Cannabis-Legalisierung: Apotheke oder Tabakhändler?
Eckpunktepapier für Cannabis-Freigabe beschlossen. Gesetzt den Fall, die Droge wäre legal, wer sollte sie verkaufen – Apotheken oder Fachhandel?
Aber, in den Augen des DHV gibt es ein Aber. Genau gesagt sind es zwei: Das Eckpunktepapier zeige keinerlei Ambitionen, den Führerscheinentzug bei nüchternen Fahrern wegen winziger THC-Restmengen im Blut zu beenden. Das zweite Aber betrifft den Vorbehalt, dass die Ampelkoalition erst dann einen konkreten Gesetzentwurf vorlegen will, wenn es auf EU-Ebene keine rechtlichen Einwände gegen die Cannabis-Freigabe gibt.
Das klingt nicht so, als käme die Legalisierung bereits morgen. Aber angenommen, es wäre so – wo könnten erwachsene Konsumenten in Zukunft einkaufen gehen? Im Eckpunktepapier heißt es dazu: Der Vertrieb von Genusscannabis dürfe mit Alterskontrolle in lizenzierten Fachgeschäften und gegebenenfalls Apotheken erfolgen.
Genussmittel, kein Heilmittel
Ein Drittel aller Apotheken fänden das sinnvoll, wie eine im Auftrag des Spiegel 2021 durchgeführte bundesweite Umfrage gezeigt hat. Ein Drittel war dagegen, der Rest war unentschieden. Und wie ist es in Berlin, auch Kiffer-Hauptstadt genannt?
Die Präsidentin der Berliner Apothekerkammer, Kerstin Kemmritz, vermutete am Mittwoch gegenüber der taz, dass hiesige Apotheken „neben anderen qualifizierten Fachstellen“ durchaus offen für den Verkauf von Cannabis sind. Jede Apotheke könne das für sich entscheiden, schließlich handele es sich um ein Genuss- und kein Heilmittel.
Ralf Wittenbröke, Inhaber der Mozart-Apotheke in Kreuzberg, hat sich schon entschieden. Der Aufwand sei zu groß, zu viel Bürokratie, zu groß die Kontrollpflichten und der Beratungsbedarf. „Dazu habe ich keine Lust“, sagt er. In seinen Augen sind Menschen, die sich „Bronchien und Gehirn mit Cannabis verkleben“ wollten, beim Tabakhändler ohnehin besser aufgehoben.
Roland Schmidt, Inhaber der Friedrichstadt-Apotheke, kann sich das für sein Geschäft dagegen gut vorstellen. Gerade wegen des großen Beratungsbedarfs könne die Abgabe nur durch Apotheken erfolgen.
Der Hanfverband ist schon weiter: Am besten wären eigene Fachgeschäfte mit geschulten Verkäufern – gern mit eigenen Drogenerfahrungen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kürzungen im Kulturetat von Berlin
Gehen Kassiererinnen in die Oper?
Argentinien ein Jahr unter Javier Milei
Arm sein im Anarcho-Kapitalismus
„Kanzlerkandidatin“ der AfD
Propagandashow für Weidel
FDP und D-Day
Staatstragende Partei, die von Kettensägenmassakern träumt
Offensive in Syrien
Ist ein freies Syrien möglich?
Journalist über Kriegsgefangenschaft
„Gewalt habe ich falsch verstanden“