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CO2-Bilanz der Bezirks-DienstwagenSchmutziges Lichtenberg

Wie viel CO2 stoßen Berlins BezirksbürgermeisterInnen beim Fahren aus? Die Zahlen liegen vor – und zwei Grüne ganz vorne in Sachen Klimaneutralität.

Entscheidend ist, was hinten rauskommt – gilt auch fürs Kohlendioxid Foto: dpa

Deutschland, deine Dienstwagen: Immer wieder haken Ökoverbände oder kritische Abgeordnete nach, wie es um die Karossen des politischen Leitungspersonals in Sachen Nachhaltigkeit bestellt ist. Und regelmäßig kommen erschreckende CO2-Bilanzen ans Licht. Wie beim gepanzerten Mercedes-Benz S-Guard 600 des Regierenden Bürgermeisters (Baujahr 2016, also das Auto). Der verströmt, zumindest nach den eher pessimistischen Messungen der Deutschen Umwelthilfe, 408 Gramm CO2 pro gefahrenem Kilometer und ist somit unter den Fahrzeugen aller deutsche Länderchefs und -chefinnen die größte Klimasau.

Heute soll es aber mal um die zwölf kleinen FürstInnen Berlins gehen. Was die BezirksbürgermeisterInnen so beim Herumkutschieren in die Luft entlassen, zeigt jetzt die Antwort von Umwelt-Staatssekretär Stefan Tidow (Grüne) auf eine parlamentarische Anfrage seines Parteifreunds Georg Kössler.

Um gleich das Extrem zu benennen: Am schmutzigsten geht es in Lichtenberg zu. Bürgermeister Michael Grunst (Linke) ist in einem Audi A6 unterwegs, CO2-Ausstoß 150 g/km. Das liegt klar über dem Grenzwert von 130 g/km, den die Verwaltungsvorschrift Beschaffung und Umwelt (VwVBU) bis 2018 für solche Pkws festlegte, und den sie für 2019 sogar auf 120 g/km abgesenkt hat. Tidow schreibt in seiner Antwort, das Lichtenberger Chefgefährt entspreche „nicht den inhaltlichen Vorgaben“, auch berufe man sich nicht auf die Härtefallregelung.

Ginge auch gar nicht, denn im Gegensatz zu Michael Müller sind BezirksbürgermeisterInnen keine über die Maßen gefährdeten Personen des öffentlichen Lebens. Die meisten von Grunsts KollegInnen erfüllen denn auch die Norm – oder übererfüllen sie: „Die Bezirksbürgermeisterin verfügt nur über ein Fahrrad“, heißt es in Bezug auf Monika Herrmann, grüne Bürgermeisterin von Kreuzberg-Friedrichshain. Auch der ebenfalls grüne Stefan von Dassel (Mitte) verzichtet auf einen Dienstwagen, und Sören Benn (Linke) rollt rein elektrisch in einem Audi e-tron 55 quattro durch Pankow.

Es folgen BMWs und Audis, ein paar hart am Grenzwert, aber Besserung ist angekündigt: So fährt Reinhard Naumann (Charlottenburg, SPD) einen BMW 520i, der als reiner Benziner 120 g/km emittiert, bereits bestellt ist derweil ein Hybrid aus derselben bayerischen Motorenschmiede, der dann nur noch 52–47 Gramm Kohlendioxid auf 1.000 Meter ausstößt.

Gerissen wie ein Reinickendorfer Fuchs ist dagegen Frank Balzer (CDU). Sein Mercedes E 300 kommt auf ebenso stolze wie unzulässige 145 g/km. Allein: Das Bezirksamt im hohen Norden lässt mitteilen, man lease den Dienstwagen im Jahresrhythmus. Und somit bleibe der Auftragswert locker unter den 10.000 Euro, bei denen die VwVBU in Kraft tritt.

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2 Kommentare

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  • Jetzt versteht man, warum bestimmte Leute so blass aussehen.



    Übrigens gibts in Hermanns Kreuzbg - F'hain eine gelungene Umwandlung einer ehemaligen Frustzone in eine fahrradfähige Straße: Das ist die Mariannenstraße zwischen Skalitzer und Kottbusser Brücke. Und im Wrangelkiez gibts jetzt ein paar Diagonalsperren gegen jene nervigen Typen, die schon vor der Haustür bei mangelnder Autobahn zu heulen anfangen. Fehlen nur noch ein paar Hundert anderer Straßen, um die Standards von Kopenhagen zu erreichen.



    Wie ich die Berliner Verwaltung kenne, wird aber eher die Oranienstraße ausgebaggert und seetauglich gemacht, um Kreuzfahrt zu ermöglichen, als dass sich etwas für Radfahrer tut. Keiner hat die Absicht, eine Verkehrswende zu ermöglichen.

    • @Ataraxia:

      Das Zitat beginnt m.W. korrekterweise mit "Niemand hat..."

      Ansonsten haben Sie leider recht.



      In Ulm werden verkehrstechnisch abseits liegende Vorortstraßen zu "Fahrradstraßen" umgewidmet.



      Natürlich unter Beibehaltung alle dortigen Parkplätze und ohne Ersatzzufahrt für Autofahrer.



      Es ändert sich also: Nichts.



      Ach doch: Die störenden Bodenwellen gabs früher nicht.

      Grüße aus selbiger..