CO2-Steuer für Neuwagen: EU will Limousinen teurer machen
Neuwagen sollen ab 2012 durchschnittlich nur noch 130 Gramm CO2 in die Luft blasen dürfen - das plant die EU-Kommission. Doch schwere Autos bekommen Rabatt.
Selten waren sich Umweltschützer und Autoindustrie so einig. "Mit dem heutigen Vorschlag zur CO2-Regulierung wird weder dem Klimaschutz noch der wirtschaftlichen Vernunft gedient", sagte Matthias Wissmann, Präsident des deutschen Automobilverbands (VDA), über den Entwurf der EU-Kommission zur Verminderung klimaschädlicher Gase bei Personenwagen. Auch Umweltverbände äußerten sich entsetzt - weil ihnen der Vorschlag nicht weit genug geht. EU-Industriekommissar Günter Verheugen war zur Vorstellung der Pläne erst gar nicht erschienen; er hatte für einen milderen Umgang mit den deutschen Autointeressen geworben.
Ab 2012 soll für alle neu zugelassenen Autos festgelegt werden, wie viel CO2 sie pro Kilometer in die Luft blasen dürfen. Ziel ist, die Emissionen im Schnitt auf 130 Gramm pro Kilometer zu senken - derzeit liegt der Grenzwert bei 163 Gramm. Der Ausstoß wird nach Gewicht des Fahrzeugs gestaffelt: Schwere Pkws dürfen mehr Sprit verbrauchen als leichte.
Dem Vorschlag entsprechend müssten DaimlerChrysler oder BMW ab 2012 Modelle auf den Markt bringen, die 45 Gramm CO2 weniger in die Luft blasen. Fiat müsste seine Flotte so modernisieren, dass 22 Gramm eingespart werden, bei Peugeot Citroën wären es nur 16. Nach den Berechnungen der Kommission wird dadurch ein Neuwagen durchschnittlich 1.300 Euro teurer. Kleinwagen werden wohl nur einige hundert Euro mehr kosten, bei "Premiummarken" könnten es mehrere tausend sein.
Über die Progressionskurve, die diesem Aktionsplan zugrunde liegt, war im Vorfeld heftig gestritten worden. Frankreichs Präsident Sarkozy hatte gefordert, die Hersteller schwerer Autos stärker in die Pflicht zu nehmen und Kleinwagenhersteller zu entlasten. Ihn trieb dabei allerdings nicht die Sorge um das Klima, sondern der Vorteil, den das für französische Marken wie Renault oder Peugeot bedeutet hätte.
Herstellern, die ihr Luxusimage nicht verlieren wollen, bleibt nach dem Kommissionsvorschlag ein Ausweg: Sie können entweder die Strafen bezahlen, die ab 2012 fällig werden: zunächst 20 Euro pro zugelassenen Pkw und je Gramm CO2 pro Kilometer; 2015 wären es schon 95 Euro. Alternativ können sie sich mit Kleinwagenkonkurrenten, die ihr Sparsoll übererfüllt haben, zu "Pools" zusammenschließen.
Fiat und Peugeot werden sich die Verschmutzungsrechte sicher gut bezahlen lassen. Der Mechanismus könnte einen weiteren Innovationsanreiz für die ohnehin sparsamen Kleinwagen bringen. In den hohen Gewichtsklassen aber tut sich auch künftig nichts. Insofern ist Matthias Wissmanns Kritik an dem geplanten System durchaus berechtigt: "Solche Zahlungen sind innovationsfeindlich und helfen nicht dem Klima. Sie würden besser für neue Technologien als für Transferzahlungen in andere europäische Länder eingesetzt."
Neue Technologien hatten die Autobauer schon in ihrer freiwilligen Selbstverpflichtung 1996 versprochen, bis heute jedoch nicht entwickelt. Deshalb sind gesetzlich verordnete Sparziele überfällig. Das sieht die deutsche Bundesregierung aber anders. Ausgerechnet Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD), der sich in Bali so medienwirksam für mehr Klimaschutz eingesetzt hatte, sprach gestern von einem "Wettbewerbskrieg gegen deutsche Autohersteller".
Allzu hart wird es aber nicht kommen. Dafür werden 99 deutsche Abgeordnete und viele andere Freunde dicker Autos im EU-Parlament schon sorgen.
Leser*innenkommentare
Peter Curths
Gast
Den Fahrern von Dreckschleudern machen doch ein paar Tausend Euro mehr nichts aus. In dieser Einkommensklasse und Menschenklasse ist es doch egal, ob ein Auto 50.000 Euro oder 100.000 Euro kostet.
Eine Verbesserung der C02-Bilanz wird nur dadurch erreicht werden, dass die vielen Kleinwagenbesitzer mangels Verfügbarkeit von Euro nicht mehr Autofahren können.