2014 - Verschleierung der Absicht die Ukraine auszulöschen.

    Einhaltung von Menschenrechten, Souveränität der Völker & Antiimperialismus sind unteilbar.

    China hat sich entschieden der Agressor zu sein.

  • Ja, es erscheint äusserst unwahrscheinlich, dass Peking direkt Soldaten geschickt hat. Die Sache muss der Führungsriege so schon ziemlich peinlich sein, versuchen sie doch aktuell sich als pragmatische Ansprechpartner Europas gegen das Trumpelstilzchen zu verkaufen.

    Wahrscheinlich handelt es sich um begeisterte, antiwestliche Freiwillige oder um durch russische Mittelsmänner angeheuerte Söldner. Die Arbeitslosigkeit ist in China gerade unter jüngeren Männern hoch, das bestreitet auch die chinesische Regierung nicht. Die mittlerweile absurd hohen Prämien die Russland für frisches Kanonenfutter zu zahlen bereit ist dürften für viele junge Chinesen die anderweitig keine Arbeit finden verlockend sein. Das mag nach Verschwörungstheorie klingen, aber Russland sucht in vielen angrenzenden Ländern nach Frischfleisch, das ist weithin bekannt. Ob das mit dem Wissen und unter Duldung der Regierung in Peking stattfindet oder nicht dürfte die interessantere Frage sein.

    Hoffe aber, dass sich die Linke lernfähig zeigt und sich nochmal gut überlegt, ob sie China wirklich unbedingt am Verhandlungstisch dabei haben wollen, wenn es um die Ukraine geht.

  • Welche tolle neue „Weltordnung“ wollen denn die beiden Jungs anstelle der schlimmen alten errichten?



    Also, wie sähe denn dann die Welt so aus, wenn diese Figuren die Regeln machen? Außer Rache und moderne Sklaverei scheinen sie ja sehr wenig im Gepäck zu haben.

    • Fabian Kretschmer , des Artikels, Korrespondent in Südkorea
      @Isar21:

      Xi Jinping nennt dies eine "multipolare Weltordnung", wobei dies natürlich eine Wortspielerei ist. Schlussendlich geht es darum, dass China maßgeblich die Regeln bestimmt. Dazu gehört dann auch, dass sich keine Staaten oder Institutionen mehr in die Menschenrechtsvergehen anderer Staaten einmischen sollen.

      • @Fabian Kretschmer:

        Lieber Herr Kretschmer, ich wüsste gerne wie sie so sicher sein können, dass es sich um "eine Wortspielerei" handelt. Wo sehen sie die Tendenzen und Kontiguitäten in der chinesischen Politik hegemoniale Politik, die über regionale Hegemonie hinaus ginge, aus zu üben? Wie sie es nennen: die Regeln zu diktieren. Ich kann das beim besten Willen nicht erkennen. Auch historisch nicht. Mir scheint es eher ein Teil der Erzählung vom "bösen Chinesen" zu sein. Aber da stoßen ja eigentlich auch sämtliche Medien ins gleiche Horn.



        Die Beschreibung einer "multipolaren Welt" ist mithin nicht mehr als "richtig". Die USA als alleiniger Hegemon sind gerade dabei ihre globale Machtposition zu verlieren. Das führt dazu, dass das weltweite Machtgleichgewicht sich verschiebt - andere große Mächte werden wichtig (China, Indien, Russland) und zwar nach ihrer wirtschaftlichen und militärischen Stärke.