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CDU, AfD und der Fall LübckeKeine Koalition mit AfD

Die AfD habe sich vor Lübckes Tod an „Hass und Ausgrenzung“ beteiligt. Deshalb herrscht nun bei der CDU Einigkeit im Umgang mit der Partei.

Demonstrieren Einigkeit: Annegret Kramp-Karrenbauer und Paul Ziemiak Foto: dpa

Berlin taz | Präsidium und Bundesvorstand der Christdemokraten haben Überlegungen zu einer Zusammenarbeit mit der AfD eine klare Absage erteilt. „Die CDU lehnt jegliche Koalitionen oder ähnliche Formen der Zusammenarbeit mit der AfD ab“, heißt es in einem Beschluss vom Montag. Die Christdemokraten würden „alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nutzen, diesen Beschluss durchzusetzen“.

In der vergangenen Woche war ein Papier führender CDU-Mitglieder aus Sachsen-Anhalt mit Überlegungen über eine Zusammenarbeit mit der AfD öffentlich geworden. Darin hieß es unter anderem, damit die CDU wieder stärke werde, müsse es gelingen, „das Soziale mit dem Nationalen zu versöhnen“.

Am Montag wurde zudem bekannt, dass die CDU in der Vertretung der mecklenburgischen Kleinstadt Penzlin eine Zählgemeinschaft mit dem einzigen AfD-Ratsmitglied gebildet hat. Damit kann die Union mehr Sitze in Ausschüssen beanspruchen, der AfD-Vertreter ist nun Mitglied im Rechnungsprüfungsausschuss sowie im Schul- und Kulturausschuss.

Gegenüber dpa sagte der Vorsitzende der Zählgemeinschaft, Mario Röse (CDU): „Der AfD-Mann hat bei der Kommunalwahl viele Stimmen bekommen, mehr als viele andere.“ Ignoriere man ihn, schlösse man einen nicht kleinen Teil der Wähler aus.

Klares Bekenntnis des Vorstands

Auf die Frage, ob die CDU nun Ausschlussverfahren gegen ihre Ratsvertreter in Penzlin plant, sagte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak am Montag in Berlin, für Ausschlüsse seien „in erster Linie die Kreisverbände zuständig“. Der Kreisverband werde sich den Fall „genau ansehen“. Allerdings gibt es dabei ein kleines Schlupfloch für die Penzliner Christdemokraten: Das Eingehen einer Zählgemeinschaft ist weder eine Ko­ali­tion, noch muss sie unbedingt als „eine ähnliche Form der Zusammenarbeit“ eingestuft werden, wie sie der Bundesvorstandsbeschluss ablehnt.

Laut Ziemiak hätten sich am Montag alle Mitglieder von Vorstand und Präsidium „klar dazu bekannt, dass eine Zusammenarbeit mit der AfD nicht infrage kommt“. Dies gelte auch für die ostdeutschen Vertreter in den Gremien. Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte bereits am Abend zuvor in der Talkshow „Anne Will“ eine Zusammenarbeit mit der AfD abgelehnt.

Nur mal kurz die Augen schließen und an Walter Lübcke denken

Annegret Kramp-Karrenbauer

Die Äußerung des früheren Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen, Mitglied der konservativen Werte-Union in der CDU, eine Zusammenarbeit mit der AfD nicht auszuschließen, könne sie nicht nachvollziehen: „Er soll nur mal kurz die Augen schließen, an Walter Lübcke denken und wird nie auf die Idee kommen, dass man mit einer Partei wie der AfD zusammenarbeiten könnte.“

Der Beschluss von Präsidium und Parteivorstand hat den Titel „Zum Tod von Walter Lübcke“. Die Abgrenzung von der AfD wird hier als Konsequenz aus der mutmaßlichen Ermordung des hessischen Christdemokraten dargestellt. „Walter Lübcke ist, nach allem, was wir wissen, das Opfer rechtsextremer Gewalt geworden“, heißt es darin. „Die geistigen und sprachlichen Propagandisten von Hass und Ausgrenzung haben den Weg zur Gewalt bereitet. Führende Repräsentanten der AfD beteiligen sich bewusst daran.“

Die CDU verkündete am ­Montag auch eine überraschende Personalentscheidung: Der 45-jährige Stefan Hennewig wird Nachfolger von Bundesgeschäftsführer Klaus Schüler.Gerüchte, Kramp-Karrenbauer könne ihren Vertrauten Nico Lange berufen, hatten Unruhe in der Partei ausgelöst. Lange hatte nach der Europawahl einem „vermeintlichen Rechtsruck“ in der Jungen Union eine Mitschuld an dem schlechten Wahlergebnis gegeben.

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2 Kommentare

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  • Wie hoch ist inzwischen die Wahrscheinlichkeit bei einem Polizisten auf einen AfD-Sympathisanten zu treffen?



    Der Feind steckt längst auch in der Uniform!



    Einfach nur noch unerträglich in D...



    Nach dem Mauerfall wird letztlich das IV.Reich angestrebt.

  • Was die Shoa (Holocaust), NSU, Brandanschläge und tätliche Übergriffe auf Migrant*innen, Journalist*innen, liberale Kirchenvertreter*innen etc. nicht geschafft haben, gelingt jetzt durch einen toten CDU-Politiker: es wird über einen Grundrechteentzug für Verfasssungsfeinde diskutiert. Was unter dem Stichtwort der "Meinungsfreiheit" schon alles an Hetze und Anfeindungen akzeptiert wurde, fällt der wegschauenden oder begeistert jubelnden Bevölkerung und ihren Vertreter*innen jetzt vor die Füße; Morddrohungen für Politiker*innen die sich für Geflüchtete einsetzen sind an der Tagesordnung, Angriffe und Kriminalisierung von Helfer*innen werden zum Comon sense und Politik und Medien fassen die rechten Hetzer weiterhin mit Samthandschuhen an!!! Vielleicht ist der eine oder andere jetzt wirklich mal ins Grübeln gekommen. Schade, dass immer nur die eigene Betroffenenheit zu einer Veränderung führt. Zumindest jetzt scheint sich die CDU zu einer klaren Kante durchringen zu können...was werden die "armen besorgten Bürger*innen" nur davon halten...? Es bleibt nur zu hoffen, dass bei der nächsten Wahl nicht alles wieder vergessen und "vergeben" wird. Es wäre ein einziger Hohn für die Angehörigen, Freunde und Parteikolleg*innen von Walter Lübke, die sich dem rechtsextremen Mob entgegenstellen und aktuell selbst bedroht werden.