Chicago Cubs gewinnen die World Series: Homerun for Hillary
4:3 endet das Finale. Gewonnen haben die Chicago Cubs, verloren die Cleveland Indians. Was der Sieg der Cubs mit Hillary Clinton zu tun hat.
Sogar das haben die Chicago Cubs fertiggebracht: Hillary Clinton ist plötzlich glaubwürdig. Vom gesamten politischen Personal, das sich derzeit in den USA um höchste Ämter streitet, ist die demokratische Präsidentschaftsbewerberin der einzige ausgewiesene Fan des Siegers der World Series.
4:3 endete das als Best of Seven ausgetragene Finale der Meister der zwei US-Profibaseballligen in der Nacht zum Donnerstag. Gewonnen haben die Cubs, verloren die Cleveland Indians, und selbstredend stehen beide Teams für etwas: Die Cubs sind das Team der weißen working class, die meist Demokraten wählen und deren abnehmende politische Bedeutung sich eben auch darin ausdrückte, dass die Cubs und ihr sensationell schönes Stadion Wrigley Field zuletzt 1908 die World Series gewonnen hatten.
Die Cleveland Indians hingegen werden schon seit Jahren von Native Americans und linken Gruppen angegriffen: Vor allem ihr nur halbherzig in die zweite Reihe der Club-PR gerücktes Logo gilt als rassistisch. Es zeigt eine „Rothaut“ namens Chief Wahoo, die so sämtliche Stereotype über amerikanische Ureinwohner erfüllt. Die Kritik ist so mächtig, dass sogar Rob Manfred, Commissioner der Major League Baseball, angekündigt hatte, nach den World Series mit den Indians darüber zu sprechen.
Manchen Beobachtern in den USA gelten die World Series als eine Art Orakel: Meist votierte nämlich „der Staat des Siegerteams für den Sieger des Präsidentenrennens ein paar Tage später“, wie es Michael Rapoport vom Wall Street Journal ausdrückt. Nur: Dass Illinois und seine Hauptstadt Chicago demokratisch wählen, gehört nicht zu den Überraschungen. Hätten aber die Cleveland Indians gewonnen, wo nach mehreren Umfragen Donald Trump vorne liegen soll, hätte anderes gegolten: „Ohio hat seit 1964 bei jeder Präsidentschaftswahl für den späteren Sieger gestimmt.“
Die politische Symbolik
Bedeutender als die orakeligen Analysen der politischen Bedeutung des Cubs-Siegs dürfte die politische Symbolik des Triumphs sein. Am schnellsten reagierte Hillary Clinton: Sie hielt während des entscheidenden siebten Spiels gerade eine Wahlkampfrede in Arizona, doch weil es in Cleveland, wo das letzte Spiel stattfand, regnete und nach dem neunten Inning unterbrochen wurde, konnte Clinton nach ihrer Rede die entscheidenden Momente erleben. Und jubeln.
Was sie hinter der Bühne auf ihrem iPad sah, war nicht nur politisch bedeutend, sondern auch ein sporthistorischer Moment: Die Cubs hatten einen aus den ersten Spielen angefallenen 1:3-Rückstand gedreht, und in dieser siebten und letzten Partie hatten die Indians eine souveräne 6:3-Führung noch 6:6 ausgleichen können. Die Regenpause ermöglichte nicht nur Hillary Clintons Dabeisein via Livestream, sondern auch den Cubs den Sieg im letzten Moment.
„Want to come to the White House before I leave?“, twitterte Noch-Präsident Barack Obama kurz nach dem historischen Sieg. Die Mannschaft, die am heutigen Freitag in Chicago eine Straßenparade abhalten wird, dürfte die Einladung des Mannes, der Jahrzehnte in Chicago gelebt hat, gerne annehmen – auch wenn Obama, so kompliziert sind die Verhältnisse, Anhänger der Chicago White Sox ist. Das ist der Club, der im ärmeren Süden der Stadt angesiedelt ist.
Ein glaubwürdiger Cubs-Fan ist Obama also nicht, während Hillary Clinton schon als Mädchen mit ihrem Vater ins Wrigley Field ging. Allerdings erinnert ein seriöses Blatt wie die New York Times daran, dass Clinton sich im Jahr 2000 während des Wahlkampfs als Fan der New York Yankees präsentierte. „War sie“, fragt die Zeitung, „etwa ein Baseball-Flip-Flopper, der sich zynisch dem Team an den Hals wirft, das im Wahljahr die besten Chancen verspricht?“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance