CDU sinniert über „Projektregierung“: Erfurter Gedankenspiele

Ernsthafter Vorschlag oder PR-Gag der CDU? Ministerpräsident Ramelow setzt in Thüringen weiter auf eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung.

Portraitfoto von Mike Mohring

CDU-Frontmann Mike Mohring hält den Vorschlag einer „Projektregierung“ für „diskussionswürdig“ Foto: Frank Hörmann/SVEN SIMON/imago images

ERFURT taz | Die Thüringer CDU ringt weiter mit dem Ergebnis der Landtagswahl. Mit der Idee einer „Projektregierung“ hat sich jetzt der frühere christdemokratische Ministerpräsident Dieter Althaus aus dem Politvorruhestand gemeldet. In der Thüringer Allgemeinen und gegenüber dem MDR warb er dafür, dass sich die CDU und die Linkspartei unter Vermittlung von Ex-Bundespräsident Joachim Gauck auf 10 bis 15 Projekte verständigen, die dann von einer von beiden Parteien getragenen und vorwiegend aus „Experten“ bestehenden Regierung umgesetzt werden könnten.

In einem ZDF-Interview hatte Altbundespräsident Gauck am Sonntag der CDU geraten, „über ihren Schatten zu springen“ und „irgendwelche Wege“ zu finden, um einer vom derzeit geschäftsführenden Ministerpräsidenten Bodo Ramelow geführten Minderheitsregierung „zum Regieren zu verhelfen“. Es müsse „eine Form gefunden werden, wie mit konkreten Absprachen Regierungsfähigkeit hergestellt wird“. Das bilde zum einen „die Meinung sehr vieler Menschen ab“. Zum anderen wäre es „gesamtgesellschaftlich nicht nützlich“, wenn die CDU als eine Partei erscheine, „die Regierungshandeln verhindert“, so Gauck.

„Ich begrüße jede Bewegung in der CDU, die am Ende zu einer verlässlichen Regierungsarbeit führt“, kommentierte Ramelow diplomatisch den Vorschlag von Althaus. Allerdings kenne er ihn bislang nur aus der Zeitung. „Wenn jemand darüber reden möchte, muss er meine Partei einladen und dann sagen, was genau er mit einer Projektregierung meint“, sagte der derzeit nur geschäftsführende Regierungschef am Donnerstag der dpa.

Er halte „den von Dieter Althaus formulierten Vorschlag einer Projektregierung für diskussionswürdig“, sagte Thüringens CDU-Partei- und Fraktionschef Mike Mohring. Auch für ein Gespräch mit Ramelow unter Vermittlung von Gauck sei er offen. Gäbe es eine solche Einladung Gaucks, „werde ich in der CDU dafür werben, diese Einladung anzunehmen und ein solches Gespräch zu führen“, sagte Mohring.

Skeptische Linke

Äußerst skeptisch zeigt sich hingegen Benjamin Hoff. „Die CDU Thüringen bleibt bei ihrem Zickzackkurs“, sagte der Chef der Staatskanzlei der taz. Wer wirklich mit seiner Partei über politische Projekte reden wolle, müsse Orte des Austauschs suchen und schaffen. „Davon ist die Mohring-CDU weit entfernt“, sagte der Linksparteiler. Denn es dominierten Abgrenzung und Machtdemonstrationen. „Das schafft kein Vertrauen und degradiert den von Dieter Althaus ernst gemeinten Vorschlag zu einem PR-Gag des politischen Spielers Mike Mohring.“

Ähnlich äußerte sich SPD-Landeschef Wolfgang Tiefensee. „Die Thüringerinnen und Thüringer haben genug von immer neuen politischen Spielchen und Nebelkerzen“, teilte er mit. Die Grüne Anja Siegesmund sprach von einer „Finte“.

Bei der Landtagswahl war die Linkspartei von Regierungschef Ramelow stärkste Kraft geworden. Laut dem amtlichen Endergebnis gewann sie 31 Prozent der Stimmen. Auf dem zweiten Platz folgte die AfD mit 23,4 Prozent, die CDU landete mit 21,7 Prozent nur auf dem dritten Platz. Die SPD bekam 8,2 Prozent, die Grünen errangen 5,2 Prozent und die FDP 5 Prozent der Stimmen.

Rot-Rot-Grün fehlen im Landtag vier Stimmen. Gleichwohl setzt Ramelow weiter auf eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit SPD und Grünen. Bis Mitte Januar soll ein gemeinsames Regierungsprogramm stehen. „Und ich rechne damit, dass auf dieser Basis eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung gebildet werden kann“, sagte er der dpa.

Am Montag treffen sich allerdings zunächst erstmalig die im Landtag vertretenen Parteien mit Ausnahme der AfD, um über die schwierige Regierungsbildung zu reden. „Ich bin gespannt, wie sich CDU und FDP die Arbeit im Parlament vorstellen und ob sie bereit sind, destruktive Mehrheiten von Schwarz, Gelb, Blau zu verhindern“, sagte Ramelow.

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