China zieht Inselstaat auf seine Seite: Nauru bestraft Taiwans Wähler
Der Pazifikstaat Nauru macht seinem Ruf alle Ehre, mutmaßlich diplomatische Beziehungen zu verkaufen. Peking und Taipeh kennen das schon.
Taiwans Vize-Außenminister Tien Chung-kwang erklärte, China habe Politiker der Pazifikinsel zu dem diplomatischen Wechsel verleitet, indem Peking wirtschaftliche Unterstützung angeboten habe. Das von der Volksrepublik China beanspruchte Taiwan (offizieller Name: Republik China) wird damit nur noch von zwölf Staaten diplomatisch anerkannt, darunter Palau, Tuvalu und die Marshall-Inseln.
Taipeh sieht in dem Manöver auch einen Angriff auf Taiwans Demokratie. Dabei dürfte der Zeitpunkt von Naurus Schritt auf Peking zurückgehen und darauf zielen, die Taiwaner für ihre Wahl des Peking-Kritikers Lai zu bestrafen.
Schon im März 2016, kurz nachdem Taiwans jetzt scheidende Präsidentin Tsai Ing-wen gewählt wurde, hatte Gambia seine Beziehungen zu Taipeh abgebrochen und China anerkannt. Lai war zuletzt Tsais Vize. Peking nannte beide taiwanischen Politiker „Separatisten“. Unter Tsai verlor Taiwan zehn verbündete Staaten, die stattdessen mit China ihre diplomatischen Beziehungen aufbauten.
Eine Frage des Geldes
Das 21 Quadratkilometer winzige Nauru ist mit 13.000 Einwohnern die kleinste Republik der Welt. Es gilt als empfänglich für die sogenannte „Dollar-Diplomatie“. Mit Geldgeschenken und großzügigen Krediten buhlen insbesondere China und Taiwan um Einfluss in dem souveränen Staat, der einen Sitz in der UNO hat. Auch Russland, Island und Thailand sollen für mutmaßliche entsprechende Zahlungen an Nauru sich dessen diplomatische Unterstützung gekauft haben.
Schon 2002 hatte Nauru erstmals China offiziell anerkannt, war aber 2005 zu Taiwan zurückgewechselt, offenbar weil Peking seine finanziellen Versprechen nicht gehalten hatte. Nach Berichten aus Taipeh bemühte sich China zuletzt stark um Nauru, weshalb der jetzige Schritt Taiwans Regierung nicht wirklich überrascht haben dürfte.
2009 hatte Nauru als erst viertes Land mutmaßlich gegen Entwicklungshilfe aus Russland die Unabhängigkeit der abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien offiziell anerkannt.
Nauru gehörte vor dem Ersten Weltkrieg zu Deutsch-Neuguinea und lebte Jahrzehnte vom Phosphatabbau. Der schuf einen erstaunlichen Wohlstand, verwandelte die Insel aber in eine Mondlandschaft.
Seit der Phosphatabbau ab dem Jahr 2000 zunächst weitgehend zum Erliegen kam, sucht das inzwischen verarmte Land dringend Einkommensquellen. So sperrte Nauru gegen Geld aus Canberra im Rahmen von dessen „pazifischer Lösung“ von 2001 bis 2008 und von 2012 bis 2017 bis zu 1.200 Boatpeople in ein Lager, die eigentlich in Australien Asyl beantragen wollten. Zuletzt macht Nauru Schlagzeilen durch Pläne zum Tiefseebergbau.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Deutungskampf nach Magdeburg
„Es wird versucht, das komplett zu leugnen“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Aktionismus nach Magdeburg-Terror
Besser erst mal nachdenken
Gedenken an den Magdeburger Anschlag
Trauer und Anspannung