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CDU debattiert UN-MigrationspaktKritik an Spahn-Vorstoß

Typisch Spahn: Der Kandidat für den CDU-Vorsitz lehnt den UN-Migrationspakt nicht direkt ab, regt aber an, ihn zu erörtern. Was halten andere CDUler davon?

Kommt er mit seinem Vorschlag zum UN-Migrationspakt bei der CDU vielleicht doch nicht durch? Foto: reuters

Berlin dpa | In der Diskussion über den geplanten UN-Migrationspakt stößt Gesundheitsminister Jens Spahn in der CDU auf Kritik mit seinem Vorschlag, über eine deutsche Zustimmung erst noch auf dem Parteitag im Dezember zu diskutieren. Mehrere christdemokratische Politiker wiesen die Idee des CDU-Vorsitzkandidaten, das internationale Dokument notfalls später zu unterschreiben, ebenso zurück wie von anderen erhobene inhaltliche Bedenken gegen den Pakt. Mit dem „Globalen Pakt für Migration“ wollen die Vereinten Nationen erstmals Grundsätze für den Umgang mit Flüchtlingen festlegen.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), sagte der Bild-Zeitung: „Die Unterzeichnung des Migrationspakts notfalls zu verschieben, wäre eine doppelte Führungsschwäche, die sich Deutschland nicht erlauben darf.“ Der Pakt sei auch „ein enorm wichtiger erster Schritt der internationalen Gemeinschaft, Migration zu steuern“.

Vizefraktionschef Stephan Harbarth (CDU) bewertet das ähnlich und sagte der Heidelberger Rhein-Neckar-Zeitung: „Es gibt keine Veranlassung, etwas an dem vorgesehenen Zeitplan für den UN-Migrationspakt zu ändern. Der Deutsche Bundestag wird Ende November einen Antrag verabschieden, durch den er sich eindeutig positioniert und der Bundesregierung Rückendeckung gibt.“

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte am Montag im ZDF-Morgenmagazin, er sei von Spahns Vorstoß überrascht. In der vorletzten Woche hätten die Unions-Bundestagsabgeordneten drei Stunden lang über das Thema diskutiert – „es gab eine ganz breite Mehrheit, dass wir uns hier von populistischen Kräften nicht in Boxhorn jagen lassen“. Er habe zudem nicht den Eindruck gehabt, dass sich Spahn bei jener Gelegenheit „in der Weise“ geäußert habe wie jetzt.

Nicht alle sind skeptisch gegenüber Spahns Vorstoß

Der außenpolitische Fraktionssprecher Jürgen Hardt (CDU) wies Bedenken zurück. „Diffuse Ängste werden geschürt und Menschen werden verunsichert“, sagte er der Welt. Niemand aus den demokratischen Parteien solle sich für so etwas hergeben. „Denn selbst wenn sich am Ende nichts von den Sorgen bewahrheitet, bleibt bei den Bürgern ein flaues Gefühl.“

CDU-Vizechef Thomas Strobl ließ zumindest Skepsis erkennen. Zwar sagte er Bild: „In der Partei um den richtigen Weg zu ringen, ist grundsätzlich immer vernünftig.“ Der Innenminister von Baden-Württemberg fügte aber mit Blick auf den Pakt hinzu: „Ich bin sehr dafür, dass wir für ihn werben – und absolut dagegen, dass wir aus Furcht vor der irreführenden AfD-Kampagne auch nur einen Teilrückzug vollführen.“

Allerdings sehen das nicht alle in der Union so. Der CDU-Landesverband Sachsen-Anhalt hatte auf einem Parteitag am Wochenende die Bundesregierung aufgefordert, den Pakt abzulehnen. Der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Entwicklungshilfe, Peter Ramsauer (CSU), will den UN-Pakt „nicht mittragen“.

„Durch das gesamte Dokument zieht sich eine Haltung, Migration als etwas Normales und gar Wünschenswertes anzusehen“, sagte er der Welt. „Das Unbehagen wird in unserer Fraktion und der CSU-Landesgruppe auf breiter Front geteilt.“

Der Pakt ist bereits gebilligt

Die Bundestagsfraktion von CDU und CSU hat den Pakt aber bereits gebilligt. Der CDU-Parteitag, auf dem Spahn das Thema debattieren will, findet am 7. und 8. Dezember statt – nur wenige Tage vor dem geplanten Unterzeichnungsgipfel am 10. und 11. Dezember. Kanzlerin Angela Merkel ist ebenso wie der Koalitionspartner SPD für ein klares Ja.

Außenminister Heiko Maas sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, nur mit internationaler Zusammenarbeit werde es möglich sein, Migration zu bewältigen und zu steuern. „Der UN-Migrationspakt schafft nun erstmals einen rechtlich nicht verbindlichen, aber gemeinsamen Rahmen für eine solche internationale Zusammenarbeit.“

Und FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff sagte am Sonntagabend in der ARD-Sendung Bericht aus Berlin über Spahns Vorstoß: „Völliger Unsinn. Jens Spahn hat Panik, weil Friedrich Merz und Annegret Kramp-Karrenbauer im Wettbewerb um den CDU-Vorsitz vorne liegen.“

Der UN-Migrationspakt: Der vollständige Vertragstext – kommentiert von ExpertInnen für Migration.

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11 Kommentare

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  • "mit historisch konservativen Idealen `unbegrenzten Wachstums´in die Katastrophe" !!!

    "die positiven Ideen der U.N.O. " ???

    Wo nehmen Sie nur ihren "Zukunftsoptimismus" her?

  • 9G
    99960 (Profil gelöscht)

    Ist Kritik am Migrationspakt per se populistisch?

    Mittlerweile machen sich immer mehr Menschen, die definitiv nicht zur Populismusfraktion zählen, kritische Gedanken dazu.

    www.heise.de/tp/fe...hheit-4224403.html

    www.deutschlandfun...:article_id=432730

  • Tja.. ne´ klare dpa Meldung !



    Der Herr Spahn.. drückt.. (m.E.) die allgemeine Existenzangst unserer westlichen Wohlstands-und Konsumkultur aus .. ihm fehlt sowat´ wie´n "globaler Zukunftsoptimismus"..



    .. und so wird die .."Suppe gekocht .. in der schon Horst , der Bayer.. kräftig herumgerührt hat". (Zit.von @UNSINN weiter unten..)



    ..diese `unterliegende Angst´ ist die hässliche Kraft , die den Rechtstrend legitimiert , die positiven Ideen der U.N.O. untergräbt..



    Klar ist: die globale Klimakrise , das Phänomen der Migrationsbewegungen.. die da wie "neue Naturkräfte" sichtbar werden , lassen sich nicht durch politisch/ geographisch/ ökonomisch Rechte Selbstisolerung im "Fortress Europa" oder im "Fortress USA/NATO" lösen !



    Schon Friedrich Dürrenmatt bemerkte: "Probleme die Alle angehen , können nur von Allen gemeinsam gelöst werden" .. Kritik am U.N.O. "Pakt für globale Migration" ist m.E. kontraproduktiv !



    ..provinzielles Angstdenken bringt niks...

    • 9G
      91672 (Profil gelöscht)
      @vergessene Liebe:

      Sie beschreiben das sehr gut. Und Dürrenmatt hat natürlich recht, auch, weil das Problem sehr groß ist.



      Die Eltern der nächsten Kindergeneration sind alle schon geboren und erfreuen sich, wenn sie schon kein tolles Leben haben, wenigstens ihrer Sexualität.



      Aber mit einem Gemeinsinn und ein Stück 'abgeben' bekommt man weder in Europa noch sonstwo viele Wählerstimmen. Aber das Problem des Bevölkerungswachstums und des Klimaschutzes muss gelöst werden. Ohne die NATO.

    • @vergessene Liebe:

      ".. ihm fehlt sowat´ wie´n "globaler Zukunftsoptimismus".. "

      Stellen wir uns dem entgegen. Seien wir optimistisch. Unbegrenztes Wachstum der Menschheit ist möglich.

      • @A. Müllermilch:

        Ha ha..! ..vor `langer Zeit´.. Anfang der 70´er.. redete der "CLUB OF ROME" von den "Grenzen des Wachstums" .. weil die globale Ökosphäre ihre Reproduzierbarkeit erreicht hatte ! Weil industrielle Fertigung von Gütern, Ausbeutung von Naturressourcen , die Bevölkerungsexplosion , ein `Umdenken´.. erforderlich machte ! All die historischen Ideologien "unbegrenzten Wachstums", ob in Industrie, in Ökonomie , im Verbrauch und Konsum , ob in Machtpolitik oder im Bevölkerungswachstum.. `gehen nicht mehr´.. weil unser aller Planet Erde dafür zu klein , oder zu begrenzt ist ! Populäre neue "Soziale Bewegungen" , wie "Greenpeace" .. wie die "GRÜNEN" ( Ja! ..immer noch!) und Teile in Wissenschaften und Industrie und Presse ( siehe die gute TAZ als art `primus motor´!) , agieren und verhalten sich , mit ner´ art "ökologischem Optimismus" zu den Grenzen des Wachstums..



        ..gegen Raubbau an den Naturressourcen , gegen giftige Industrien die die Natur und die Luft verpesten.. gegen antiquierte , sozial provinzielle , religiöse Denkmodelle von Macht und unbegrenztem Wachstum und deren Ängsten.. Und der `gute Herr Spahn´, eingefangen in eigener Ideologie historisch provinziellen Machtgerangels..? Es fehlt ihm, als auch der CDU .. an notwendigen Format ( Wissen? Bewusstsein? Willen..? zuviel Angst?)



        Eben: "mit historisch konservativen Idealen `unbegrenzten Wachstums´in die Katastrophe" .. na Prost !

        • @vergessene Liebe:

          Ja - da wird bei aller Liebe - selbst die vollpasteurisierte homogenisierte Müllermilch sauer - aus der dann nichemal Dickmilch machen kannst - gallenbitter. Newahr.



          Normal. Wollnichwoll.

  • Bravo, Herr Spahn!

    An die andere CDU: ich schlage vor, Ihr verkauft die CDU Sachsen-Anhalt (und grosse Teile der CSU) an die AfD. Da wären die besser aufgehoben.

    Ausserdem scheint die AfD momentan geld zu haben von dem sie nicht wissen, wohin damit.

    Win-win also!

  • Jau. So isser & Danke fürs Fotto -

    Diese rechtshändige Lockerungsübung.



    Also Jung. Das muß aber noch eulich was lockerer kommen. Aahaus’ner woll

    & Vor allem ala long für Durchm’arsch!



    No! Wie wär’s mal mit ein paar rechten Dehnungsübungen. So eher wienerisch.



    Gellewelle. Gut geübt - is gut vollbracht.



    &Däh!



    hier mal - als Model - Da liegt die Latte.



    www.akg-images.de/...6/1/AKG4096805.jpg

    & Aber Hallo - wa. Klare Kante! Gell.



    Mal nich so verschwiemelt.Wollnich!



    & Dank im Voraus - wa.



    Gute Verrichtung. Newahr.



    Normal. Wollnichwoll.…servíce.



    Njorp.

  • Da kocht Jens Spahn wieder die gleiche Suppe, in der schon Horst, der Bayer, kräftig herumgerührt hat.

    Just in den Wochen, da manchem "besorgten Bürger" klar wird, dass er vor lauter Ausländerfurcht mit Rechtsradikalen und Umsturzvorbereitern in einem Boot sitzt, macht der sich zum CDU-Vorsitzendenden berufen fühlende Spahn den Flüchtlingshassern wieder Appetit auf neue Endlos-Debatten über Migration.

    So bringt wieder mal ein prominenter, rollenbedingt unüberhörbarer Unionspolitiker für die durch Vogelschissvergleiche und Schmiergeldaffären angeschlagenen Deutsch-Alternativen Saubermänne deren Alleinstellungsthema in die Schlagzeilen, ohne dass sie selbst etwas dazu tun müssen..

    Als ob dieses rein verbale Getöse aus den CXU-Parteien auch nur einen Anhänger der "Merkel-muss-weg"-Schreier ins Unionslager zurückgebracht hätte.



    Und mit der seit Jahrzehnten wirkungslosen Strategie will dann dieser Oberstratege die vielen Zweifler wieder zur Christenunion locken und sogar noch dafür werben, dass ausgerechnet er fähig sein soll, die Grand Ould Party Nachkriegsdeutschlands kompetent zu führen.

    • 9G
      91672 (Profil gelöscht)
      @unSinn:

      Sehr gut und sehr treffend geschrieben. Nun ist es zwar nicht leicht, gegen AKK und Merz anzutreten, aber wieder einmal eine AfD-Light zu geben, ist nicht nachhaltig gedacht.



      Wir sind jetzt schon zu viele Menschen auf der Erde und die Zahl wird in einer geometrischen Kurve steigen. Nur einfach die Türe abzusperren reicht nicht.