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Bundeswehr gegen Internetattacken13.500 Soldaten im Cyberkrieg

Die Bundeswehr wappnet sich gegen Angriffe aus dem Internet. Bis 2021 soll die neue Abteilung „Cyber- und Informationsraum“ weiter ausgebaut werden.

Die Verteidigungsministerin will Bundeswehrsoldaten den Weg ins Netz weisen Foto: reuters

Berlin AFP | Die Bundeswehr rüstet gegen Angriffe aus dem Internet auf. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat dazu am Dienstag im Ministerium die Schaffung einer eigenen 13.500 Mitarbeiter starken Abteilung angekündigt. Als Starttermin nannte die CDU-Politikerin Ende des Jahres. Laut Planung soll die neue Abteilung „Cyber- und Informationsraum“ bis 2021 weiter ausgebaut und „in die volle Operationsfähigkeit gebracht“ werden.

Damit reagiert die Ministerin auf die stets steigende Zahl von Cyber-Attacken. Derzeit werden täglich rund 6500 Angriffe auf die Netze des Bundes gezählt. Der neue insgesamt sechste Organisationsbereich der Bundeswehr soll einen eigenen Inspekteur bekommen. Die 13.500 Stellen werden nicht neu geschaffen, sondern aus den über die militärischen und zivilen Teile der ganzen Bundeswehr bereits jetzt verstreuten IT-Kräften zusammengezogen.

„Wir wollen uns beim Thema Cyber besser aufstellen“ und „Expertise vernünftiger bündeln“, sagte von der Leyen. Fachkräfte von außen will die Bundeswehr demnach angesichts des großen Wettbewerbs am Markt um diese Fachleute vor allem durch „handfeste Karrierechancen“ ködern. Außerdem soll an der Bundeswehr-Universität München ein Cyber-Studiengang mit mehreren Professuren eingerichtet werden, der jährlich etwa 70 Absolventen haben soll. Um die Hochschule soll zudem ein Forschungs-„Cluster“ entstehen.

Von der Leyen räumte zugleich Rückstände der Bundeswehr bei der Cyber-Abwehr ein. Im Zuge der Erarbeitung des aktuellen Weißbuchs im vergangenen Jahr habe das Ministerium „erhebliche Erkenntnisfortschritte gehabt“ und durch einen „Cyber-Workshop, den wir relativ spät angesetzt haben“ sei klar geworden, „wie wichtig es ist, dass wir massiv aufholen auf diesem Gebiet“.

Hilfreich sei dabei der Erfahrungsaustausch mit „Verbündeten, die schon weiter sind“. Der Vorteil sei, dass „wir auch nicht jeden Fehler machen müssen“, sagte die Ministerin.

Grüne krisisieren Vorhaben als „fatalen Kurswechsel“

Verhalten äußerte sich die Ministerin zu möglichen offensiven Fähigkeiten des neuen Cyber-Bereichs. Die Bundeswehr werde mit der neuen „Cyberfähigkeit“ genauso umgehen, wie sie in allen anderen Bereichen arbeite. Sie solle in der Lage sein „sich selbst zu schützen“, „Verteidigungsfähigkeiten aufbauen“ und zu Schutzzwecken „üben“ können. Federführung bei der Cyberstrategie des Bundes habe insgesamt „ganz klar“ das Bundesinnenministerium.

Kritik an den Plänen von der Leyens kam von den Grünen: Agnieszka Brugger, Sprecherin für Sicherheitspolitik und Abrüstung und Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Sprecher für Netzpolitik, werteten das Vorhaben als „fatalen Kurswechsel“. Natürlich müsse sich auch die Bundeswehr auf neue Bedrohungslagen einstellen, allerdings werde die Handlungsfähigkeit im Cyber-Bereich durch den Umbau in den nächsten Jahren eher gelähmt als gestärkt.

Brugger und von Notz beklagten in einer gemeinsamen Erklärung außerdem, dass die Bundeswehr künftig für IT-Angriffe eingesetzt werden solle. „Solche Angriffsoperationen stellen überwiegend hochproblematische Formen der Kriegsführung dar, weil Bürger und Zivilgesellschaft mitgefährdet werden. Sie gefährden die Entwicklung eines freien und sicheren Internet und treiben die weltweite Aufrüstungsspirale in der IT-Kriegsführung massiv voran.“

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11 Kommentare

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  • Täusche ich mich, oder ist der heutige Stahlhelm in der Form Frau von der Leyens Frisur nachempfunden?

