Bundesweite Razzia: Kinderpornoring aufgeflogen
Ermittler haben am Mittwoch bundesweit Dutzende Wohnungen wegen des Verdachts auf Kinderpornografie durchsucht. Es gab keine Festnahmen.
BERLIN taz | 260 Computer und Notebooks, 850 Festplatten und USB-Sticks, 150 Smartphones und Tablets sowie rund 7.500 CDs und DVDs: Das ist die Ausbeute einer bundesweiten Razzia, mit der die Polizei in der Nacht zu Mittwoch einen Kinderpornoring ausgehoben hatte.
Die Ermittler durchsuchten 125 Wohnungen und andere „Objekte“ in 13 Bundesländern, darunter 26 Orte in Berlin, 29 in Nordrhein-Westfalen und 13 in Hessen. Verdächtigt werden jetzt 115 Personen zwischen 21 und 60 Jahren, kinderpornografisches Material gehandelt und ausgetauscht zu haben. Fünf von ihnen, alles Männer, stehen unter Verdacht wegen schweren sexuellen Missbrauchs. Festnahmen hat es bislang nicht gegeben.
Die mutmaßlich Beschuldigten waren Nutzer eines Internetforums für Schwule. Auf dieser Plattform sollen nach Aussage von Alexander Badle, Oberstaatsanwalt und Pressesprecher der Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt am Main, zwei geschlossene Untergruppen gegründet worden sein, über die die Verdächtigen Kontakte hatten und das Material tauschten. Einige Männer sollen von eigenen Erfahrungen mit Kindesmissbrauch berichtet haben.
Die Beamten kamen dem Kinderpornoring durch einen anonymen Hinweis auf die Spur. Ob der Hinweisgeber das Portal selbst gezielt genutzt hatte oder zufällig darauf gestoßen war, wollte die Polizei am Mittwoch wegen der laufenden Ermittlungen nicht sagen. Auch wollte sie keine näheren Angaben dazu machen, ob sich die Fahnder in dem Portal als Interessenten ausgegeben haben, um die Ermittlungen schneller voranzubringen.
IP-Adressen sind bekannt
„Es handelt sich um ein stark frequentiertes Portal für Menschen mit entsprechender sexueller Neigung, das vermutlich nur den Rahmen bildete, um in den Untergruppen unbeobachtet das kinderpornografische Material zu tauschen“, sagte Alexander Badle zur taz. Noch sei unklar, ob es sich bei den mutmaßlichen Verdächtigen auch tatsächlich um die Täter handelt.
Bekannt sind zunächst nur IP-Adressen, die aber nicht in jedem Fall mit den Verdächtigen übereinstimmen müssen, sagte der Oberstaatsanwalt. Das trifft beispielsweise zu, wenn jemand seine Wohnung inklusive Internetanschluss vermietet und der Mieter illegale Inhalte aus dem Internet runterlädt. Auch in WGs, in denen mehrere Personen gemeinsam einen Anschluss nutzen, ist die eindeutige Zuordnung schwierig.
Zwischen dem Hinweis und der Razzia lagen Badles Aussagen zufolge mehrere Monate. Bei dem bundesweiten Großeinsatz waren 550 Ermittler und Beamte im Einsatz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Außenministertreffen in Brüssel
„Europa spricht nicht die Sprache der Macht“