piwik no script img

CDU-Abgeordneter über Flüchtlingspolitik„Kapazität für 300.000 Menschen“

Deutschland müsse in der Flüchtlingspolitik nach Alternativen suchen, sagt CDU-Mann Roderich Kiesewetter. Zentren an den Grenzen seien machbar.

Attraktive Umgebung? Container-Lager für Flüchtlinge in Athen. Foto: ap
Ulrich Schulte
Interview von Ulrich Schulte

taz: Herr Kiesewetter, die SPD empört sich über den Vorschlag von CDU-Bundesvize Julia Klöckner in der Flüchtlingspolitik. Sind das alles alte, untaugliche Ideen, nur neu verkauft?

Roderich Kiesewetter: Ich finde den Plan von Julia Klöckner überlegenswert. Die beste Lösung ist die europäische, für die sich die Bundeskanzlerin einsetzt. Aber wenn diese Lösung nicht funktioniert, brauchen wir Alternativen. Klöckner schlägt ja vor, dass die Bundesregierung in einem solchen Fall bilaterale Abkommen mit den Staaten verabredet, durch die sich viele Flüchtlinge bewegen.

Das wäre die Abkehr vom gesamteuropäischen Vorgehen.

Richtig. Die Regierung würde sich dann darum bemühen, in Ländern wie Griechenland, Italien oder Slowenien von Deutschland mitfinanzierte Aufnahmezentren aufzubauen.

Klöckners Plan sieht Zentren an deutschen Grenzen vor, in denen Flüchtlinge gesammelt werden. Wären das riesige Zeltstädte?

Ganz klar: Der Aufwand wäre erheblich. Gesetzt den Fall, im Frühjahr kommen wieder täglich 10.000 Menschen nach Deutschland. Die Grenzzentren müssten eine Kapazität für ungefähr 300.000 Menschen haben. Sie sollten einen Zeitraum von einem Monat abfangen können. Es müssten feste Unterkünfte sein, keine Zelte. Aber so etwas wäre mit Containern durchaus machbar.

So viele Menschen auf engem Raum – da sind Aggressionen und Übergriffe programmiert.

Ein Punkt ist mir wichtig: Wenn man über eine solche Lösung nachdenkt, ist eine geordnete Tagesstruktur notwendig! Die Zentren müssen attraktiv für Flüchtlinge sein und Angebote machen – Schule für Kinder, Ausbildung für Erwachsene, Sicherheit, Gesundheitsversorgung, WLAN. Die Türkei unterhält im Südosten Unterkünfte für syrische Flüchtlinge, die eine solche Struktur haben. Sie funktionieren gut.

Bild: dpa
Im Interview: 

ist CDU-Obmann im Aus­wärtigen Ausschuss und ­ehemaliger Generalstabsoffizier der Bundeswehr.

Angenommen, die Menschen finden die Zentren nicht attraktiv, viele würden über die grüne Grenze in deutsche Städte weiterreisen.

Die sicherheitspolitischen Folgen des Klöckner-Vorschlags wären groß. Deutschland müsste seine Grenzen intensiver überwachen und die Polizei technisch aufrüsten. Wir müssten diskutieren, ob die Bundeswehr der Polizei Amtshilfe leisten kann. Und ja, wenn Flüchtlinge anderswo aufgegriffen würden, müssten Beamte sie in die Grenzzentren bringen. Das ist die logische Konsequenz.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Ich bin überglücklich darüber, dass wir mit Herrn Roderich Kiesewetter einen Mann gefunden haben, der sich in dem Thema so gut auskennt, dass er damit auch beachtet wird.

  • Hm, ein sehr guter Ansatz!