Vor den Wahlen in Burundi: Burundis Diktator bittet das Volk zur Urne
Mit Parlamentswahlen ohne seriöse Opposition eröffnet der Präsident Évariste Ndayishimiye eine Serie von Wahlen. Zeitgleich wurde ein landesweiter Stromausfall angekündigt.

Die Parlamentswahl an diesem Donnerstag ist der Auftakt zu einer ganzen Serie. Im Juli sollen die rund 13 Millionen Burunder einen neuen Senat wählen, im August finden Kommunalwahlen statt. Präsidentschaftswahlen sind für Mai 2027 angesetzt.
Am Sieg der Regierungspartei CNDD-FDD (Nationalrat – Kräfte zur Verteidigung der Demokratie) bei all diesen Wahlen besteht kein Zweifel. Die CNDD-FDD entstand einst als Hutu-Rebellenbewegung nach einem Tutsi-Militärputsch gegen den ersten demokratisch gewählten Hutu-Präsidenten des Landes 1993. 2005 kam sie im Rahmen eines Friedensabkommens an die Macht in Burundi. Ihr damaliger Chef, Pierre Nkurunziza, regierte bis zu seinem Tod an Covid-19 im Jahr 2020, seitdem regiert Évariste Ndayishimiye. Schon vorher war die zunächst geltende Machtteilung mit Tutsi-Parteien beendet worden, CNDD-FDD regiert Burundi quasi allein.
Der mittlerweile 56-jährige „Neva“, wie der Präsident oft genannt wird, führt wie sein Vorgänger seine Partei wie eine religiöse Sekte. Bei Wahlkampfveranstaltungen wird stets zu Gott gebetet, der seiner auserwählten Partei den Sieg bringen werde.
Weit entfernt von freien Wahlen
Die Opposition hat keine Chance. Im Dezember 2024 entschied die Wahlkommission CENI), das neue Oppositionsbündnis BBB (Burundi Bwa Bose – Burundi für alle) nicht zu den Wahlen zuzulassen, obwohl der Innenminister zuvor grünes Licht gegeben hatte. Begründung: Einige BBB-Kandidaten säßen derzeit für andere Parteien im Parlament.
Ebenso ausgeschlossen von den Wahlen ist Agathon Rwasa, ein Erzrivale der CNDD-FDD. Der 61-jährige historische Führer einer rivalisierenden Hutu-Rebellengruppe formierte 2018 als politische Partei die CNL (Nationalrat für Freiheit), die bei den letzten Wahlen von 2020 zweitstärkste Kraft wurde. Inzwischen wurde sie suspendiert, spaltete sich und der zugelassene Flügel schloss Rwasa aus. Deswegen darf er jetzt auch nicht mehr kandidieren, ebenso wenig eine Reihe anderer Politiker. „Es ist die diktatorische Tendenz, die sich festigt“, kommentierte Rwasa.
Charles Nditije, der Präsident des Exilflügels der früheren Tutsi-Staatspartei Uprona (Union für Nationalen Fortschritt), kritisierte im Vorfeld, dass die Kommissare der CENI „zu 90 Prozent“ der Regierungspartei nahestünden: „Alles ist streng kontrolliert und abgeriegelt. Daher werden diese Wahlen schlimmer sein als die von 2020.“
Der UN-Menschenrechtsrat hat im Herbst 2024 die zahlreichen Menschenrechtsverletzungen in Burundi verurteilt: außergerichtliche Hinrichtungen, Verschwindenlassen, willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen, Folter sowie geschlechtsspezifische Gewalt.
Das kleine Land im Herzen Afrikas zählt zu einem der ärmsten der Welt und die wirtschaftliche Lage hat sich in den vergangenen Jahren extrem verschlechtert. Zeitweise gab es kaum mehr Benzin an den Tankstellen, die Ausgabe war limitiert, jeder Liter extrem teuer. Damit wurden auch alle anderen Waren unerschwinglich. Die meisten Menschen können sich kaum mehr als eine warme Mahlzeit am Tag leisten.
Die DR Kongo ist ein von Kolonialverbrechen und Gewaltherrschaft gebeuteltes Land. Seit den 1990er Jahren ist es in einer Spirale bewaffneter Konflikte gefangen, die das gesamte zentrale Afrika beeinflussen.
Verwicklungen mit der DR Kongo
Verstärkt wird die Wirtschaftskrise durch den Krieg in der benachbarten DR Kongo. Rund 2.000 Soldaten von Burundis Hutu-geführter Armee helfen Kongos maroder Armee gegen die von Ruanda unterstützten Tutsi-geführten kongolesischen M23-Rebellen und kämpfen auch auf kongolesischem Gebiet gegen burundische Tutsi-Aufständische.
Ruanda schloss 2024 kurzerhand die Grenze zu Burundi, kein Lastwagen mit Waren kommt mehr durch. Das hat die Preise zusätzlich in die Höhe getrieben. Als die M23 vor wenigen Monaten Ostkongos Provinzhauptstädte Goma und Bukavu eroberte, fürchteten Analysten sogar eine direkte militärische Konfrontation zwischen Burundi und Ruanda.
Unter Burundis Soldaten, vor allem bei Tutsi, ist die Stationierung jenseits der Grenze unbeliebt. Hunderte sind dort in Gefechten mit der M23 gefallen oder verletzt worden. Im Juni 2024 wurden rund 300 Soldaten zu langen Haftstrafen verurteilt, weil sie den Kongodienst verweigert hatten. Dies erzeugt tiefe Risse innerhalb der Armee.
Das CNDD-FDD-Regime setzt nun für die interne Sicherheit mehr und mehr auf ihre Jugendmiliz Imbonerakure (Die Weitsichtigen). Ihre Mitglieder tragen Waffen und Uniformen. Die Menschenrechtsorganisation ESDDH (Gemeinsam für die Unterstützung gefährdeter Menschenrechtsverteidiger) berichtet, dass die Jugendmiliz vor allem nachts das Sagen hat. Wer nach Einbruch der Dunkelheit das Haus verlassen will, muss den Milizionären Geld zahlen.
In Zeiten der zunehmenden regionalen Spannungen muss Ndayishimiye nun mehr denn je beweisen, dass er sein Land fest im Griff hat. Vor wenigen Tagen reiste er nach Uganda und wurde von seinem ugandischen Amtskollegen Yoweri Museveni wie ein verlorener Sohn empfangen. „Ich bin froh, dass Sie hierhergekommen sind. Wir werden das Problem schon lösen“, sagte Museveni und klopfte ihm auf die Schulter.
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