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CDU-Parteitag in Baden-WürttembergDie Partei rechnet mit Mappus ab

Heftige Kritik mussteStefan Mappus auf dem Parteitag der CDU in Karlruhe einstecken. Er habe der Partei geschadet und gegen das Demokrativerständnis der Partei gehandelt, so Parteikollegen.

Im Visier von fast allen: Stefan Mappus. Bild: dapd

KARLSRUHE dpa | Die von der EnBW-Affäre erschütterte Südwest-CDU hat beim Landesparteitag schonungslos mit Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus abgerechnet. Parteivorsitzender Thomas Strobl hielt Mappus vor, er habe mit seinem Gebaren bei dem Milliardengeschäft der Partei geschadet. So sei der Eindruck entstanden, dass Mappus beim EnBW-Deal dem Investmentbanker Dirk Notheis die Kontrolle überlassen habe. „Damit ist ein Schaden für die Glaubwürdigkeit der Politik und der CDU entstanden“, sagte der Parteichef am Samstag vor 350 Delegierten in Karlsruhe.

„Es muss das Primat der Politik gelten.“ Der E-Mail-Verkehr zwischen Mappus und Notheis zum Kauf der Anteile an dem Energieversorger mache ihn „fassungslos und fasst mich an“. Nun stehe auch noch der „ungeheuerliche Vorwurf“ im Raum, Mappus habe wissentlich einen überhöhten Kaufpreis akzeptiert.

Er könne dies nicht beurteilen, dafür seien nun die Gerichte zuständig. „Deshalb sollten wir Stefan Mappus nicht vorverurteilen“, sagte Strobl zu den Ermittlungen gegen den Ex-Regierungschef wegen des Verdachts der Untreue. Nach einem Gutachten soll Mappus 840 Millionen Euro zu viel für den Energieversorger gezahlt haben.

CDU-Fraktionschef Peter Hauk zeigte sich von Mappus enttäuscht: „Mit diesem Politikstil können wir uns nicht identifizieren. Das entspricht nicht dem Demokratieverständnis der CDU.“ Mappus habe Rechtsfehler gemacht und „grob fahrlässig“ gehandelt.

„Wir sind zu unkritisch gefolgt“

Auch der Unions-Fraktionschef im Bundestag, Volker Kauder (CDU), räumte ein: „Wir haben schwere Zeiten im Augenblick.“ Ohne Mappus zu erwähnen, sagte er: „Wo Fehler gemacht worden sind, müssen sie offen angesprochen werden.“ Es dürfe aber keine Vorverurteilungen geben. Gleichzeitig betonte er: „Die CDU Baden-Württemberg wird dringend gebraucht in diesem Land.“

Strobl sieht seine Partei ein Jahr nach der verlorenen Landtagswahl vor einer „der schwersten Bewährungsproben“. Es führe kein Weg daran vorbei, auch eigene Versäumnisse einzugestehen. „Unser Fehler war, dass wir allzu lange und allzu unkritisch gefolgt sind.“

In seiner Rede geißelte der CDU-Landesvorsitzende die Finanzpolitik der grün-roten Regierung. „Grün-Rot legt künftige Generationen in Ketten.“ Statt wie Bayern eine Nullverschuldung anzustreben, wolle die Koalition bis 2020 mehrere Milliarden neue Schulden machen. Das Motto der CDU müsse sein: Geld für Bildung statt für Zinsen.

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13 Kommentare

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  • B
    Branko

    "Das Motto der CDU müsse sein: Geld für Bildung statt für Zinsen."

     

    Okay, unterstellen wir mal der Union, dass sie das plötzlich nicht nur so meint, sondern wider besserer Erfahrung auch tatsächlich so machen möchte.

    Schwer zu glauben, ich weiss - soll ja nur ein Gedankenexperiment sein.

    Reissen wir uns einen Augenblick zusammen, und wischen uns die Lachtränen aus dem Auge.

    Immerhin heisst es ja auch nur "Motto müsse sein". Nicht "Aufgabe ist".

    In der gültigen Übersetzung der zehn Gebote steht auch nur "Du sollst..."

     

    Also dann,

    könnte man doch die Aussage aufstellen,

    dass die Steuergesetze von jedem Hauptschulabsolventen verstanden werden müssen,

    da sonst entweder die Gesetzgebung zu kompliziert und undurchsichtig ist

    oder das Bildungssystem nicht ausreichend ist.

     

    Oder von welchem Demokratieverständnis geht man aus, wenn man Gesetze macht, die alle Bürger betreffen, aber von grossen Teilen der Bevölkerung nicht verstanden werden?

     

    Für mich ist das ganz klar die Definition einer Zweiklassengesellschaft.

    Und diese entspricht nicht meiner Definition einer wahren Demokratie.

     

    Der ein oder andere Leser wird vermutlich anmerken wollen, dass die CDU in ihrer 'Bildungsmission' die Hauptschule abgeschafft hat - so, wie sie Arbeitslosigkeit beseitigt, in dem sie Leuten, die keine Arbeit haben, einfach nur den Status "Arbeitsloser" entzieht, womit die in der Statistik dann nicht mehr auftauchen.

    Aber zeigen Sie mir doch mal einen Absolventen einer anderen Schule, einen Steuerberater, Finanzbeamten oder einen Finanzminister, der die gesamte, deutsche Steuergesetzgebung vollständig komplett umfassend und eindeutig, frei von abwägbaren Varianten von subjektiven Auslegungsmöglichkeiten drauf hat.

     

    Warum ist das so?

     

    Eine mögliche Antwort könnte lauten:

    Damit niemand versteht, dass mehr als genug Geld für Bildung da wäre und es eben nicht derzeitig 'leider' für Zinsen ausgegeben werden müsse.

  • N
    noevil

    Wer hat 840 Mio Euro zuviel gezahlt? Mappus? Das sehe ich ein ganz klein wenig anders?

     

    Und das neue Motto der CDU: "Mehr für Bildung statt für Zinsen!" Das ist wirklich neu für die, wenn es an vorderer Stelle steht, besonders wirksam in der Opposition.

     

    Man darf gespannt sein, wann endlich dem letzten Wähler die Augen aufgehen über die, die er da in so großer Zahl wählt. Wie viele von ihnen glauben immer noch, dass sie selbst auch zu einer sog. Parteienelite gehören, wenn sie sie wählen, ohne jedoch wirklich zu deren Klientel zu gehören. Darauf sind bei den letzten Bundestagswahlen - zumindest kurzzeitig - auch schon viel zu viele bei der FDP hereingefallen.

     

    Bleibt einfach zu hoffen, dass der Wähler endlich ein etwas länger als eine Legislaturperiode andauerndes Gedächtnis entwickelt.

  • A
    (Alt-Herren)Kungelei

    Wort zum Sonntag:

    Bitte, taz, mal gut ausleuchten, dass eine langjährige Kumpanei von Mappus und Notheis 'hergehalten wurde', um den 'Vertrag' der EnBW zu bauen.

     

    Dann wird auch ein bisschen klar, weshalb manche aug dem Weg 'nach Oben' hängen gelassen werden und manche, wie Mappus es nach 'Oben' (ge)spült (hat).

     

    Jetzt, wo der CDU der A**** brennt, heuchlerische Worte von Strobl und Co.

  • R
    Ralph

    Es ist schon interessant, was immer so zum Vorschein kommt, wenn nach Jahrzehnten der CDU-Regentschaft sich die Bürger endlich mal eine neue Regierung gönnen. Alle typischen CDU-Machenschaften sind immer erst nach der Abwahl dieser sogenannten "Christlich-Demokratischen" Union bekannt geworden. Bin ja gespannt, was bekannt wird, wenn in Sachsen oder Bayern die derzeitigen konservativen Regierungsparteien endlich abgewählt werden...

  • J
    Jürgen

    illegale Finanzierung etc etc:

    Wird Zeit diesen Verein zu verbieten.

  • OM
    Olivia Moore

    Üble Heuchlerei und simple Wahltaktik, schmieriger Opportunismus und finsterer populismus - das ist die CDU.

     

    Strobl sagte auf dem heutigen CDU-Landesparteitag ... "Mappus habe die Glaubwürdigkeit der Politik und der CDU beschädigt. "

     

    Strobl bestätigt damit einmal mehr die Unglaubwürdigkeit der CDU, sowie deren Politik.

     

    Herr Mappus ist ein typischer Zögling dieser Partei, er wurde gefördert und gewählt.Von seinen ParteigenossInnen und Parteifreunden.Von Kauder,Strobl,Hauk ...

    Peter Hauk tönte auf einer Bierbank stehend ..."Wir sind die einzige kampagnenfähige Kraft. Wir sind die Einzigen, die Rückgrat gezeigt haben. ... Das wird uns ein Stück weit Auftrieb geben für die Zukunft."Das war nach der Bekanntgabe der Ergebnisse zur Volksabstimmung im November letzten Jahres. Die CDU feierte das Ergebnis (übrigens ohne S.Mappus) wie ein einen späten Wahlsieg, welcher die Landtagswahl als kleinen Betriebsunfall wieder gutmachen sollte. Hauk,Strobl,Schuster - sie alle feierten ihre geglückt gefälschte und lügnerische Wahlpropaganda (wie mittlerweile amtlich bestätigt) und zeigten den BürgerInnen, was sie von ihnen halten: Absolut NICHTS !

    Sebastian Turner,derzeit OB-Kandidat der CDU in Stuttgart, macht es mit dem Slogan "Ich bin das Volk" überdeutlich. Gemeint ist damit die CDU. Niemand sonst.

    DAS ist die wahre CDU. Gestern, heute und morgen.

  • F
    Falmine

    Zugegeben, ich hätte die CDU in Baden-Württemberg nie im Leben gewählt: auf dem rechten Auge blind und eine zutiefst verfilzte Geschaftlhuberei. Was sich jetzt jedoch an wieselflinker Absetzbewegung der Protagonisten Hauk und Strobl (Schwiegersohn Schäubles) beobachten lässt, ist einfach nur noch eklig! Das sollten sich auch alle in anderen Parteien ansehen, damit es keine Illusionen über Partei"freunde" gibt.

  • B
    Branko

    "Demokrativerständnis der Partei" - dass ich nicht lache.

    Das ist, wie wenn ein Zuhälter einem anderen vorwirft, er hätte gegen das Frauenrechtsverständnis auf dem Kiez gehandelt.

     

    Herr Mappus hat nicht gegen das Demokrativerständnis dieser Partei gehandelt.

    Er hat sich erwischen lassen.

     

    Aber dafür wird er nicht von den eigenen Parteikollegen verprügelt.

    Offiziell - ja.

    Aber das ist doch nicht der wahre Grund.

     

    Herr Mappus ist doch ein Musterbeispiel eines CDU/CSU-Politkers.

     

    Schauen sie doch mal nach Bayern.

    Oder schauen sie nach Hessen, Rheinland-Pfalz, NRW,...Niedersachsen...Sachsen - Bundesebene!

     

    Wie war das mit Kohl und Schäuble?

    "rückhaltlose Aufkärung" - ja, ne, ist klar geworden.

     

    Oder Koch, Wulff, Stoiber, Strauss, Schreiber, Leisler-Kiep, von Guttenberg, Baldauf, Sauerland, Rüttgers, Kiesinger, Wiesheu, Kanther, Jung, Wallmann,... wieviele Namen sollen's denn sein, um ein Bild von dem Demokratieverständnis dieser Partei zu kriegen?

     

    Nein, wegen 'sowas' kommt ein Unions-Politiker doch nicht zu Fall - schon gar nicht von seiner eigenen Partei.

     

    Darf ich daran erinnern, dass bereits VOR den Landtagswahlen in BW Informationen bezüglich der Schattenseiten von Herrn Mappus kursierten, die definitiv keine Gerüchte mehr waren.

     

    Geschlossen - allen voran Frau Merkel - hat die Union hinter Herrn Mappus, ihrem Ministerpräsidentschaftskandiaten mit Siegesgarantie gestanden und alle der üblen Nachrede bezichtigt, die auch nur was in dieser Richtung angedeutet haben.

     

    Nein.

    Herr Mappus hat Wahlen verloren.

    Und nicht einfach nur irgendwelche Landtagswahlen.

    Sondern die des reichsten Bundeslandes.

    Das hat die Union nach Jahrzehnten von den prallsten Futtertrögen vetrieben.

     

    Würden diese ganzen Sachen jetzt aufgedeckt und Herr Mapuss wäre Ministerpräsident von BW, dann würde die Partei geschlossen hinter ihm stehen.

    Darauf können sie die Grossmütter von Kohl, Blüm und Waigel wetten!

  • K
    KlausK

    Heißa, die CDU wird MITMACHPARTEI!

    Strobls Ankündigung ist ja schon etwas alt und an/in der CDU hat sich noch nichts verändert.

    Nach 58 Jahren "Herrschaft" sollte sich die Partei zuerst an eine Oppositionsarbeit machen, die den Namen verdient.

  • J
    J.Ebert

    Achso der Mappus hat also ganz viel falsch gemacht und gegen die Prinzipien der Partei gehandelt. Und was ist dann mit dem Schäuble und seinem Waffenhändler? Dem Koch und der Bilfinger-Berger? Dem Kohl und der Spendenaffäre? Doppelmoral oder wie? Typisch dass immer alle auf einen zeigen, um von sich abzulenken.

  • FG
    Frieder Gerstenschaum

    Verlogene Bande! Die sind M. nicht nur unkritisch sondern mit wehenden Fahnen gefolgt. Diese Versuche, sich aus der Verantwortung zu stehlen sind genauso niederträchtig wie die gesammelten Mappus-Vergehen.

  • DP
    Daniel Preissler

    „Es muss das Primat der Politik gelten.“

     

    Wunderschön! Oh, war ein CDUler, aber wäre wunderschön gewesen...

     

    Die anderen Zitate sprechen Bände - wenn auch nur die von Groschenromanen.

  • T
    tauss

    Das Problem heißt nicht Mappus. Das Problem ist das System CDU, das Leute wie Mappus möglich macht. Insofern ist die "Abrechnung" nichts als eine beschönigende Ablenkung vom eigentlichen Problem.