Castortransporte mit dem Schiff: Trockenübung auf dem Neckar
Zwischen Obrigheim und Neckarwestheim soll erstmals Atommüll verschifft werden. Atomkraftgegner starten am Samstag mit Widerstandsaktionen .
Noch war es nur ein Testlauf, die Castoren leer, doch schon in den nächsten Monaten werden sie den Weg erneut antreten. Fünf Schiffe mit je drei Castoren sollen dann insgesamt 342 Brennelemente verfrachten. Es wird eine Premiere: Nie zuvor gab es in Deutschland einen Castortransport auf einem Fluss.
Schon mit Verkündung des Plans durch den Energiekonzern EnBW im vergangenen Jahr formierte sich der Protest. Dem Bündnis „Neckar Castorfrei“ haben sich lokale Anti-Atom-Initiativen sowie Organisationen wie der BUND und Robin Wood angeschlossen. Und die Castor-Gegner sind entschieden wie eh und je. Sechs Jahre nach dem letzten großen Protesten in Gorleben heißt ihr Motto weiterhin: „Wir stellen uns quer“. Für Samstag hat das Bündnis eine Demonstration in Heilbronn angekündigt. Sprecher Herbert Würth sagte der taz: „Wir lehnen die Transporte ab. Sie stellen eine Scheinlösung dar.“
Obrigheim ging im Jahr 2005 vom Netz, fast genauso lang liegt eine Genehmigung für den Bau eines Zwischenlagers am selben Ort vor. Doch EnBW hat sich anders entschieden und möchte die Brennelemente in dem bereits bestehenden Zwischenlager, einem Steinbruch in Neckarwestheim, unterbringen. Der allerdings ist durch Auswaschungen und Hohlräume bedroht – „eine sichere Lösung ist das nicht“, so Würth. Der Konzern und das grün regierte Umweltministerium sprechen dagegen von einer „grünen Wiese“, sobald alle Reste abtransportiert und der Rückbau des AKW Mitte des nächsten Jahrzehnts abgeschlossen sein wird.
50 Kilometer, 6 Schleusen, 23 Brücken
Weil weder Obrigheim noch Neckarwestheim einen Schienenanschluss haben und der Transport über die Straße besonders aufwendig ist, entschied man sich für den Wasserweg. EnBW wirbt damit, dass die beiden doppelwandigen Schubleichter (Schiffe ohne Eigenantrieb) praktisch unsinkbar seien. Die Atomkraftgegner unterstellen dagegen noch eine andere Motivation, nämlich die schwierigen Protestbedingungen auf dem Neckar.
Doch Würth sagt: „Wir sehen unsere Möglichkeiten dort genauso groß.“ Auf der 50 Kilometer langen Strecke warten nicht nur sechs Schleusen und mehrere Engstellen, sondern auch insgesamt 23 Brücken. „Wir bereiten uns auf verschiedene Protest- und Widerstandsformen vor“ – das Ziel sei den Transport „zu behindern oder zu stoppen“. Die Polizei will das mit einem Großaufgebot verhindern.
Das Bundesamt für Entsorgungssicherheit teilte auf Anfrage noch keinen Termin für eine Genehmigung mit. Beachten werde man die neuen Sicherheitsrichtlinien zum Schutz vor Terrorangriffen, die derzeit durch das Bundesumweltministerium erarbeitet werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen