Chinesische Bürgerrechtlerin: Empörung über Shunlis Tod
Fünf Monate saß Cao Shunli in Haft, medizinische Hilfe wurde ihr verweigert. Am Donnerstag ist sie gestorben. Amnesty und die EU-Außenbeauftragte Ashton erheben Vorwürfe.
PEKING dpa | Der Tod der bekannten chinesischen Bürgerrechtlerin Cao Shunli nach fünf Monaten in Haft ist auf Empörung und scharfe Kritik gestoßen. Die 52-Jährige war am Donnerstag an Organversagen gestorben, nachdem ihr in Haft nach Angaben von Angehörigen und Menschenrechtsgruppen rechtzeitige und angemessene medizinische Behandlung verweigert worden war. Amnesty International meinte am Samstag, die chinesischen Behörden hätten „Blut an ihren Händen“.
Die Außenbeauftragte der Europäischen Union, Catherine Ashton, zeigte sich tief betroffen und würdigte das Engagement der Aktivistin. Ashton forderte China auf, „all jene freizulassen, die wegen ihrer friedlichen Meinungsäußerung festgenommen oder inhaftiert sind“. Cao Shunli habe sich für eine umfassende Beteiligung unabhängiger Bürgerrechtsgruppen am Überprüfungsprozess der Lage in verschiedenen Ländern durch den UN-Menschenrechtsrat eingesetzt.
Die Aktivistin war im September am Pekinger Flughafen festgenommen worden, als sie nach Genf fliegen wollte, um vor dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen über die Missstände in China auszusagen. In Haft hatte sich der Gesundheitszustand von Cao Shunli, die unter verschiedenen Krankheiten und Tumoren litt, verschlechtert.
Im Oktober beklagte sie gegenüber ihrem Anwalt, dass sie nicht medizinisch versorgt werde, wie die Organisation China Human Rights Defenders (CHRD) berichtete. Vergeblich habe der Anwalt auf ihren Zustand hingewiesen. Eine Entlassung aus medizinischen Gründen sei aber abgelehnt worden. Im Februar wurde die Familie unterrichtet, dass es Cao Shunli sehr schlecht gehe. Am 20. Februar wurde sie in ein Krankenhaus entlassen, als sie schon im Koma lag.
„Der Tod von Cao Shunli ist das traurigste und zugleich deutliches Beispiel der ungezügelten und weit verbreiteten Verfolgung von Bürgerrechtsaktivisten und Menschenrechtsverteidigern, die eine Teilnahme an den UN-Menschenrechtsaktivitäten suchen“, sagte Renee Xia von CHRD.
Nächste Woche Dienstag steht die Lage in China auf der Tagesordnung des UN-Menschenrechtsrates. China müsse den Tod von Cao Shunli erklären und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen, forderte Sophie Richardson von der Organisation Human Rights Watch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“