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Bundeswehrkritischer SchülerSchule zieht Verweis zurück

Ein 17-Jähriger hatte an seiner Schule einem Soldaten kritische Fragen gestellt. Und wurde gemaßregelt. Die Stadt Bamberg hat nun interveniert.

Kritik an der Truppe? Nicht überall erwünscht. Bild: reuters

MÜNCHEN taz | Fast einen Monat verteidigte die Leitung der Graf-Stauffenberg-Wirtschaftsschule einen Verweis, den ein Schüler aufgrund kritischer Äußerungen gegenüber der Bundeswehr bekam. Nachdem die Stadt Bamberg feststellte, dass die Begründung „nicht den Richtlinien für disziplinarische Maßnahmen“ entspreche, zog die Schule ihn jetzt zurück.

Die Schulleitung wollte das Verhalten des 17-jährigen Schülers Niklas Hatzold sanktionieren. Der hatte einem Bundeswehrsoldaten, der an seiner Schule für den Soldatenberuf warb, kritische Fragen gestellt. Nach der Veranstaltung verließ er die Schule kurz. Als er sie wieder betreten wollte, wurde ihm dies verweigert. Hausmeister wollten seinen Rucksack durchsuchen und ihn einer Leibesvisitation unterziehen. Als der Schüler sich weigerte, riefen sie die Polizei.

Anstatt einer Entschuldigung für die überzogene Polizeiaktion bekam Hatzold am nächsten Tag einen verschärften Verweis. Falls er nicht auf „Äußerungen bezüglich seiner extremistischen politischen Meinung“ verzichte, drohe ihm die Entlassung. Er verzichtete nicht, machte den Verweis öffentlich und löste eine Empörungswelle aus. Selbst die Bundeswehr kritisierte die Reaktion der Schule.

Schulleiter Martin Mattausch hält dagegen: Der Eindruck, der Verweis „sei allein aufgrund der politischen Einstellung des Schülers erfolgt“, sei „falsch“. Vor ein paar Wochen sagte er gegenüber der taz: „Wenn der Schüler gegenüber Politikern kritische Fragen stellt, wäre das okay gewesen. Die Bundeswehr war aber als Gast geladen, und Gäste haben ein Recht darauf, höflich behandelt zu werden.“ Auch jetzt bleibt er dabei, dass der Schüler sich „nicht an die Regeln des Schulbetriebs gehalten hat“. Nur die Begründung sei „nicht formal korrekt“.

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22 Kommentare

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  • "Als der Schüler sich weigerte, riefen sie die Polizei."

     

    Warum hat eigentlich die Polizei bei der Gelegenheit nicht gleich Hausmeister und Schulleitung festgenommen? Nötigung, Freiheitsberaubung, angedrohte Körperverletzung, versuchter Raub, was weiß ich noch...

  • Die Bundesregierung lebt "Duckmäusertum" vor (siehe NSA) und Kinder werden dahingehend indokriniert. Wer aus der Reihe tanzt, der wird es spüren. Gaucksche Freiheit. Freie Meinungsäußerung und Demokratie nur, wenn sie systemtreu sind. Anderes wählen, dann ändert sich vieleicht etwas. 2017 Bundestagswahlen.

  • Überhaupt auch lustig, wie die Bundeswehr denn "das Recht und die Freiheit des Deutschen Volkes tapfer verteidigen" sollte - wenn ich mich an mein Gelöbnis richtig erinnere - wenn sie nicht einmal mit Kritik dieses Volkes umgehen kann.

     

    I personally salute Mister Hatzold and every BW soldier who supported him.

  • Ich bitte darum die entsprechenden Dokumente des Vorganges soweit möglich hier zu veröffentlichen um die Behauptung des Rektors nachvollziehen zu können und diese "formal inkorrekte" Begründung lesen zu können. Schon alleine die Aussage erscheint mir schwachsinnig, wenn eine Begründung nicht zu gebrauchen ist, wird sie materiell unbrauchbar sein, also der Vorfall unbegründet.

    Ob der gesammte Vorgang formell zulässig war, solltte ein Diziplinarverfahren gegen den Beamten klären.

