CDU-Pleite bei Saarland-Wahl: Zusammen gewinnen, allein verlieren
Nach dem Landtagswahl-Debakel im Saarland wirkt die CDU ungeschlossen. Parteichef Merz betont die Bedeutung von Landesthemen für den Wahlausgang.
![Friedrich Merz auf einem Podium Friedrich Merz auf einem Podium](https://taz.de/picture/5474881/14/29846570-1.jpeg)
Tobias Hans, der Noch-Ministerpräsident und Landeschef, hat die Wahl nicht einfach verloren. Mit ihm an der Spitze ist die Saar-CDU dramatisch abgestürzt, mit 28,5 Prozent der Stimmen hat sie das schlechteste Ergebnis seit der Angliederung des Saarlands an die Bundesrepublik eingefahren. Nach 22 Jahren an der Macht muss die CDU in die Opposition – und die SPD kann mit absoluter Mehrheit regieren.
„Wir gewinnen zusammen und wir verlieren zusammen“, sagt Merz jetzt. Das hört sich nach Solidarität an, doch schnell wird klar, dass es wohl nicht mehr als eine Floskel ist. Denn dann betont Merz die Bedeutung der „landesspezifischen Themen“ für den Ausgang der Wahl und dass die CDU bundespolitisch nicht schlecht dastehe. Ganz ähnlich hatte schon Generalsekretär Mario Czaja versucht, die Wahlniederlage an der Saar von Merz fernzuhalten.
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Tobias Hans ist per Video aus Saarbrücken zugeschaltet. Er hat sich entschieden, wegen der Landesgremien, die am Nachmittag tagen, im Saarland zu bleiben. Er übernehme die politische Verantwortung, sagt Hans und kündigt persönliche Konsequenzen an. Das hat er genau so bereits am Sonntagabend gesagt, konkretisieren will er es erst später am Tag. Die meisten Beobachter:innen rechnen mit einem Rücktritt vom Landesvorsitz; fraglich ist, ob Hans, der sein ganzes berufliches Leben in der Politik verbracht, auch sein Landtagsmandat niederlegen wird.
Irgendwann ist Hans’ Bild von der Videoleinwand verschwunden, nur seine Stimme hört man noch. Das wirkt so, als würde er sich bereits aus dem politischen Berlin verabschieden. Hans dankt noch für die Wahlkampfhilfe „aus ganz vielen anderen Landesverbänden“. Auffällig ist: Merz dankt er nicht. Dieser hatte sich im Wahlkampf äußert rar gemacht.
Ende für den Hoffnungsträger
In Saarbrücken spricht der Landtagsfraktionsvorsitzende Alexander Funk unterdessen von einer „historischen Niederlage“ und kündigt an, dass der CDU-Landesband seine Neuaufstellung noch vor der Sommerpause regeln werde. Die Nachfolge des Landesvorsitzenden solle unter Beteiligung der Basis erfolgen. Damit ist klar: Funk hat Hans auf diesem Posten bereits abgeschrieben. Der Regierungswechsel vor vier Jahren, sagt Funk weiter, als Hans als Nachfolger von Annegret Kramp-Karrenbauer als Ministerpräsident installiert wurde, sei in Hinterzimmern geregelt worden. Das müsse dieses Mal anders laufen.
Mit Hans geht der CDU einer derer verloren, den man in ihrer jüngeren Generation – was bei den Christdemokrat:innen jene in den 40ern sind – für einen Hoffnungsträger gehalten hat. Zwei weitere dieser Hoffnungsträger, die Ministerpräsidenten in Schleswig-Holstein und NRW, Daniel Günther und Hendrik Wüst, müssen sich im Mai den Wähler:innen stellen. Während es für Günther in den Umfragen derzeit ganz gut aussieht, muss Wüst bangen. Wie Hans hat er das Manko, nicht durch eine Wahl an seinen Posten gekommen zu sein, sondern diesen von seinem Vorgänger quasi geerbt zu haben.
Die Saar-CDU hat viele Stimmen an die SPD verloren, ein Teil ihrer Anhänger:innen ist nicht zur Wahl gegangen. Nicht unbedeutend ist auch eine dritte Gruppe: ehemalige CDU-Wähler:innen, die verstorben sind. Unter den über 60-Jährigen, die noch leben, hat die Partei einen derben Einbruch erlebt.
Was zu der Frage führt, ob Hans, der innerhalb der CDU zu den eher liberalen Kräften gezählt wird, für die konservativen Saar-Christdemokrat:innen möglicherweise zu fortschrittlich war. Die Erklärung für seine fehlende Popularität könnte aber auch in seinem Wankelmut liegen. Mal war Hans für eine einrichtungsbezogene Impfpflicht, kurze Zeit später dagegen, mal setzte er sich für das Gendern ein, dann ließ er es wieder, zuletzt drehte er ein peinliches Video an einer Tankstelle und forderte eine Spritpreisbremse. Das überzeugte viele Wähler:innen nicht.
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