piwik no script img

Chinesische SolarmoduleFragezeichen bei der Nachhaltigkeit

Ein chinesischer Hersteller bietet extrem leichte und flexible Solarmodule an. Beim Thema Recycling bleibt die Branche noch wortkarg.

Eine Photovoltaik-Fabrik in China Foto: dpa

Freiburg taz | Der Photovoltaik steht eine neue Entsorgungsdebatte ins Haus. In diesem Frühjahr drängen in Deutschland die ersten chinesischen Solarmodule auf den Markt, bei denen die Solarzellen nicht durch eine Frontglasscheibe geschützt, sondern in Glasfaserverstärkten Kunststoff (GFK) eingebettet sind.

Eine erste solche Anlage mit Modulen der Firma SunMan wurde in den vergangenen Wochen im badischen Waldkirch von den Stadtwerken installiert; 245 Kilowatt kamen auf die örtliche Stadthalle. Konventionelle Module habe man dort aus statischen Gründen nicht anbringen können, erklärte der lokale Energieversorger.

Die neuen Module sind deutlich leichter. Sie wiegen nach Herstellerangaben nur dreieinhalb bis fünf Kilogramm pro Quadratmeter, das ist ein Viertel der herkömmlichen Solarmodule samt Unterkonstruktion. Besonders für Industriedächer seien sie geeignet, so das Unternehmen aus Schanghai. In der EU gebe es 360 Millionen Quadratmeter Flachdächer auf Nichtwohngebäuden, von denen rund 60 Prozent für herkömmliche Solarmodule aufgrund deren Gewichts nicht geeignet seien, lässt sich Firmengründer Zhengrong Shi zitieren.

Dass die Module erst jetzt auf den deutschen Markt drängen, liegt auch an der EU. Bis September 2018 galten in der Union Mindestpreise und Anti­dumping-Zölle für Solarmodule aus China. Diese machten den Verkauf der GFK-Module unattraktiv, die in der Schweiz schon etwas früher zu haben waren.

Besonders biegbar

Solarwirtschaft wie Solarforschung zeigten sich noch nicht in der Lage, die neue Technik im Hinblick auf Marktpotenziale und Umweltaspekte zu bewerten. Der Bundesverband Solarwirtschaft teilte lediglich mit, es lägen dazu „bislang keine Untersuchungen vor“. Der Entsorgungsdienstleister der Branche, die PV Cycle Deutschland GmbH, ließ Anfragen zur künftigen Verwertung solcher Module unbeantwortet. Und auch aus dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme war noch keine fachliche Einschätzung zu bekommen.

Der Waldkircher Solarunternehmer Matthias Schoft hingegen lobt die neue Technik. Er hat die Pilotanlage gebaut und nennt sich EU Market Representative der Firma SunMan. Die Module seien nicht nur extrem leicht, sie könnten zudem auf Flachdächern oder Fassaden verklebt werden, und sie seien biegsam, sagt Schoft.

Die Module sind nicht nur extrem leicht, sie können zudem auf Flachdächern oder Fassaden verklebt werden, und sie sind biegsam

Matthias Schoft, SunMan

Denn sie bestünden aus hochwertigen monokristallinen Siliziumzellen, die aufgrund ihrer festen Einbettung in die GFK-Matrix flexibel formbar seien. Das gesamte Paneel sei nur zwei Millimeter dick, und die optischen Verluste seien beim Faserkunststoff sogar noch etwas geringer als bei der Glasscheibe. Folglich komme noch ein wenig mehr Sonnenlicht bei den Zellen an.

Fragezeichen bleiben vor allem bei den Umweltaspekten. Wie energieaufwendig ist die Produktion im Vergleich zu klassischen Modulen? Was passiert mit dem GFK nach dem Lebensende der Module? Lässt sich der Faserverbundwerkstoff so gut von den weiteren Komponenten trennen, dass er den derzeit vorherrschenden Entsorgungsweg gehen, nämlich als Zuschlagstoff in der Zementindustrie Verwendung finden kann?

Grundsätzlich ist der Umgang mit Faserverbundwerkstoffen immer eine Herausforderung. Es dürfte daher kein Zufall sein, dass der chinesische Modulhersteller den Begriff GFK meidet. Er spricht von „patentierten Kompositmaterialien“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Kinokristalline Solarzellen bestehen - wie der Name schon sagt - aus einem Kristall.

    Kristalle sind aber nicht biegsam.

    Irgendwas stimmt da nicht an den Bezeichnungen.

    • @Sonntagssegler:

      Die Solarzellen sind so dünn, dass sie gut biegbar sind. Fenserglas ist übrigens auch in Grenzen biegbar; wegen der größeren Dicke aber nicht so stark.

  • ''Klimaneutralität''

    Neun neue Atomkraftwerke im Jahr 2018:

    ''Im Jahr 2018 haben neun neue Kernkraftwerke den Strombetrieb aufgenommen: sieben in China und zwei in Russland. China hat damit innerhalb eines Jahres so viele Kernkraftwerke wie noch nie in Betrieb genommen. Somit stehen dort neu 45 Kernkraftwerke in Betrieb.''

    Vgl. Nuklearforum Schweiz, Medienmitteilung.

  • Was für ein Stuss...60% der Dächer nicht geeignet. Aber sicher nicht wegen des Gewichts, sondern wegen der Ausrichtung.

    Ausserdem haben diese dünnen Module auch viele Nachteile: wie will man die sturmsicher auf einem Ziegeldach anbringen, das dürften mind. 80% aller Dächer sein?

    Viel schwerwiegender ist jedoch, wenn man von "verkleben" spricht, dass die Module dann nicht mehr hinterlüftet sind und heisser werden, dadurch geht der Wirkungsgrad runter. Deshalb muss man denen zur Kompensation einen Strang oder zumindest ein paar Zellen mehr spendieren, was den Flächenverbrauch und die Kosten für die gleiche Nettoleistung erhöht.

    Es bleibt also eigentlich nur, die auf eine hinterlüftete Trägerstruktur zu schrauben, wofür ihnen allerdings die Befestigungspunkte fehlen - also wird's in Summe eher aufwändiger.

    Und wie ist es mit der Alterung der lichtdurchlässigen Deckschicht? Vergilbt die? Verschmutzt die mehr, weil sie rauher ist als Glas?

    • @Mitch Miller:

      Vermutlich sind die Dinger weniger für Ziegeldächer gedacht, als für heliostatische Montierung auf Flachdächern, wobei das Kriterium sicher weniger die Dachlast als die Tragkraft der Montierung ist.