    • @Pleb:

      Op jot kölsch -

       

      man muss jünne künne -

       

      Mehr als - "aus formalen Gründen aufgehoben" - wird nicht rausschauen -

      Lebenshilfe: bei so einem mehr als deutlichen Punktsieg sollte es klugerweise auch belassen werden -

      wg Nerven Gesichtswahrung und auf der Schule weiter " Bildung tanken" wollen.

      kurz - den Kopf fordern - heißt den Bogen überspannen - " aus formalen Gründen" ist doch Ohrfeige genug.

       

      (ps: einer aus der Kiste: " habe ich keinen hinreichenden Grund , der Beurteilung zu widersprechen" -

      da bin anschließend mit meinem neuen Präsi-Kollegen ein Kölsch zischen gegangen - so diese Richtung -

      B.B. - "seid klug wie die Schlangen" -

      (- ja ok - auch geklaut;)

      • @Lowandorder:

        Rein aus der Lebenswirklichkeit heraus hast du recht.

        Nur muss man diese Wirklichkeit halt ändern bevor der nächste unter solchem Verhalten leidet, man muss sich halt klarmachen, dass der Rektor sich hier potentiell strafbar gemacht hat.

         

        § 345 (3) Nr. 4 verbietet eine unzulässige Diziplinarmaßnahme eindeutig.

        Sollte dies nur Beamte schützen und nicht Schüler, wäre es eine ungeheure Rechtslücke.

        > http://dejure.org/gesetze/StGB/345.html

  • Tja, so viel dazu, Kinder zum Selberdenken und Hinterfragen zu ermutigen.

     

    Kenne das auch noch aus meiner Schulzeit. Zufällig habe ich damals eine Doku im Fernsehen gesehen, die sich mit dem aktuellen Thema in meinem Biologie-Unterricht beschäftigt und neue Erkenntnisse präsentiert hat. Ich also die Lauscher aufgestellt und in der nächsten Unterrichtsstunde davon erzählt. Die Lehrerin verbot mir daraufhin das Wort mit dem Hinweis, ich solle meine Mitschüler nicht verwirren.

     

    Spätestens ab diesem Punkt hatte ich in dem Fach keine Lust mehr mich einzubringen.

  • Kann man auch den Wortlaut des Kommentares erfahren?

  • Man muss nur Dreist genug sein...

  • Hier "blinzelt" für mich die Tatsache durch, das Lernen an deutschen Schulen eine Richtung hat, die einem ganz bestimmten Freiheitsbegriff folgt. Wachstum, Lernen und Bildung hin zur praktizierten Arbeitswelt sind hier zentrale Begriffe. Ich bin ebenfalls der Meinung von Anteater wie Mowgli, das die Streitkräfte nichts, aber auch gar nichts an Schulen verloren haben wie es eine zentrale Frage ist, wem gehört die Schule eigentlich? Ich finde, der Junge hat , soweit ich dies beurteilen kann, nichts falsch gemacht sondern richtig gehandelt. Verstockter Beamtenapparat Schule könnte ich mal mutmassen.

  • Da steht doch gar nichts in dem Artikel.

    Hat er dem Mann verbal ins Gesicht gerotzt ?

    Oder hat er sachlich mit intelligenten Fragen die Existenz des Militärs oder der Bundeswehr oder wenigsten diverser Aktionen selbiger hinterfragt ?

    Wortwörtlich will ich wissen was der Junge gesagt hat.

    Das einzige was ich zu kritisieren finde ist der Artikel selbst. Es fehlt einfach alles was ihm auch nur irgend einen wert geben könnte.

    • @SonoFaber:

      Das würde mich auch interessieren.

       

      Die Aktion der Schule war so oder so überzogen. Aber ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass das allein aufgrund von einigen kritischen, aber sachlichen Fragen geschehen ist. Vielleicht ging es ja doch in die Richtung als Fragen formuliertes Herumpöbeln.