  • Allein das Foto mit diesen martialisch-finsteren Kämpfern - wo läßt diese Frau das?

    • @Gion :

      Wie, was läßt sie wo? Was soll diese Frage bedeuten?

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Hach! Endlich mal wieder ein Schlagzeilchen für die Ministerin.

    What's next?

  • In der Wirtschaft ist man schon aus Kostengründen vor vielen Jahren davon abgegangen, alles selbst machen zu wollen. Stattdessen beschränken sich die Industriebetriebe auf ihre jeweilige Kernkompetenz und kaufen Leistungen zu, die andere besser können. Ich verstehe nicht, warum das bei der BW nicht auch so gehen kann?

     

    Inzwischen gibt es viele Anbieter am Markt, die umfangreiche Erfahrungen betreffs Cyber-Abwehr in großen Organisationen nachweisen können. Sie wären wohl besser geeignet, als eine zusammengewürfelte Truppe, die nach den Prinzipien „Learning by Doing“ und „Versuch und Irrtum“ sich erst das erarbeiten muss, was andere jetzt schon besser können!

    • @Pfanni:

      Kaspersky hilft sicher gerne

  • wieviel tera-byte hat der neue klappspaten mit usb-anschluß?

    falls im nahkampf der klapp-spaten-akku ausfällt - einfach wie früher: analog anschärfen und druff...

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Gion :

      Der ist gut.

       

      Aber der Feind schläft nicht und hat längst heimlich aufgerüstet.

  • das nach wie vor innovative wirtschafts-magazin brandeins "glänzte" bereits mit einer anzeige für diese digital-einsatz-gruppen.

     

    alle wehrtüchtigen hacker jetzt sofort ins anwerbebüro. deutschland braucht eure hacker-tricks...

  • Was für ein schwachsinniger und zugleich sinnloser Aktionismus!

    Klar: Es gab in letzter Zeit vermehrt Angriffe auf IT-Strukturen in Deutschland, auch auf den Bundestag. Aber was sollen da Soldaten?

    Die Abwehr solcher Angriffe sollte Aufgabe von echten Fachleuten sein, nicht von irgendwelchen Bürosoldaten, die aus anderen Abteilungen zusammengezogen werden. Sie hat auch nichts mit den Aufgaben und dem Auftrag der Bundeswehr zu tun.

    Den Job würden angeheuerte Hacker aus dem CCC-Umfeld sicher besser erledigen. Besser auch als die, die nach dem Angriff auf den Bundestag nichts Besseres zu tun hatten, als die gleiche anfällige Architektur einfach noch mal einzurichten.

    Es ist offensichtlich, wovon da geträumt wird: im kalten Hacker-Krieg mit Russland, Israel und den USA mitmischen, natürlich offensiv. Auch dafür wäre aber, wenn schon, ein Geheimdienst besser geeignet als diese offizielle Ankündigung.

  • 3G
    33523 (Profil gelöscht)

    Jedes mal wenn in einem politischen Artikel das Wort Cyber zitiert wird kann man sich darauf verlassen das nur Unfug geredet wird. Frau von der Leyen und Co. haben da die Erwartungen wieder vollumfänglich erfüllt.

     

    Dieses ganze Gerede um sonstwie gefährliche Angriffe auf Infrastrukturen ist großer Käse. Es gibt bisher nur eine handvoll dokumentierter ernsthafter Vorfälle die auf Hackerangriffe zurückzuführen sind. Das lieblings Szenario ist ja der Zusammenbruch des Stromnetzes. Das ist nicht halb so einfach wie man sich das vorstellt. Tatsächlich sind Tiere, insbesondere Nager, die größte Bedrohung für unser Stromnetz. Siehe hier: https://media.ccc.de/v/32c3-7323-wie_man_einen_blackout_verursacht

     

    Das die Bundeswehr nicht mit offensiven Techniken vertraut gemacht werden sollte ist absoluter Unsinn. Ich kann jedem Admin nur raten sich mit diesen Techniken so vertraut wie möglich zu machen. Man kann ja auch keine Selbstverteidigung üben wenn der Trainer sich weigert einem zu zeigen wie man angegriffen werden kann.