Burundischer Menschenrechtler frei: 4 statt 32 Jahre
Der politischer Häftling Germain Rukuki soll nach drei Jahren Haft freikommen. Die Regierung hofft so, an EU-Gelder zu kommen.
Als Germain Rukuki am 26. April 2018 zu 32 Jahren Haft verurteilt wurde, war das die Art von Gerichtsurteil, die zum Unrechtsstaat Burundi passte. Es gab nur zwei Verhandlungstage, der Angeklagte fehlte. Die Anklage hatte sogar lebenslange Haft für Rukuki gefordert.
Der Grund: Der ehemalige Buchhalter der burundischen Menschenrechtsorganisation ACAT – Burundi (Christliche Aktion für die Abschaffung der Folter in Burundi) hatte sich im Jahr 2015, wie viele andere in Burundi auch, an Protesten gegen die blutigen Repressionsmaßnahmen des Regimes von Präsident Pierre Nkurunziza nach einem vorgeblichen Militärputschversuch beteiligt.
Der Terror von Milizen und Sicherheitsdiensten forderte über 1.200 Tote und trieb über 400.000 Menschen in die Flucht, unabhängige Medien und viele Organisationen wurden verboten, unter ihnen ACAT.
Am frühen Morgen des 13. Juli 2017 klopften Mitarbeiter des burundischen Geheimdienstes SNR und der Polizei an Rukukis Haustür, um seinen Computer zu beschlagnahmen. Sie nahmen ihn gleich mit. Wohin er kam, erfuhr seine Familie erst später – zwei Wochen saß er ohne Kontakt zur Außenwelt in SNR-Gewahrsam in der Hauptstadt Bujumbura, bis zur Verlegung in ein Gefängnis in Ngozi, der Heimatstadt des Präsidenten.
Hoffnung durch Tod
Dort blieb er auch, als ihm in Abwesenheit der Prozess unter anderem wegen „Beteiligung an einer Aufstandsbewegung“ gemacht wurde. Als Beweismittel diente seine Kommunikation mit ACAT-Kollegen aus der Zeit vor dem Verbot der Menschenrechtsgruppe im November 2015.
Erst nach dem Tod von Präsident Nkurunziza im Juni 2020, verstorben mutmaßlich an Covid-19, konnte Rukuki wieder Hoffnung schöpfen. Das oberste Gericht des Landes ordnete die Wiederaufnahme des Falles an. Und am Montag verwandelte ein Berufungsgericht seine Strafe dann von 32 Jahren in 1 Jahr Haft plus umgerechnet 20 Euro Geldbuße.
„Wir erwarten, dass Rukuki umgehend freikommt“, freute sich ACAT-Präsident Armel Niyongere am Dienstag. Burundis Regierung dürfte daran ein Interesse haben: Unter anderem am Fall Rukuki hängen die EU-Sanktionen, die seit 2015 über das Land verhängt werden und von Entwicklungshilfe ausschließen. Sie waren jüngst Thema bei den ersten Gesprächen zwischen Burundi und EU-Vertretern seit mehreren Jahren.
Am Montagmittag behauptete Burundis Staatsfernsehen dann prompt, die EU habe die Sanktionen aufgehoben – „nach den Entwicklungen in Burundi bei Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit“. Das erstaunte Burundis Menschenrechtler. Und es stimmte nicht – es wurde lediglich ein Prüfverfahren in Aussicht gestellt. Dann kam das neue Rukuki-Urteil. Jetzt muss er nur noch selbst auftauchen.
Wenn er freikommt, kann der Aktivist endlich seine Frau und seine drei Söhne wiedersehen, den jüngsten davon zum ersten Mal. Und zu tun hat er genug: Nach dem ACAT-Verbot gründete Rukuki die Selbsthilfeorganisation Njabutsa Tujane, die sich um Basisgesundheit kümmert.
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