CSU-Klausur in Wildbad Kreuth: Die Angst im Nacken
Die CSU fürchtet, bei der Landtagswahl in Bayern ihre Mehrheit zu verlieren. Ihre Hoffnungen setzt die Partei ausgerechnet auf den gefallenen Exminister zu Guttenberg.
WILDBAD KREUTH taz | Die aus seiner Sicht wohl wichtigste Frage beantwortet Horst Seehofer neuerdings immer schon, bevor er danach gefragt wird. "Wir sind sehr, sehr gelassen und ruhig", sagte der bayerische Ministerpräsident zu Beginn der Klausurtagung der CSU-Landesgruppe in Wildbad Kreuth mit Blick auf die nächsten Landtagswahlen in Bayern im Herbst 2013.
Dabei gibt es wenig Anlass für Ruhe. Eine aktuelle Umfrage im Auftrag des BR-Politikmagazins "Kontrovers" sieht die CSU derzeit bei 44 Prozent. Wäre morgen Landtagswahl, würde das für die Mehrheit reichen - vor allem, weil kleine Parteien wie die Piraten oder die Linke, mit denen keiner koalieren will, die nötige Stimmenzahl senken.
Doch die Umfrage zeigt auch: Der Vorsprung gegenüber dem Dreierbündnis aus SPD, Grünen und Freien Wählern, dem erstmals seit Jahrzehnten eine echte Chance auf einen Regierungswechsel zugesprochen wird, schwindet. Mehr noch: Die FDP als traditioneller Koalitionspartner der CSU würde den Einzug in den Landtag verfehlen, die CSU wäre auf sich allein gestellt. Sie muss die absolute Mehrheit der Mandate erringen, oder es droht die Opposition. Fast unvorstellbar für die Partei, die Bayern seit 1957 durchgehend regiert.
Herausgehobene Position für Guttenberg
Seehofer gibt sich angesichts der Zahlen bescheiden zuversichtlich. Die Umfragewerte seien "Rückenwind und Mahnung zur Vorsicht zugleich", sagte er kurz nach dem Eintreffen in Wildbad Kreuth und gibt zu: Die CSU müsse sich "gewaltig anstrengen", um das Vertrauen der Bevölkerung auszubauen.
Zu einem Wahlsieg beitragen soll nun ausgerechnet der ehemalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Laut BR-Umfrage ist der gefallene Minister nach wie vor der beliebteste Politiker in Bayern - noch vor Seehofers Herausforderer, Münchens SPD-Oberbürgermeister Christian Ude. Klar, dass der Ministerpräsident auf den Sympathieträger nicht verzichten will. Vergeben und vergessen scheinen sowohl die Plagiatsaffäre als auch dessen Kritik an der CSU.
Bereits vor Beginn der Kreuther Klausurtagung hatte Seehofer verkündet, Guttenberg komme für eine "herausgehobene Funktion" in Betracht, wenn er zur "Teamarbeit" bereit sei. Die Botschaft ist klar: Guttenberg soll sich in Zukunft demütiger gebärden und aufhören, auf die CSU zu schimpfen. Hält er sich daran, stehen ihm in der Partei alle Türen offen - Spitzenämter und Ministerposten inklusive.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione