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Bußgelder wegen DieselfahrverbotenVor allem Beifang

Mehr als 15.000 Bußgelder wurden wegen der Diesel-Fahrverbote verhängt. Die Deutsche Umwelthilfe geht von einer hohen Dunkelziffer aus.

Umstrittene Maßnahme gegen dicke Luft am Neckartor in Stuttgart: Fahrverbot für altere Diesel Foto: Arnulf Hettrich/imago

Berlin taz | Die Zahl erscheint hoch, aber sie ist es nicht: Bundesweit sind bereits 15.000 Bußgelder wegen missachteter Dieselfahrverbote verhängt worden. Nach Auffassung der Deutschen Umwelthilfe zeigt die Zahl vor allem eins: dass noch immer viele Diesel-FahrerInnen auf verbotenen Wegen unterwegs sind. „Bislang sind die Bußgelder nur Beifang von Geschwindigkeits– und Ampelverstößen“, sagte Jürgen Resch, Geschäftsführer der Umweltorganisation, der taz. Deshalb seien mehr Kontrollen eigens für Verstöße gegen das Fahrverbot erforderlich.

Deutschlandweit gibt es bislang in Berlin, Darmstadt, Hamburg und Stuttgart Fahrverbote für ältere Dieselfahrzeuge. Sie gehen vor allem auf Klagen der Deutschen Umwelthilfe zurück, die damit die Einhaltung der geltenden Grenzwerte für das Abgasgift Stickoxid durchsetzen möchte.

Laut Nachrichtenagentur dpa sind bislang mehr als 15.000 Bußgelder wegen Missachtung der Fahrverbote verhängt worden, davon allerdings allein in Darmstadt 12.000. Die Bußgelder liegen je nach Stadt zwischen 20 und 80 Euro plus Gebühren. „Man kann angesichts dieser Zahlen davon ausgehen, dass die Befolgungsrate noch immer nicht gut ist“, sagte Resch. Denn viele Diesel-FahrerInnen werden bei Verstößen schlicht nicht erwischt, ist er überzeugt.

Das sieht der ADAC anders. Viele Verstöße gegen das Fahrverbot sind darauf zurückzuführen, dass Autofahrer – und besonders Ortsunkundige – nach der Einrichtung der Fahrverbote unbewusst in eine solche Zone eingefahren sind“, sagte ein Sprecher. Der ADAC geht davon aus, dass sich die Zahlen rückläufig entwickeln.

Weitere Maßnahmen erforderlich

Stuttgart ist die einzige Stadt, in der ältere Diesel-Fahrzeuge flächendeckend nicht fahren dürfen. Seit dem 1. Januar gilt das für auswärtige und seit 1. April 2019 auch für einheimische Wagen. In Darmstadt, Hamburg und Berlin sind nur einzelne Straßen tabu. Die Verbesserung der Luftwerte zeige, dass die Fahrverbote funktionieren, sagte Resch. Aber die Werte seien noch nicht gut genug. „Deshalb müssen weitere Maßnahmen hinzukommen“, sagte er. Das gelte etwa für Darmstadt.

Dort dürfen seit Anfang Juni 2019 auf den beiden Hauptverkehrsadern Hügelstraße und Heinrichstraße Dieselfahrzeuge bis Euronorm 5 und Benziner bis Euronorm 2 nicht mehr fahren. Bis Mitte Dezember erfassten die Behörden mehr als 12.000 solcher Pkws und Lkws, die dort trotz Verbot unterwegs waren. Kontrollen nur wegen der Fahrverbote gibt es nicht; die Verstöße wurden vor allem mithilfe von Radaranlagen bei Geschwindigkeitsübertretungen oder Ampelvergehen festgestellt. Auf den beiden Straßen gilt ein Tempolimit von 30 Kilometern in der Stunde. In Kürze will die Umwelthilfe Gespräche mit der Stadt Darmstadt über die Ausweitung der Fahrverbote auf Euro-6-Fahrzeuge beginnen.

Kulanz unerwünscht

Flächendeckende Kontrollen wegen der Fahrverbote gibt es bislang in keiner Stadt. Das fordert auch die Deutsche Umwelthilfe nicht. „Wir brauchen aber mehr Stichproben“, sagte Resch. „Wir erwarten, dass den Menschen klar wird, dass sie ein Ordnungsgeld zahlen müssen, wenn sie gegen das Fahrverbot verstoßen“, so der Umweltschützer. Deshalb dürften Städte bei Verstößen auch keine Kulanz zeigen.

Genau das aber könnte in Stuttgart der Fall sein, fürchtet Resch. Das Ordnungsamt in der Landeshauptstadt erfasste zwischen April und Dezember vergangenen Jahres 6.700 Fahrzeuge, die unter das Verbot fielen. Mehr als die Hälfte der HalterInnen konnten allerdings Ausnahmegenehmigungen oder Gründe für den Verstoß geltend machen, die die Behörden als „gut“ ansahen.

In Hamburg gelten für ältere Diesel auf zwei Straßenabschnitten bereits seit August 2018 Fahrverbote. Bis Ende 2019 haben die Behörden 397 Verstöße geahndet. In Berlin dürfen ältere Diesel seit November 2019 auf Teilabschnitten von acht Straßen nicht mehr fahren. Hier wurden bis Mitte Januar 51 Verstöße festgestellt.

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3 Kommentare

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  • Das ist manchmal kaum noch auszuhalten das beim Thema "Verkehrswende" fast außschließlich von Dieselfahrverboten in wenigen Bereichen gesprochen wird.



    Auch alle Benziner pusten Feinstaub und massenweise C02 in die Luft, gefährden durch immer höhere PS- Zahlen und Fahrzeuggewichte das Leben von Fuß- und Radfahrern, vernichten durch die fahrenden und parkenden Blechmassen öffentlichen Raum usw.



    Hauptthema muß endlich die massive schnelle Reduzierung von individuellem Autoverkehr vor allem in den Innenstädten werden bei gleichzeitigem rasanten Ausbau von Busspuren, breiten sicheren Fahrradwegen, zusätzliche U- und S- Bahn- Zügen in kurzem Fahrtakt usw. Das wird gerne tabuisiert um sich das Geschrei der Autofahrer nicht anhören zu müssen. Autos müssen eben weichen um vernümpftige Fahrradwege und Busspuren bauen zu können. Das hört der Autofahrer nicht gerne.



    Erst bei einer konsequenten Verkehrswende wird nicht nur die Luftverschmutzung stark reduziert sondern auch das Leben von Fuß- und Radfahrern endlich mal ernst genommen. Bei den Fahrverbotdiskussionen scheint man vielmehr die Autofahrerinteressen, unterstützt von der gesamten Automobilindustrie und dem ADAC, zu bedienen.



    Statt dem Diesel stinkt man eben mit einem 300 PS- Benziner weiter, Hauptsache die autogerechte Stadt bleibt erhalten. 0,2 PS- Radfahrer stören und halten sich ja eh nicht an die Verkehrsregeln. So einfach ist die Autowelt.

    • @Traverso:

      Verkehrswende für die ca. 30mio Deutsche die in Städten mit Strassenbahn, Ubahn und regelmäßigem Busverkehr wohnen...und was haben sie für eine gut durchdachte Lösung für die restlichen 50mio Landbevölkerung...2 Tonnen, 400PS Elektro SUV´s für alle oder dürfen diese Menschen dann ihr Haus nicht mehr verlassen und die Teilnahme am öffentlichem/kulturellem Leben wird ihnen untersagt oder sollen doch bitte Alle in die tolle Stadt mit ihren hippen Boulderhallen und Shisha-Bars ziehen ???

      • @Florine :

        Warum so viel Polemik ?



        Vor allem in den Innenstädten habe ich ja geschrieben. Dort gibt es die höchsten Luftverschmutzungen und auch die meisten Fuß- und Radfahrer.



        Den Rest Ihrer Polemik habe ich gar nicht verstanden.



        Scheinbar sind Busse, Kleinstwagen mit wenig Verbrauch, Fahrradfahren usw. für den Landbewohner ein Unzumutbarkeit.



        Tut mir Leid daß meine Ausführungen einen solchen Haß in Ihnen ausgelöst haben.



        Versuchen Sie es doch mal mit `ner Runde Radfahren zum Abreagieren.



        Geht nach meiner Erfahrung auch auf dem Land wunderbar.



        Schönen Tag noch !