China weist US-Journalist aus: Unerwünschte Berichterstattung
Der China-Korrespondent der New York Times wurde ausgewiesen. Sein Visum wurde nicht verlängert, nachdem er über den Reichtum des Wen Jiabaos geschrieben hatte.
PEKING taz | Die chinesischen Behörden haben einen Korrespondenten der New York Times praktisch des Landes verwiesen. Chris Buckley musste vor dem Jahreswechsel die Volksrepublik mit seiner Familie verlassen. Sein Aufenthaltsvisum für 2013 wurde nicht verlängert.
Der Fall löst unter ausländischen Journalisten in der autoritär regierten Volksrepublik die Sorge aus, die chinesische Führung könnte den Druck auf sie noch weiter verschärfen. „Übt China Vergeltung an westlichen Journalisten?“, heißt es in einem Kommentar der International Herald Tribune, der weltweiten Ausgabe der New York Times. Die US-Zeitung schreibt von einem „Kalten Krieg gegen Nachrichtenorganisationen“, die mit ihrer kritischen Berichterstattung der chinesischen Führung nicht genehm seien.
Anfang Oktober hatte die New York Times über das angebliche Familienvermögen des scheidenden chinesischen Premierministers Wen Jiabao berichtet. Seine Verwandten würden über Vermögen von über zwei Milliarden Dollar verfügen, hieß es in der Zeitung.
Die Webseiten der New York Times, seit einem halben Jahr auch mit einer chinesischsprachigen Version im Netz präsent, sind in China seitdem gesperrt. Und auch die Seiten von Bloomberg sind blockiert, nachdem die US-Nachrichtenagentur über das angebliche Familienvermögen des künftigen Staatsoberhaupts Xi Jinping berichtete. Bereits im vergangenen Mai ließ China die Journalistin Melissa Chan vom Fernsehsender al-Dschasira ausweisen, nachdem ihr Sender eine aus Sicht der chinesischen Führung unliebsame Fernsehdokumentation ausgestrahlt hatte.
Im aktuellen Fall ist allerdings nicht erwiesen, ob die Verweigerung des Visums tatsächlich mit der Berichterstattung über den chinesischen Premier im Zusammenhang steht. Offiziell äußert sich die chinesische Seite nicht dazu. Bis September war Buckley noch China-Korrespondent der Agentur Reuters. Beim Wechsel zu einem anderen Medienunternehmen muss er nach der chinesischen Regelung eine neue Arbeitserlaubnis beantragen. Acht Monate Wartezeit sind für eine Neuakkreditierung üblich.
Allerdings haben die chinesischen Behörden auch dem designierten künftigen Bürochef der New York Times in Peking bislang keine Genehmigung zur Einreise erteilt. Und er wartet bereits seit März 2012 auf sein Journalistenvisum.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid
Berliner Sparliste
Erhöht doch die Einnahmen!
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts