Chinas Emissionen stagnieren: Dreckschleuder und Klimachampion der Welt
Ermutigende Zahlen zum Start der Weltklimakonferenz: Die Treibhausgasemissionen Chinas sind seit 18 Monaten gleich – oder fallen sogar.
Gute Nachrichten zum Start der Weltklimakonferenz im brasilianischen Belém sind rar – aber diese gibt Anlass zur Hoffnung: Die Treibhausgasemissionen Chinas sind seit 18 Monaten gleichbleibend oder fallen sogar, zeigt eine am Dienstag veröffentlichte Analyse des Fachportals Carbon Brief.
Chinas Emissionen sind bedeutsam für das Weltklima: Nahezu ein Drittel der 53,2 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalente, die im vergangenen Jahr in die Atmosphäre geblasen wurden, stammt aus der Volksrepublik. Klimabösewicht Nummer 2: mit weitem Abstand die USA mit 11,7 Prozent der CO2-Äquivalente. Es folgen: Indien mit 7,96 Prozent und die EU mit 6,21 Prozent. Der deutsche Anteil lag bei 1,46 Prozent.
Die Emissionen von China im wichtigen Energiesektor blieben im dritten Quartal konstant, laut Carbon Brief könnten sie aufs Gesamtjahr gesehen sogar fallen. Dabei ist die Stromproduktion Chinas im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 6,1 Prozent gestiegen, aber die Emissionen in diesem Bereich sanken um 2 Prozent. Also: Der rasante Zubau bei Wind- und Solarkraft reichte, um den Energiehunger der wachsenden Industrie des Landes zu stillen.
Mit anderen Worten: China, wo in entlegenen Regionen immer noch Kohlekraftwerke eröffnet werden, ist die Dreckschleuder der Welt und gleichzeitig unangefochtener globaler Champion bei grünen Technologien: Bei Solaranlagen stieg in den ersten neun Monaten des Jahres 2025 der Zubau um sagenhafte 46 Prozent im Vergleich zum gleichen Vorjahreszeitraum, bei Wind gab es einen Zuwachs um 11 Prozent.
Trotz Erneuerbaren-Boom auch neue Kohlekraftwerke
Auch in absoluten Zahlen ist das rekordverdächtig: China installierte danach neue Solaranlagen mit einer Kapazität von 240 Gigawatt, bei Wind gab es 61 Gigawatt mehr. Zum Vergleich: In Deutschland lag der Zubau der Solarleistung im gesamten Jahr 2024 bei 16,2 Gigawatt. China investiert in diesem Jahr zwar immer noch 54 Milliarden US-Dollar in neue Kohlekraftwerke, steckt mit 625 Milliarden aber mehr als zehnmal so viel in den Ausbau der Erneuerbaren.
Die Dekarbonisierung der Industrie ist weltweit viel schleppender als die des Energiesektors – und auch für China kein Selbstläufer: Die Emissionen in der Zement- (minus sieben Prozent) und in der Metallproduktion (minus ein Prozent) sinken zwar – Grund ist jedoch die Stagnation im Bausektor. In der Chemieindustrie legten die Emissionen zu. Laut der Internationalen Energieagentur wurden in den ersten acht Monaten 2024 im Chemiesektor des Landes 18 Prozent mehr Kohle verbraucht als im gleichen Vorjahreszeitraum.
Im Verkehrssektor sanken die Emissionen dagegen laut Carbon Brief um 5 Prozent. Ob diese vom boomenden E-Automarkt getragene Reduktion weitergeht, ist fraglich: Das Auslaufen von Subventionen hat den Sektor im Oktober leicht schrumpfen lassen. Die Auslieferungen gingen im Jahresvergleich um 0,8 Prozent zurück, wie die Branchenvereinigung PCA (China Passenger Car Association) in Peking am Montag mitteilte. Dies war der erste Rückgang im Markt seit August 2024.
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Der Grund: In vielen Provinzen und großen Städten des Landes wie Shanghai laufen Eintauschprämien für Gebrauchtwagen aus oder wurden bereits gestrichen. Die Hälfte der Neuwagen in China ist elektrisch angetrieben, Tendenz steigend.
Trotz der teils auch widersprüchlichen Signale: Als „entscheidenden Meilenstein“ hatte UN-Klimachef Simon Stiell die Präsentation von Chinas Klimaziel vor wenigen Tagen gelobt. Zum ersten Mal hatte sich die Volksrepublik nämlich ein konkretes Ziel für die Reduktion von Treibhausgasemissionen gesetzt. Bis 2035 sollen diese um sieben bis zehn Prozent sinken, hatte Staatschef Xi Jinping verkündet.
Für Fachleute leistet Peking damit bei weitem nicht genug, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Sie gehen davon aus, dass China seine Emissionen dafür um etwa 30 Prozent reduzieren müsste. Die Rolle Chinas in Belém ist bislang unklar. Auch China betreibe Klimapolitik, sagte am Dienstag Ottmar Edenhofer, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung: „Das alles geht viel zu langsam, aber man sollte jetzt nicht den Eindruck erwecken, es passiert überhaupt nichts.“
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