Chaos im Deutschen Fußball-Bund: Da läuft nichts mehr
Dass der DFB am Ende ist, liegt nicht nur am aktuellen Präsidenten. Gravierender ist das Totalversagen als in die Gesellschaft wirkende Institution.
Über die SPD wird gelacht, aus den Kirchen tritt man aus, und die Union schrumpft sich Richtung 20-Prozent-Marke zurecht. Jetzt zerlegt sich also auch noch der Deutsche Fußball-Bund. Wie es aussieht, bleibt nicht viel übrig von den großen Konstanten, die die BRD über Jahrzehnte geprägt haben. Klar, es wird weiter gewählt und wahrscheinlich noch viel gebetet in diesem Land. Es wird auch weiter Fußball gespielt – aber mit diesem Verband? Man möchte es diesem wunderbaren Sport nicht wünschen.
Dessen Basisvertreter hatten sich am Wochenende in Potsdam getroffen. Sie hatten die Chance zu einem Neuanfang. Dass vor dem Treffen kaum einer von dieser Möglichkeit sprach, sagt schon einiges über das verkommene Gebilde. Dabei wäre es so einfach gewesen. Fritz Keller, der DFB-Präsident, der seinen Vize auf einer Sitzung mit dem mörderischen Nazirichter Roland Freisler verglichen hatte, hat man zwar die Rote Karte gezeigt.
Dass der indes dieser Aufforderung zum Rücktritt durch die Präsidenten der Regional- und Landesverbände einfach nicht nachkommt, das passt zu einem Verband, der rassistische Pöbeleien am Spielfeldrand oft nur dann bestraft, wenn es sich nach gehörigem Druck aus der Öffentlichkeit partout nicht mehr vermeiden lässt.
Doch auch Rainer Koch, der erste Vizepräsident des Verbands, hätte seinen Hut nehmen müssen. Er ist für den Amateurfußball verantwortlich in diesem Land. Warum er zu einer solchen Konferenz fährt, ohne den großen Masterplan zum Neustart des Fußballs auf den kleinen Sportanlagen des Landes zu präsentieren, kann man getrost als Versagen bezeichnen. Wo sind die Konzepte für eine Neuordnung des Spielbetriebs, der nach dem Ausfall beinahe einer ganzen Saison neu geordnet werden müsste? Niemand steigt verdient auf oder ab, wenn nur eine Handvoll Spiele absolviert wurden.
Es gäbe viel zu tun
Kein Vertreter irgendeines Landesverbands hat sich am Wochenende dazu geäußert, wie den Vereinen, denen in der Pandemie die Mitglieder davongelaufen sind, finanziell unter die Arme gegriffen werden kann. Kein Trainingsplan für den Hobbyfußball wurde präsentiert, sodass die Amateurkicker bald reichlich unfit antreten werden, wenn der Ball zum Wettkampfsport wieder freigegeben wird. Eine Trainer:innenoffensive hätte man sich auch gut vorstellen können. Einen Pool von Sportlehrer:innen, auf den Verbände und Klubs zurückgreifen können, um wieder Fuß zu fassen, ohne pleite zu gehen.
Von einer großen Kinder- und Jugendsportinitiative, die der Riesenverband mit seinen 7 Millionen Mitgliedern reichweitenstark hätte promoten können, war auch keine Rede. Dass nicht besonders viel über die Förderung von Frauen- und Mädchenfußball gesprochen wird, wenn ein Führungsgremium nur aus Männern besteht, wird niemanden wundern. Ein Skandal ist es dennoch.
Auch die gesellschaftliche Rolle des Fußballs bei der Pandemiebekämpfung hätte am Wochenende eine Rolle spielen können. Wie wäre es, über migrantisch geprägte Großstadtklubs die Menschen zu erreichen und für Impfungen zu gewinnen, die in jenen benachteiligten Vierteln leben, in denen die Inzidenzen gerade besonders hoch sind? Der DFB hätte das über seine Landesverbände koordinieren können. Denkste. Keine Ideen, null Zukunft. Kein Wunder dass man sich vom eigentlich zuständigen Verband auch keine Vision erwartet, wie das Auseinanderdriften des Spitzenfußballs, der von Millionären betrieben wird, und der Basis zu bremsen wäre.
Klar, kostet so etwas Geld. Aber der DFB verfügt ja über eine Mannschaft, mit der sich gut verdienen lässt. Alles, was über die DFB-Elf eingenommen wird, müsste in diesen Krisenzeiten an die Basis geschaufelt werden. Stattdessen ist zu hören, dass die DFB-Elf und der FC Bayern ein Ablösespiel für den münchenmüden Trainer Hansi Flick austragen könnten. Die Bayern sollen alle Einnahmen daraus kassieren. Oh weh! Warum gibt es da keinen Aufschrei von den Amateurvertretern? Aber so ist es nun mal in diesem Verband: Es gibt viel zu tun, keiner packt’s an.
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