Chaos in Libyen: Sarradsch will zurücktreten
Der international anerkannte libysche Regierungschef hat angekündigt, seine Macht abzugeben. Berlin plant ein weiteres Treffen zur Schlichtung des Konflikts.
In Libyen geht das Chaos unterdessen weiter: Nach tagelangen Protesten gegen die Regierung erklärte der Chef der international anerkannten libyschen Regierung, Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch, am Mittwoch seine Absicht, in maximal einem Monat die Macht abzugeben. „Ich erkläre allen meinen aufrichtigen Wunsch, meine Pflichten spätestens Ende Oktober zu übergeben“, sagte al-Sarradsch am Mittwoch in einer Fernsehansprache.
In Libyen herrscht seit dem Sturz des Langzeitherrschers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 Bürgerkrieg, der sich in den vergangenen Jahren mehr und mehr zu einem Stellvertreterkonflikt entwickelte. Al-Sarradsch kämpft mit dem mächtigen General Chalifa Haftar um die Vorherrschaft in dem ölreichen Land. Al-Sarradschs Regierungstruppen werden vor allem von der Türkei und Katar unterstützt, Haftar von Russland, den Emiraten und Ägypten.
Ob bei dem Nachfolgetreffen eine gemeinsame Erklärung oder Ähnliches erwartet wird, war zunächst noch unklar. Die Gespräche werden im sogenannten Berlin-Format – angelehnt an die Konferenz in der deutschen Hauptstadt im Januar – abgehalten. Damals waren neben Deutschland und den UN die USA, Großbritannien, Frankreich, China, die Türkei, die Vereinigten Arabischen Emirate, die Republik Kongo, Italien, Ägypten, Algerien sowie die Europäische Union, die Afrikanische Union und die Arabische Liga vertreten.
Verstöße gegen das Waffenembargo
Mit dem Gipfel hatte Deutschland eine Vermittlerrolle in dem verheerenden Konflikt eingenommen und einen kurzen Moment des Aufbruchs erzeugt. Die Abschlusserklärung ist aber bis heute so gut wie nicht umgesetzt. Die Vereinten Nationen registrieren vor allem Verstöße der Türkei, der Emirate und Russlands gegen das Waffenembargo. Auch sie hatten die Berliner Erklärung unterzeichnet.
Die Europäische Union versucht den Waffenschmuggel zweigleisig einzudämmen: Die Militärmission „Irini“ soll Waffenlieferungen erkennen und zumindest auf dem Seeweg auch stoppen. Zusätzlich haben Deutschland, Frankreich und Italien in der EU die Sanktionierung von Unternehmen und Einzelpersonen vorgeschlagen, die Schiffe und Flugzeuge für den Transport von Waffen stellen.
Bei seiner TV-Ansprache sagte al-Sarradsch, dass das politische Klima in Libyen sich in einem Zustand starker Polarisierung befinde, der alle Versuche, die Krise zu lösen, äußerst schwierig mache. In der Hauptstadt Tripolis und anderen Städten war es in den vergangenen Wochen immer wieder zu Protesten gegen Korruption und die sich verschlechternden Lebensumstände gekommen.
Hunderte von Demonstranten hatten politische Reformen in dem nordafrikanischen Land gefordert. Die mit General Haftar verbündete Gegenregierung im Osten des Landes hatte bereits am Montag inmitten von Protesten ihren Rücktritt angeboten.
Die Vereinten Nationen suchen nach dem völlig überraschenden Rücktritt des libyschen UN-Vermittlers Ghassam Salamé im März derweil weiter nach einem Nachfolger. Als einer der Favoriten gilt der bisherige UN-Nahostgesandte Nikolai Mladenow.
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