Bundeswehr-Gewaltskandal in Pfullendorf: Der Generalinspekteur kommt
Bei der Sanitäter-Ausbildung soll es Misshandlungen gegeben haben. Sieben Soldaten wurden suspendiert. Von der Leyen nennt die Vorfälle „abstoßend und widerwärtig“.
In dem Elite-Ausbildungszentrum gehen Bundeswehr und Justiz derzeit Hinweisen auf Gewaltexzesse und schwerwiegendes Fehlverhalten nach. Nach einem Bericht von Spiegel Online waren in der Kaserne offenbar „sexuell-sadistische Praktiken“ bei der Ausbildung von Kampfsanitätern an der Tagesordnung. Zudem habe es „abstoßende Gewaltrituale unter Wachsoldaten“ in der Kaserne gegeben.
Sieben Soldaten wurden vom Dienst suspendiert und sollen fristlos entlassen werden, zudem wurden mehrere Disziplinarverfahren und Versetzungen angeordnet.
Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat die Misshandlungen in einer Bundeswehr-Ausbildungskaserne in Baden-Württemberg scharf verurteilt. „Die Vorgänge in Pfullendorf sind abstoßend und sie sind widerwärtig“, sagte sie am Freitagabend am Rande einer CDU-Veranstaltung in Hessen. Die Ministerin kündigte an, die Vorfälle „mit aller Härte“ aufzuklären.
Verstöße gegen die sexuelle Selbstbestimmung
In der Ausbildungskaserne in Baden-Württemberg „kam es zu einer Häufung ernstzunehmender Vorfälle“, wie es zuvor in einer Mitteilung des Heeres hieß. Es habe Verstöße gegen das „Gebot zur Achtung der Würde des Menschen, der sexuellen Selbstbestimmung und des Schamgefühls“ gegeben. Es gebe zudem Hinweise auf Mobbing. Außerdem seien im Zuge sogenannter „Aufnahmerituale“ Soldaten misshandelt worden.
Vorgesetzte seien nach derzeitigem Stand der Ermittlungen an den Geschehnissen nicht beteiligt gewesen, erklärte die Bundeswehr. Wegen der „gravierenden Defizite in der Führung“ seien aber mehrere Disziplinarverfahren und Versetzungen angeordnet worden. Die eindeutig identifizierten Täter würden fristlos aus der Bundeswehr entlassen, die ersten Schritte dazu seien bereits eingeleitet worden. Zudem sei die Staatsanwaltschaft Hechingen eingeschaltet worden.
Die Ermittlungen kamen laut „Spiegel“ durch die Aussagen einer Soldatin ins Rollen, die sich an den Wehrbeauftragten Hans-Peter Bartels (SPD) und Verteidigungsministerin von der Leyen wandte. Sie berichtete, dass sich Rekruten bei der Ausbildung vor den Kameraden nackt ausziehen mussten und dabei gefilmt wurden. Zudem mussten die Rekruten der Zeugin zufolge medizinisch unsinnige, erniedrigende und offenbar sexuell motivierte Übungen absolvieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?