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CDU/CSU-Unterstützung für SteinmeierBesser als plumper Pseudofeminismus

Pascal Beucker
Kommentar von Pascal Beucker

Dass sich die Union für die Unterstützung für Steinmeiers erneute Kandidatur entschieden hat, ist Ausdruck ihrer Schwäche. Trotzdem ist es erfreulich.

Hausherr oder Hausherrin? Wer empfängt die nächsten Staatsgäste Foto: Jürgen heinrich/imago

S chon bemerkenswert, welch salbungsvollen Worte die Vorsitzenden von CDU und CSU am Mittwoch für Frank-Walter Steinmeier gefunden haben, um ihre Unterstützung für seine erneute Kandidatur als Bundespräsident zu erklären. Ganz so, als hätte sich die Union überhaupt nichts anderes vorstellen können.

Das ist selbstverständlich geflunkert. Vor und hinter den Kulissen haben führende Unionspolitiker:innen, wie Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst, offensiv für eine eigene Kandidatin geworben. Der designierte CDU-Vorsitzende Friedrich Merz bezeichnete es noch im Dezember als „selbstverständlich“, eine Frau gegen Steinmeier antreten zu lassen.

Dass sich die Union jetzt eines Besseren besonnen hat, ist Ausdruck ihrer gegenwärtigen Schwäche. Trotzdem ist es erfreulich. Damit erspart sie der Republik eine peinliche Aufführung von Polittaktizismus.

Was hätten CDU und CSU denn ­gegen die Wiederwahl Steinmeiers, den sie selbst mit ins Amt gebracht haben, ernsthaft vorbringen wollen? Schließlich hat der Sozialdemokrat während seiner bisherigen Amtszeit nichts getan, was die Union verärgert haben könnte. Und dass er ein Mann ist, war auch bereits vor fünf Jahren bekannt, ohne dass es sie gestört hätte.

Unangenehm instrumenteller Umgang

Ja, es wäre an der Zeit, dass nach mehr als 72 Jahren und 12 Bundespräsidenten endlich auch mal eine Frau ins Schloss Bellevue einzieht. Vorbei sollte jedoch die Zeit sein, in der Union oder SPD immer nur dann eine Frau ins Rennen um das Bun­des­prä­si­den­t:in­nen­amt schicken, wenn deren Kandidatur aussichtslos ist. Denn das ist ein unangenehm instrumenteller Umgang, der der Vergangenheit angehören sollte

Der Antritt Annemarie Rengers 1979 war immerhin noch ein politisches Zeichen, war es doch das erste Mal, dass eine der beiden großen Volksparteien überhaupt eine Kandidatin aufgestellt hatte.

Aber schon die Kandidaturen von Dagmar Schipanski und Gesine Schwan hatten einen großen Makel: Als bloße Zählkandidatinnen waren sie ihren Parteien gut genug; als sie jedoch eine reale Chance gehabt hätten, tatsächlich gewählt zu werden, nominierten die Union und die SPD jeweils lieber einen Mann. Dabei spricht nichts dafür, dass Schipanski und Schwan das Amt schlechter ausgefüllt hätten als Horst Köhler und Frank-Walter Steinmeier.

Wie schon 2017 kann sich Steinmeier am 13. Februar darauf freuen, mit einer großen Mehrheit von der Bundesversammlung gewählt zu werden. Seiner zweiten und letzten Amtszeit steht also nichts mehr entgegen. 2027 sollte es eine aussichtsreiche Bewerberin um seine Nachfolge geben. Eine Bundespräsidentin ist längst überfällig.

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Pascal Beucker
Inlandsredakteur
Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft. Sein neues Buch "Pazifismus - ein Irrweg?" ist gerade im Kohlhammer Verlag erschienen.
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3 Kommentare

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  • Weshalb bezieht sich dieser Artikel ausschließlich auf die CDU? Die Grünen haben ebenso plump über eine Kandidatur nachgedacht, die sich alleine am Geschlecht ausmacht.

  • Es wird Zeit, dieses überflüssige Amt ganz abzuschaffen.



    Bis dahin kann Steinmeier ruhig bleiben, das spart das Geld für die Altbupräs.

    • @Io Jap:

      Daß ein Bundespräsident eine gute Sache sein kann, sieht man wenn es ernste Regierungskrisen gibt - wie die letzten paar Jahre in Österreich. Gut, dort ist der BP direkt gewählt und deutlich mächtiger als bei uns und obendrein ein Grüner, aber dennoch. Ein (Alt-) Bundespräsident samt Stab kostet pro Jahr in etwa so viel wie das Sozialsystem pro Minute - das kann sich das Land noch leisten.