Chinesische Amazon-Konkurrenz: Alibaba und die Tücken der Börse
Der Netzkonzern steht vor dem Börsengang. Mehr als 25 Milliarden Euro will er einnehmen. Dabei birgt die Aktion jede Menge Risiken.
PEKING taz | Das Debüt von Alibaba an der New Yorker Börse am Freitag soll alles Bisherige in den Schatten stellen. Unter dem Kürzel „Baba“ will das chinesische Internetunternehmen auf einen Schlag mehr als 25 Milliarden US-Dollar einnehmen – und damit den größten Börsengang aller Zeiten hinlegen.
Tatsächlich stehen die Chancen für den Mega-Börsengang gut. Wegen der weltweit hohen Nachfrage hat Alibaba bereits die Preisspanne für die zunächst rund 320 Millionen zum Verkauf angebotenen Aktien angehoben. Analysten rechnen damit, dass das Papier dennoch gleich beim Börsenstart mehrfach überzeichnet sein wird. Dabei birgt die Alibaba-Aktie für den Anleger jede Menge Risiken.
Zwar beherrscht das 1999 von Jack Ma gegründete Unternehmen mit seinen Plattformen Taobao, Alibaba und T-Mall sowie dem Bezahldienst Alipay rund 80 Prozent des chinesischen Onlinehandels und setzt heute mehr um als die US-Onlineriesen Ebay und Amazon zusammen. Bei fast einer halben Milliarde Kunden und einem Umsatz von fast 8,5 Milliarden Dollar erwirtschaftete Alibaba im vergangenen Geschäftsjahr 3,72 Milliarden Dollar Gewinn. Ebay brachte es nur auf einen Überschuss von 2,9 Milliarden Dollar, Amazon fuhr sogar Verluste ein.
Doch bereits in den ersten Handelstagen könnte es zum Kurseinbruch der Alibaba-Aktie kommen. Denn der chinesische Onlinehändler konnte sich mit der Forderung durchsetzen, dass zumindest einige der ursprünglichen Eigentümer ihre Anteile sofort verkaufen dürfen. Normalerweise werden Erstinvestoren verpflichtet, in den ersten Monaten an ihren Aktien festzuhalten. Mit solchen „Lockup“-Deals soll verhindert werden, dass sie gleich zu Beginn des Börsengangs ihre Anteile verkaufen und der Kurs abstürzt. Beim Facebook-Börsengang etwa durfte kein einziger Erstinvestor seine Aktien verkaufen. Laut Wall Street Journal gibt es bei Alibaba eine solche Einschränkung für etwa ein Drittel der bisherigen Eigentümer nicht.
Kein Mitspracherecht für Alibaba-Aktionäre
Eine weitere Unsicherheit: Anders als bei anderen börsennotierten Unternehmen werden die Aktionäre bei Alibaba über kein Mitspracherecht verfügen. Die Regierung in Peking erlaubt es ausländischen Investoren nämlich nicht, zu großen Einfluss auf chinesische Unternehmen auszuüben. Anleger aus dem Ausland haben zwar Anspruch auf die Gewinne, das Management bleibt aber stets in chinesischer Hand.
Die Gefahren sind durchaus real: Als Alibaba-Gründer Jack Ma 2011 den Bezahldienst Alipay in ein von ihm kontrolliertes Unternehmen ausgliederte, informierte er seine beiden größten Mitinhaber Yahoo und das japanische Kommunikationsunternehmen Softbank, die zusammengenommen immerhin mehr als die Hälfte von Alibaba besitzen, erst hinterher. Ma sagte damals, dies sei notwendig gewesen, um nicht gegen chinesische Vorschriften zu verstoßen.
Das für internationale Anleger wahrscheinlich größte Problem: Die chinesische Führung könnte sich unmittelbar in Unternehmensentscheidungen einmischen. Bereits seinen Aufstieg hat Alibaba ihr zu verdanken. Erst nachdem Chinas Regierung ab 2005 systematisch damit begann, ausländische Internetseiten zu sperren und damit auch Konkurrenten wie Ebay die Geschäfte in China zu erschweren, konnte Alibaba zum Marktführer im Land aufsteigen.
Bis heute pflegt die Alibaba-Führung daher engste Kontakte zur Parteispitze. Der Börsengang erfolgt, weil Peking grünes Licht gegeben hat. Dass der Börsenplatz New York heißt, wird vor Einflussnahme nicht schützen.
Peter Thiel, Mitgründer des Bezahldienstes Paypal und inzwischen US-amerikanischer Großinvestor, rät zwar nicht grundsätzlich vom Kauf von Alibaba-Aktien ab. Doch in einem Interview mit CNN warnte er: Alibaba sei ein Unternehmen, das unmittelbar von der Gunst der chinesischen Führung abhängig ist. Das sollte Anlegern bewusst sein. Es handle sich um eine „politische Investition“.
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