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CDU-Politiker Bilger über Agenda 2020„Wir fordern einen Stichtag“

Die Erfolge der Agenda 2010 dürfen nicht wieder rückgängig gemacht werden, sagt Steffen Bilger von der CDU. Der Jungpolitiker tritt für die Flexirente ein.

Zukunftsvision: Alter schützt vor Arbeit nicht. Bild: dpa
Anja Maier
Interview von Anja Maier

taz: Herr Bilger, Sie sind einer der Unterzeichner des Manifests „CDU 2017“. Darin warnen junge Abgeordnete vor einer Frühverrentungswelle und fordern die Flexirente, also die Möglichkeit, länger arbeiten zu können. Was ist denn falsch an der Rente mit 63?

Steffen Bilger: Wer 45 Jahre gearbeitet hat, soll gerne vorzeitig abschlagsfrei in Rente gehen können. Ich finde es allerdings schwierig, dass Arbeitslosenzeiten angerechnet werden sollen. Unser Verständnis bei der Verabschiedung des Koalitionsvertrags war, dass die Anrechnung der Arbeitslosenzeiten auf maximal fünf Jahre begrenzt wird. Wenn schon eine Anrechnung, dann aber bitte schön nur für die Vergangenheit. Um die Belastungen für die Zukunft zu begrenzen, fordern wir deshalb einen Stichtag.

Welcher Stichtag wäre das?

Unserer Meinung nach der 1. Juli 2014, also der Tag, an dem das Rentenpaket in Kraft treten soll. Wir alle wissen nicht, wann es mal wieder Zeiten größerer Arbeitslosigkeit gibt, verbunden mit den entsprechenden größeren Belastungen. Deshalb wäre die Stichtagsregelung für uns ein tragfähiger Kompromiss.

Müsste die Union nicht konsequent sein und die Mütterrente sausen lassen?

Nein. Die Mütterrente ist für uns viel mehr eine Frage der Gerechtigkeit. Es geht überwiegend um Frauen mit einer geringen Rente, anders als bei der Rente mit 63, von der überdurchschnittlich gutverdienende männliche Facharbeiter profitieren werden.

Kürzlich haben sich die sechzig Unterzeichner von „CDU 2017“ getroffen und mit der „Agenda 2020“ ihre Kritik am Rentenpaket konkretisiert. Warum?

Es wäre zu wenig, wenn die CDU sich nur überlegt, wie sie die vier Jahre mit der SPD irgendwie hinter sich bringt. Wir wollen nicht, dass die Erfolge der Agenda 2010 weiter relativiert werden. Positives davon muss erhalten, nicht zurückgedreht werden. Deshalb haben wir Standpunkte formuliert, wie eine „Agenda 2020“ aussehen sollte.

Bild: dpa
Im Interview: Steffen Bilger

35, sitzt seit 2009 für die CDU im Bundestag. Der Ludwigsburger ist Vorsitzender der Jungen Gruppe, die die politischen Interessen jüngerer CDU-Abgeordneter vertritt.

An wen richtet sich Ihre Kritik eigentlich? An die Partei, an die Kanzlerin?

In erster Linie an die CDU insgesamt, wir sind ja ein Zusammenschluss junger CDU-Abgeordneter, die sich Gedanken über die zukünftige Ausrichtung und die Inhalte unserer Partei machen. Wir wünschen uns die CDU als diskutierende Partei. Wenn die CDU diese Impulse aufgreift, wird sich das auch auf die Regierungs- und Fraktionsarbeit auswirken.

Gibt es schon Reaktionen seitens der Partei auf die „Agenda 2020“?

Niemand hat versucht, uns einen Maulkorb zu verpassen. Aber uns wurde signalisiert: War das jetzt nötig? Jedoch auch: In einigen Punkten habt ihr recht; da sollten wir nach der Europawahl mal ausführlicher drüber diskutieren.

Bis dahin soll das Rentenpaket schon verabschiedet sein.

Wir sind zuversichtlich, dass es noch Änderungen gibt. Die Frage ist, wie diese konkret ausfallen. Selbst der Managerkreis der SPD hat sich gerade gemeinsam mit dem CDU-Wirtschaftsrat an die Fraktionsspitzen gewandt und vor dem vorliegenden Rentenpaket gewarnt.

Wo sehen Sie noch Spielraum?

Auch die SPD kann kein Interesse an einer Frühverrentungswelle haben. Hier erwarten wir konkrete Maßnahmen, wir werden um den Stichtag bei der Anrechnung der Arbeitslosenzeiten kämpfen, und wir erwarten einen konkreten Vorschlag für die Flexirente.

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3 Kommentare

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  • "Erfolge der Agenda 2010"???

    Dass die BRD heute, um als "erfolgreich" zu gelten, sich nur noch im Vergleich mit Staaten wie Griechenland, Italien, Spanien, Portugal oder den osteuropäischen Staaten dsrstellen kann?

    Dass die skandinavischen Staaten, selbst die kleinen Benelux-Staaten uns mit ihrer Pro-Kopf-Produktivität schon längst abgehängt haben?

    Dass Rentner in Mülltonnen rumsuchen müssen, um zu überleben?

    Dass junge Menschen Ausländern die Fresse polieren, weil sie diesen die Schuld an ihrer Perspektivlosigkeit geben?

     

    Naja, vielleicht gelingt Herrn Bilger ja eine Agenda 2020, nach der sich die BRD wohl fühlen kann, wenn unsere Produktivität noch besser ist als die von Uganda und dem Kongo. Und wo Rentner einfach gleich mit dem 65.Lebensjahr automatisch selbst auf dem Müll landen.

  • „Wir wollen nicht, dass die Erfolge der Agenda 2010 weiter relativiert werden. Positives davon muss erhalten, nicht zurückgedreht werden. Deshalb haben wir Standpunkte formuliert, wie eine „Agenda 2020“ aussehen sollte.“

     

    - Ja genau: Die Agenda 2010 war ein voller Erfolg! Wir brauchen noch mehr desselben! Wir brauchen die Agenda 2020!

     

    Wir brauchen noch mehr Deregulierung mit Zeitarbeit und Niedriglohn und Ausbeutung auf dem Arbeitsmarkt, eine Absenkung der Hartz IV Regelsätze, und und und – den neoliberalen Blockparteien sei Dank werden der Politik die Ideen garantiert nicht ausgehen, wenn es darum geht, die Menschen in diesem Land weiterhin zugunsten der Profite einer kleinen Minderheit maximal auszubeuten, zu demütigen und sozial zu degradieren, wenn sie keinen Profit mehr abwerfen!

     

    Dieser Weg der Agenda 2020 ist – na was schon? Alternativlos natürlich! Willkommen in der Asozialdemokratur der neofeudal reformierten Bananenrepublik Deutschland des Jahres 2014!

     

    Dass Leichen den Weg der Agenda 2010 pflastern und die soziale und gesundheitliche Basis für zahllose Menschen zerstört wurde – wen kümmert's, solange nur die Profite für das obere Prozent munter weiter sprudeln!

     

    Applaus, Applaus! Vorhang auf! - Bringt bitte noch ein paar Blümchen mit für diejenigen, die dem Sozialdarwinismus in diesem Land leider nicht mehr gewachsen waren:

     

    http://www.youtube.com/watch?v=F3A9fwHClbI

  • "Wir wollen nicht, dass die Erfolge der Agenda 2010 weiter relativiert werden."

     

    Steffen Bilger weiß - glaube ich - nicht so recht, worüber er hier eigentlich redet. Die Kosten für Hartz-IV sind drastisch über den alten Kosten, die Vermittlung deutlich darunter. Und vielerorts subventioniert der Staat miese Arbeitsverhältnisse - massiv und zu Lasten der Steuerkasse. Der Verwaltungsaufwand fürs Aufstocken ist hoch, die Gerichte sind voll mit Klageschriften von Betroffenen.

     

    Und: Ein Ende ist noch nicht in Sicht. Meiner Meinung nach sollte man in seinem Wahlkreis dieses Interview an seine Wähler verteilen. Seine Ideen zur Flexirente sind nichts anderes als Übelegungen niedrige Löhne bis zum Lebensende zu erlauben. Tolle Idee.