  • Unfassbar. Im Prinzip sollte man alle Teile der Streitkräfte von Schulen völlig fern halten. Ich halte überhaupt nichts davon, dass diese, wie zu Zeiten der Weltkriege, die Jugendlichen von der Schulbank weg holen. Natürlich finde ich auch, dass sämtliche Wirtschaftsunternehmen nichts an Schulen verloren haben. Dort soll Bildung vermittelt, Wissen und nicht Werbung für z.B. Kriegsdienst und Rüstungsgüter etc. verbreitet werden.

  • (Kommt mir irgendwie bekannt vor -

    wg politischer Unzuverlässigkeit keine Beförderung zum Fähnrich -

    Wehrbeauftragter - Aufhebung,

    weil nicht vorher dazu angehört;)

     

    Jung - hol di fuchtig -

    Aufrechtgehen -

    Das - soll die Schule allemal beibringen -

    &Du - überlebst die doch sowieso -&Deswegen sind die doch ohnehin so sauer.

    • @Lowandorder:

      Ich finde auch gut das der junge Man kritische Fragen gestellt hat, auch wenn ich das inhaltlich dikautabel einschätze.

       

      Nur die Reaktion der Schulleitung ist schon peinlich und rückständig.

       

      Mit dem MAD hatte ich zwar nie Ärger aber mein Kp-Chef war eine tumbe Nervensäge, wahrscheinlich später als bayr.Schulleiter qualifiziert...

  • Eigentlich riskierte Schulleiter und die rügenden Lehret ihren Posten. Ist es das wert - für sie?? So verliebt ins Unterdrückemn und deckeln??

  • Vor 20 Jahren hätte man solches Verhalten bei Pädagogen nicht so toleriert. Diese Zeiten sind leider endgültig vorbei. Die rechte Gesinnung war unterschwellig in der Politik immer vorhanden, schließlich sind viele Menschen die in der Nationalsozialistischen Zeit hohe Posten haben wieder in solche Posten eingestellt worden. Haben sich aber in der neuen Zeit nach dem Krieg sozialisiert. Dass ihre Nachfolger heute wieder mit dieser Ideologie von vorauseilendem Gehorsam und blinder Obrigkeitshörigkeit sympathisieren und andere Sichtweisen bei ihren Schülern unterdrücken und bestrafen zeigt wie bedenklich die politische und ideologische auf dem Vormarsch in den Rückschritt sind.

    Kein Krieg ist notwendig und kein Krieg ist gerecht. Er ist eine Todsünde, gerade die heutigen Kriege sind brutale Gewalt, Maschinen und Teuflische Technik gegen den Menschen. Da kann man sich nur schämen solche Pädagogen im Schuldienst zu haben.

  • Wem gehört die Schule? Dem Direktor oder den Schülern? Wer darf entscheiden, wer als "Gast" geladen wird und wo die "Höflichkeiten" enden? Ist Schweigen wirklich immer besser als offen kritisieren? Was sagt es über unser Militär, wenn es sich von einem auf seine Hausmacht pochenden Direktor vor Schülern schützen lassen muss? Wie kann ein 17-Jähriger das Image unserer Bundeswehr gefährden, selbst wenn er sehr unhöflich fragt? Bedeutet Werben heute nicht mehr überzeugen? Seit wann nicht mehr? Und ist es überhaupt korrekt, wenn die Armee auch unter halben Kindern wirbt, wenn deren Eltern das womöglich gar nicht wollen?

     

    Ich finde, man kann hier sehr viele Fragen stellen. Auch dafür sind die Medien da. Wer fragt, der führt. Selbst dann noch, wenn die Anderen die Antwort geben.

    • @mowgli:

      werte schulleiterinnen & bildungsminister ladet bitte zuhauf diese personen ein

       

      - ehem. zivis

      - ehem. bausoldaten

      - ehem. wehrmachtsdeserteure

      - witwen von afghanistankämpfern und deren kinder...

    • @mowgli:

      Wer Militär an Schulen einlädt, muss auch mit Kritik rechnen.

       

      Ein 17-jähriger, dessen Meinung ich sicher nicht teile, kann das Ansehen der BW kaum gefährden, wenn das nicht sowieso schon am Ende ist..

       

      Ich hoffe nur der junge Man hat Strafantrag gegen den Hausmeister gestellt und den Antrag aufrecht erhalten.

  • Sehr schön! (nzuli sana.)